laut.de-Kritik
Kraftvoll und tiefgründig zugleich.
Review von Jan EhrhardtGanze drei Jahre mussten die Fans von Minus The Bear auf neuen musikalischen Output warten. Dieses Warten - da werden sich die Anhänger einig sein - hat sich im Falle von "VOIDS" aber gelohnt. Denn mit ihrer neuen LP präsentieren die Jungs aus Seattle einen gleichsam kraftvollen wie tiefgründigen Nachfolger für ihr letztes Album "Lost Loves", das durchweg B-Seiten und bis dato unveröffentlichtes Material aus den frühen Bandtagen enthalten hatte. Erstmals ohne ihren Schlagzeuger und Gründungsmitglied Erin Tate, der die Gruppe 2015 aufgrund von künstlerischen Differenzen verlassen hatte.
Void bezeichnet zunächst in der wörtlichen Übersetzung einen Hohlraum, eine unendliche Leere - wird aber auch zur Beschreibung bestimmter astronomischer Phänomene verwendet. Und eben diesen Effekt eines riesiegen Hohlraums im Weltall, der zwischen Planeten, Sonnensystemen und jeglicher Form von Materie steht, erweckt auch die LP. Sphärisch erhebt sich das Klangmuster von Song zu Song, Syntieschleifen erinnern an alte und verstaubte Science Fiction-Serien. Ineinander verwobene Gitarrenläufe und der klare Gesang von Jake Snider verbinden dabei diese einzelnen Elemente zu einem schwer zu beschreibenden Gesamtwerk.
"Last Kiss" dient dabei als perfekter Einstieg in das Klang-Universum von Minus The Bear, ist konturiert und unaufdringlich zugleich. "Give & Take" hebt sich mit seinen beißenden Gitarrenriffs davon in der Folge schon etwas ab, ist mehr klassisches Rock-Stück denn experimentelles Prog-Electric-Jazz-Potpourri. "Tame Beasts" und "Invisible" schlagen in genau die gleiche Kerbe, wobei Ersteres eher für die Tanzflächen verschwitzter Alternative-Discos gemacht ist. "Invisible" hingegen eignet sich aufgrund seiner leichteren Stimmung perfekt für den Soundtrack einer frühsommerlichen Grillparty unter dem Sternenhimmel.
"Call The Cops" bietet hierfür zuvor die perfekte Vorlage: balladesk schwingt sich der Titel von Vers zu Vers und bildet so gemeinsam mit "Erase" den Rahmen um das Kernelement von "VOIDS": "What About The Boat" und "Silver". Hier sind alle Bestandteile der musikalischen Welt von Minus The Bear versammelt, in zwei Stücken gebündelt. Gerade in Letzterem harmoniert das Gitarrespiel von Dave Knudson so perfekt mit dem Keyboard-Einsatz von Alex Rose, dass dazu fast keine Steigerung mehr vorstellbar ist.
"VOIDS" zeichnet sich insbesondere aufgrund der Zusammenstellung der einzelnen Stücke aus, die einen Bogen von stimmungsvoll geladen und tiefgründig bis hin zu peitschend, bissig und kraftvoll spannen. Einziger Wermutstropfen ist dabei das "Lighthouse" vorangestellte "Robotic Heart". Wenngleich der Closer auch ein bisschen zu sehr in die schlichte Pop-Richtung abdriftet, "VOIDS" aber dennoch stimmungsgerecht beschließt, wirkt der Song mit seinen tönenden Höhen im Gesamtkonzept der LP etwas deplatziert.
Letztendlich überzeugt "VOIDS" aber auf fast ganzer Linie. Ein Album, wie man es sich von Minus The Bear nur wünschen konnte.
1 Kommentar mit 5 Antworten
Ach was, 12 Jahre nach dem bandinternen Meilenstein "Menos el Oso" kommt laut.de plötzlich mit Minus the Bear anspaziert... (na ja, aus dem nichts ja wohl auch nicht, OMNI hattet ihr damals glaube ich gemacht?)
Jedenfalls: Hatten mich auf Albumlänge in der Tat auch zuletzt 2005 mit dem (in spanisch) selbstbetitelten Album. Planet Of Ice wirkte wie die Versicherung an die Fans, dass nach dem Abgang von Matt Bayles vom Soundgewand her alles bleibt wie gewohnt, OMNI dann die zaghafte Neuausrichtung bzw. Hinwendung zu massentauglicherem Indie-/Alternative(pop)rock, der aber immerhin noch 3-4 brauchbare Stücke abwarf.
Jetzt, wo auch noch Tate weg ist, hat Snider das kreative Ruder wohl alleine in der Hand und das kann für Leute, die seit den ersten krude betitelten EPs dabei sind (so wie ich) eigentlich nix gutes bedeuten. Ein Ohr werde ich dennoch riskieren, um der alten Zeiten wegen...
Ach stimmt, Knudson klampft da ja auch noch, ganz vergessen. Sicher einer der angenehmeren Loopgerät-Gitarristen in beackerten Genre, aber für so übertrieben höhenlastigen Scheiß wie den hier beschriebenen Pre-Closer oder auch mal nervig prätentiöses Gedudel hat er halt leider ebenfalls ein Händchen.
Schon interessant, wie bei ihm "klingt genial" und "klingt saunervig" oft nur zwei Anschläge voneinander entfernt sind.
Höre z.B. "Michio's Death Drive" von der "Menos el Oso": Dem genialen Loop-Lick aus dem Intro und Outro stellen sie einen der am wenigsten aussagekräftigen und ausgelutschtesten Chorus der Historie des Alternative-Rocks bei.
...und OMNI hattet ihr damals doch nicht gemacht.
MTB-Rezi somit ein echtes Novum im laut-Kosmos, was schon erstaunt, da Matt Bayles ja wahrlich einiges an hier bedingungslos (und zurecht) gefeierten Platten der letzten 20 Jahre (mit)produziert hat.
...kann einfach nicht fassen, dass ich mich in diesem Thread immer noch nur mit mir selbst unterhalte... Nicht mal die üblichen Verdächtigen?
Minus The Bear? (Ex-)Keyboarder Matt Bayles? Der Typ, der Meilensteine (mit)produziert hat wie
Isis - u.a. Celestial, Oceanic, Panopticon, In the absence of truth
Mastodon - Remission, Leviathan, Blood Mountain
Caspian - Waking Season, Hymn..., Dust & Disquiet
Russian Circles - Station
The Blood Brothers - u.a. March on electric children
The Fall of Troy - Manipulator
Horse the band - The Mechanical Hand
Cursive - I am Gemini
deftones - around the fur
Alice in Chains - std.
...
...auch wenn der Minus The Bear schon vor 11 Jahren verlassen hat höre ich doch schon allein deswegen rein um mitzukriegen, was die ohne ihn überhaupt noch so fabriziert bekommen.
Ich bin zur Zeit ziemlich ein- und angespannt, kann mich gerade jetzt nicht wirklich auf Musik konzentrieren. Ne halbe Stunde "pure music listening" am Tag muss reichen. Ich hab deine Kommentare nur kurz überflogen, unterschreibe die aber mal. Habe Minus The Bear zu spät entdeckt, was wohl auch mit meinem Alter zusammenhängt. Sorry für den halbärschigen Kommentar, souli.
souli, wie findest Du die “Infinity Overhead“?
Die finde ich schon ziemlich stark und auch deutlich gelungener als “OMNI“.
Die Sounds, die Knudson mit seiner Gitarre fabriziert, zum Beispiel der Klang dieser fiesen Gitarre am Anfang von “Lonely Gun“, können einiges.