Die ausverkaufte Festtagstour der deutschen Italo-Schlagerkönige: eine Übersause und viel Amore.
Berlin (laut) - Seit Monaten ist die Weihnachtstour von Roy Bianco & die Abbrunzati Boys restlos ausverkauft. Auch die Hochverlegung vom Frannz Club ins Columbia-Theater sorgte nicht für genügend Platz: Die glücklichen Fans, die eine Karte für das Konzert ergattert hatten, sind schon früh vor Ort, um den Königen des deutschen Italo-Schlagers zu huldigen und sich mit "Birra Alla Spina" und "Vino Spumante" angemessen auf die bevorstehende Übersause vorzubereiten. Dem Anlass entsprechend sind auch viele festlich gekleidet, und alleine der Brandschutz verhindert, dass der auf der Bühne drapierte Weihnachtsbaum mit echten Kerzen leuchtet.
"Da schneit es bestimmt auch"
Den Support übernimmt ein Duo namens Die Oper. Auf Instagram unter 'dieoper1' zu finden, präsentieren die Burschen beliebte Weihnachtslieder im klassischen Vocal-Gewand. Je nach Besinnlichkeitsstufe des Songs fordern die beiden Tenöre das Publikum zum Mitsingen oder Weinen auf, die Texte ruft man über besagtes Instagramprofil ab. Zu "Leise Rieselt Der Schnee" gehen dann Grüße an die benachbarte Columbiahalle raus, in der Sido parallel eines seiner zahlreichen, dort angesetzten Konzerte spielt: "Vielleicht hören Sie uns ja, da schneit es bestimmt auch!"
Neben dem Lieblingslied des Vatikans "Ihr Kinderlein Kommet" schmettern Die Oper auch ein andächtiges "Halleluja" sowie Klassiker wie "Rudolph The Red Nosed Reindeer". Das Publikum macht beim Adventssingen hocherfreut mit, und nachdem die beiden Maestri die Bühne geräumt haben, wird es Zeit für das Highlight: Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys.
Weihnachten und Italo-Hits
Kurz nach 21 Uhr - Tumult im Publikum: Die Ankunft der Ikonen steht bei gedämpftem Licht und "Oh Du Fröhliche"-Intro bevor. Einer nach dem anderen betritt die Bühne. Routiniert und großzügig wie immer versprüht Keyboarder Rubin gleich literweise 4711 - Kölnisch Wasser in die ersten Reihen. Dem Erstickungstod nur knapp entronnen, holt man tief Luft, um beim ersten Hit der Italo-Schlagerstars aus voller Kehle mitzusingen: "Brennerautobahn". Das bunt gemischte Publikum zeigt sich auch in Berlin extrem textsicher.
Wenn Roy Bianco, die Abbrunzati Boys und ihre Band bei "Cosenza", das im Medley mit "Cococabana" kombiniert wird, davon singen, dass es "das Gute nicht leicht" hat, hat das Columbia-Theater Tränen in den Augen. Männer liegen sich in den Armen, küssen sich, auf Schultern sitzend, vor aller Augen, Crowdsurfer bahnen sich ihren Weg aus der tobenden Meute vor die Bühne, der "Vino Rosso" fließt und ein allumfassendes Gefühl von "Amore" greift um sich: Vergessen sind die Sorgen des Alltags, der Hass in der Welt, heute Abend gibt es nur uns, Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys.
"Last Christmas"? Gar nicht mal so cringe
Einzelne Highlights gibt es nicht - der ganze Gig ist eines! Neben den bekannten Italo-Hits wie "Amore Sul Mare", "Ponte Di Rialto", "Giro" und "Bella Napoli" im regulären Set bietet diese Weihnachtstour auch saisonal bedingte Höhepunkte: "Mary's Boychild" und "Feliz Navidad" sind nur einige. Die volle George Michael-Dröhnung verpassen die Herren ihren Anhänger:innen dann mit dem Medley aus "Last Christmas" und "Careless Whispers", dessen Saxofonsolo mit Trompete gar nicht mehr so cringe klingt.
Nachdem Publikum und Band mental quasi endgültig in Italien angelangt sind, neigt sich dieses grandiose Konzert leider schon dem Ende zu. Noch einmal geben die Fans alles und mobilisieren die letzten Kraftreserven, um die Rosen, die die Band ihren Tiffosi zuwirft, auch aufzufangen und heil nach Hause zu bringen.
Merchandise next level
Im Anschluss tobt man sich noch am reichlich bestückten Merch-Stand aus. "Quanto costa?" Auf jeden Fall nicht zu viel! Zu fairen Preisen erwirbt der geneigte Fan neben Vinyl, MCs und CDs auch einen geschmackvollen Jahreskalender 2023, Bettwäsche, Schals und Shirts. Dazu gibts noch eine extra bedruckte, stabile und nachhaltige Papiertüte.
Vollbepackt mit tollen Sachen, die das Leben schöner machen, tritt man die Heimreise an. Aber wer weiß, vielleicht ist der ein oder andere doch spontan gen Süden abgebogen, um die Brennerautobahn Richtung Verona zu nehmen. Wer könnte es nach diesem Italo-Feuerwerk nicht nachvollziehen?
Text und Fotos: Désirée Pezzetta.
1 Kommentar mit 3 Antworten
Noch nie von denen gehört‽
Das gleiche könnte ich über jeden komischen Tiktok-Rapper sagen, der hier besprochen wird. Und jetzt?
Stimmt!
Schienen nur so groß mit den ausverkauften Stadien etc…