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Publizist Berthold Seliger, der mit seiner Konzertagentur Tourneen von u.a. Patti Smith, Calexico, Lambchop und Lou Reed durchführte, rechnete schon 2013 in seinem Buch "Das Geschäft mit der Musik" mit der auf Profitmaximierung ausgerichteten Musikbranche ab, deren Geschäftsgebaren das teure Gut der Kultur zerstöre, da es sich rein auf den Superstar-Markt fixiere. Für den Tonspion skizzierte Seliger nun die verheerenden Auswirkungen von Corona auf die deutsche Clublandschaft und alle Beteiligten. Hier sei ein "Dienstleistungsprekariat" entstanden, also eine "fest installierte Prekarisierung weiter Teile der unabhängigen Musikszene", die sich jetzt rächen würde, denn Stagehands, Securities, Roadies, Techniker*Innen, Busfahrer und Bühnenarbeiter verdienten "häufig gerade einmal Mindestlohn".

Dringend notwendig sei daher ein Kulturfonds der Bundesregierung für eine langfristige Sicherung der gesamten Szene. Alleine schon um zu verhindern, dass Großkonzerne wie CTS Eventim und Live Nation die finanziellen Nöte unabhängiger Konzertfirmen ausnutzten und sich diese zu günstigen Bedingungen unter den Nagel reißen. Ein Fonds müsse auch starke föderale Finanzierungsungleichheiten begradigen, die etwa für Kulturschaffende zwischen den Bundesländern Berlin und Hessen herrschten. Und schließlich kritisiert er noch die Gutscheinlösungen der Veranstalter für Ticketbesitzer großer Konzerte: "Warum sollen Fans, die vielleicht selbst gerade von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit betroffen sind und in finanziellen Problemen stecken, beispielsweise Konzernen wie CTS Eventim (EBIT, also Bruttogewinn 2019: über 230 Millionen Euro) oder Live Nation (Betriebsergebnis 2019: 325 Millionen US-$) zinslose Kredite gewähren?" Manche Veranstalter böten gar Gutscheine an, die nur für ein anderes Konzert einlösbar sind.

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