Ika Johannesson & Jon Jeffersen Klingberg - "Blut, Feuer, Tod"
Worum gehts?
Hier handelt es sich um eins dieser Bücher, das sich nicht auf einen einzelnen Act konzentriert, sondern eine ganze Szene ins Visier nimmt. "Blut, Feuer, Tod" beleuchtet die Entwicklung der schwedischen Metalszene und ihren Aufstieg von der Spielwiese gelangweilter Teenager zu einem globalen Medien-Phänomen mit erheblicher Marktmacht. Das Buch rollt die Historien verschiedener Bands und Künstler*innen auf, beleuchtet die Genesis verschiedener Sub-Genres und Strukturen und klammert dabei auch die unangenehmen Seiten nicht aus: Homophobie, übertriebenes Männlichkeitsgehabe und der eklatante Frauenmangel kommen zur Sprache, genau wie rechte Tendenzen und die zuweilen bis zur Unkenntlichkeit verschwimmenden Grenzen zwischen Provokation und wirklich gefährlichen Weltanschauungen.
Anders als seinerzeit "Lords of Chaos" von Michael Moynihan, glorifiziert "Blut, Feuer, Tod" jedoch weder irgendetwas noch erstarrt es in Ehrfurcht vor der dargebotenen Krassheit. Akribisch zusammengetragen und sensibel aufbereitet, erzählt das Autor*innen-Team Geschichten, die sich nicht mit dem äußeren Schein zufriedengeben, sondern tiefer schürfen.
Kleines Manko: Es handelt sich bei diesem Buch um eine Neuauflage, es erschien erstmals bereits 2011. Die Recherchen haben teils also schon etwas Staub angesetzt. Als Geschichtsbuch funktioniert es zwar immer noch. Die Aktualisierung am Ende jedes Kapitels hätte allerdings gerne über jeweils einige wenige dürre Zeilen hinausreichen dürfen.
Wer hats geschrieben?
An der Liebe, die die Autor*innen für ihr Thema hegen, lassen sie keinerlei Zweifel, zudem sind beide qualifiziert as fuck: Ika Johannesson gehört zu den profiliertesten Musikjournalist*innen der schwedischen Medienlandschaft. Sie war und ist für diverse Magazine, fürs Radio und fürs schwedische Fernsehen tätig. Sie attestiert sich selbst ein Faible für "Kunst, die unter Druck und aus einem inneren Drang heraus entsteht". Wozu sie offenbar harte und noch härtere Rockmusik rechnet.
Ihr Kollege Jon Jefferson Klingberg ist Journalist im Nebenberuf. Wenn er über Musik schreibt, beleuchtet er die Szene aus der Innenperspektive. Er zählt seit den 80ern zu Schwedens umtriebigsten Gitarristen, spielte in verschiedenen Bands, darunter Docenterna und die Alternative-Rock-Combo Whale.
Wer solls lesen?
Ob "Blut, Feuer, Tod" auf richtige Genre-Nerds wie ein Stillleben aus kaltem Kaffee und alten Hüten wirkt, sollten besser Experten beurteilen. (Kollege Berger? Hallo?) Aufgeschlossene Interessierte jedoch, die sich die Sachkunde noch nicht mit dem Breitschwert reingeschaufelt haben, wissen nach der Lektüre auf jeden Fall eine Menge mehr über schwedischen Metal, seine Spielarten, Akteur*innen und Strukturen. Außer bestens betreut, darf sich die Leser*innenschaft auch hervorragend unterhalten fühlen. Nicht den allersensibelsten Magen mitzubringen, hilft stellenweise allerdings enorm.
Das beste Zitat:
"Die Band nimmt selbst Schädel und Blut mit, wenn sie in Schweden spielt. Auf Tourneen in Europa und vor allem den Vereinigten Staaten greift sie auf lokale Lieferanten zurück. Die Fans bringen oft verschiedene Arten von toten Tieren mit, die auf der Bühne verwendet werden sollen. Obwohl sie diese Kadaver von Show zu Show transportieren, haben Watain selten Probleme mit dem Zoll. 'Das funktioniert erstaunlich gut. Wir sind schon mit menschlichen Körperteilen über die Grenze gefahren, aber die Zollbeamten interessierten sich nur für Alvaros Patronengurt', erzählt Johan und lächelt."
Wertung: 4/5
Text von Dani Fromm
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Ika Johannesson & Jon Jeffersen Klingberg - "Blut, Feuer, Tod"*
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