Avril Lavignes Label Nettwork hat sich in einem Prozess überraschend auf die Seite des Angeklagten geschlagen.
Toronto (joga) - Bei einem Prozess des US-Verbandes der Musikindustrie RIAA gegen einen mutmaßlichen Internet-Piraten ist es zu einer kuriosen Situation gekommen: Das eigentlich geschädigte Label Nettwork hat sich auf die Seite des Angeklagten geschlagen. David Greubel aus Arlington, Texas, hatte unter anderem Avril Lavignes Lied "Sk8er Boi" illegal aus dem Netz gezogen und wurde daraufhin von der RIAA verklagt.
Wie in solchen Fällen üblich bot die Labelvereinigung an, gegen die Zahlung von 9.000 Dollar die Klage fallen zu lassen. Doch da hat sie ihre Rechnung ohne den angeblich Geschädigten gemacht. "Fans zu verklagen ist nicht die Lösung, sondern das Problem", erklärte Labelchef Terry McBride, der neben Avril Lavigne Künstler wie Sarah McLachlan und die Barenaked Ladies unter Vertrag hat.
Die Fans zu verfolgen sei, als "schieße man sich selbst in den Fuß". Und Terry McBride hat nicht nur warme Worte übrig. Er will auch für alle Kosten aufkommen, die Greubel im Fall einer Niederlage drohen.
Dagegen betrachten einheimischen Branchenvertreter ihre Kunden nach wie vor lieber als Kriminelle: Kulturstaatsminister Bernd Neumann (64) sei gegen eine Bagatellklausel, jubelt Michael Haentjes (49), Vorsitzender der Deutschen Phonoverbände kürzlich in einer Pressemitteilung.
Es müsse im Gegenteil ein Zeichen gesetzt werden, dass Rechtsverstöße nicht geduldet würden. "Ich freue mich, dass die Musikwirtschaft in ihm einen Mitstreiter hat, wenn es in den nächsten Monaten um die konkrete Ausgestaltung der Gesetzesvorhaben, insbesondere des Urheberrechtsgesetzes, geht."
Tatsächlich tobt in Europa derzeit ein heftiger Streit um Datentausch und Urheberrechte. Während das französische Parlament kürzlich beschloss, Filesharing mittels einer Pauschalabgabe komplett zu legalisieren, stehen deutsche Politiker eher auf Seiten der Großindustrie. Vielleicht sollten deutsche MP3-Freunde mal nach Schweden blicken: dort gründete sich kürzlich die "Piratenpartei", um gegen die Kriminalisierung von Musikliebhabern vorzugehen.
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