laut.de-Biographie
Mittekill
Wahrscheinlich sind Mittekill Anfang der Nullerjahre regelmäßig mit Bodi Bill einen trinken gegangen, um gemeinsam über die Vorwürfe zu lachen, sie wären eine Hipster-Band. Mit ihrem in jenen Kreisen damals angesagten Mix aus Deutschrock, Synthie-Pop und Hits wie "Döner für Alle" oder "Wasser oder Wodka" scheinen derlei Missverständnisse zwar vorprogrammiert. Mittekill erschöpfen sich aber keinesfalls darin, trendig-ironische Musik zu machen. Das Anfang der 2000er gegründete Duo aus Berlin zeigt genauso oft seine melancholische, durchaus ernstgemeinte Seite.
Friedrich "Freedarich" Greiling und Jan "Neurot" Hohmann finden über eine Kontaktanzeige zueinander, das erste Album erscheint jedoch erst 2007, als die Verkaufszahlen von Platten aufgrund des MP3-Booms im Keller sind. Diese Entwicklung treibt bereits im Vorjahr das legendäre 90er Indie-Label Kitty Yo in die Insolvenz, so dass "Stringenz des Wahnsinns" ausschließlich digital erscheint. Elektronische und rockige Songs gehen dort Hand in Hand, zudem weht ein Hauch von NDW durchs Studentenzimmer, was das Fehlfarben-Cover "Grauschleier 2007" unterstreicht.
"You Are Home" macht 2009 ziemlich genau dort weiter und liefert mit dem schlagerhaften "Auf In Den Krieg" und dem clubbigen "Wasser oder Wodka" die ersten Szene-Hits. Im sehenswerten Video zu "Auf In Den Krieg" verteilt Freedarich als "Gottes Sohn" Flyer, die wie der Song vom nahenden Weltuntergang künden. Ironie? Schwachsinn? Ernst? Von allem ein bisschen!
2012 bringt "All But Bored, Weak And Old" einen deutlichen Popularitätsschub, allerdings ist Mittekill zum alleinigen Projekt Freedarichs geschrumpft. Neurot Hohmann "hat Arbeit im Herzen von Mitte gefunden und widmet sich ansonsten dem 4-köpfigen Familiendrachen", heißt es auf der Homepage. Ausgerechnet Mitte, das verhasste (ehemalige) Hipster-Zentrum Berlins, von dem sich die Band schon mit ihrem Namen distanzierte. Ein Scherz, ganz gleich ob ihn Mittekill oder die Realität geschrieben haben.
"Schlangen" und "Ich Will Eure Jobs Nicht" heißen 2012 die Hits, "Leb Wohl" und "Ist Es Auch Gebrochen" die persönlichsten Songs der Bandgeschichte. Wer immer noch glaubt, Mittekill würden nur Scherze machen, wischt sich spätestens jetzt die Augen. Auf "Die Montierte Gesellschaft" widmet sich Greiling 2016 u.a. dem Thema Zuwanderung und integriert auch Flüchtlinge in die Produktion. "Mittekill ist Musik für Menschen, die das Buffet dem Menü vorziehen. Hier liegt alles schön drapiert auf dem 10-Meter-Ausziehtisch: Chanson, Electronic und Rock. Immerzu mit echter Punkhaltung - gleichzeitig aus tiefer Demut heraus. Er bringt mir also vor allem ein Gefühl von Freiheit in einer Welt, in der man immerzu in EINE Ecke gedrängt wird." So erklärt Maurice Summen, Sänger der Türen und Labelchef von Staatsakt, auf dem Mittekill mittlerweile gelandet sind, die Vorzüge seines Klienten.
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