Fans und Prominente trauern um die mutige Sängerin. Musiker wie Morrissey und Amanda Palmer schimpfen auf die Musikindustrie, die sie verstoßen habe.

Dublin (jmb) - Nach der Bekanntgabe des frühzeitigen Todes der irischen Sängerin Sinéad O'Connor häufen sich die Nachrufe auf das bewegte Leben und Wirken der Künstlerin, die mit dem gefühlvollen Prince-Cover "Nothing Compares 2 U" (1990) den internationalen Durchbruch erlangte und mit ihrer Gesellschaftkritik für Kontroversen sorgte. Zahlreiche Fans und Promis bringen ihre Trauer auf Social Media zum Ausdruck: "Die Welt hat eine Künstlerin mit der Stimme eines Engels verloren", twittert der irische Mixed-Martial-Arts-Kämpfer Conor McGregor. Sinéad sei mit Abstand "eine unserer absolut Besten" gewesen.

Musikerkollege Boy George postete ein Foto der Sängerin. Dazu schrieb er die Zeile: "Am Boden zerstört. Ich liebe dich, Sinéad!"

Auch Massive Attack, mit denen O'Connor bei der Produktion des Albums "100th Window" zusammenarbeitete, melden sich zu Wort: "Wie hält man eine Trauerrede für jemanden, den den man nie gut gekannt hat, mit dem man aber die Ehre hatte, zusammenzuarbeiten?" Es sei etwas ganz Besonderes gewesen, sie im Studio zu erleben. Als sie mit ihr gemeinsam auf Tour waren, hätten alle Anwesenden alles stehen und liegen gelassen, um ihr beim Soundcheck zuzuhören. Über Sinéads leidenschaftliche Gesellschaftskritik schrieb die Band: "Das Feuer in ihren Augen ließ einen verstehen, dass ihr Aktivismus eine empathische Reaktion und keine politische Geste war."

Tori Amos bezeichnet Sinéad als Naturgewalt: "Eine solche Leidenschaft, eine so intensive Präsenz und eine wunderschöne Seele, die mutig gegen ihre eigenen persönlichen Dämonen kämpfte. Ruhe in Frieden, liebe Sinéad, du wirst für immer in unseren Herzen sein."

Morrissey kritisiert derweil die Heuchelei in der Musik- und Medienwelt. In einem Statement, das er auf seiner Website veröffentlichte, schrieb der Sänger: "Ihr lobt sie jetzt NUR, weil es zu spät ist. Ihr hattet nicht den Mumm, sie zu unterstützen, als sie noch lebte und sie euch suchte. Die Presse stempelt Künstler als Schädlinge ab, wenn sie etwas zurückhalten ... und sie nannten Sinéad traurig, fett, schockierend und verrückt ... oh, aber nicht heute!" Sie habe alles gegeben. Doch die Musikindustrie habe sie verstoßen, weil sie sich nicht an die Konventionen hielt. Dass dieselben Leute sie jetzt als "Ikone" und "Legende" bezeichneten, sei verlogen.

In dieselbe Kerbe schlägt auch Amanda Palmer, die ihre Gefühle über O'Connor's Leben mit einem langen Facebook-Post verarbeitete: "Sie wurde gehasst, sie wurde verhöhnt, sie wurde immer wieder für ihre Ehrlichkeit gecancelt (...). Sie sei zu viel, sagten sie. Hau ab. Sie benutzte ihre Stimme. Sie sprach weiter. Sie war laut. Eine laute Frau zu sein, bringt dir kein Verständnis ein."

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3 Kommentare mit 3 Antworten

  • Vor 9 Monaten

    Morrissey hat Recht, auch wenn das nur seltener mal der Fall ist.

    Wie schön wäre statt eines heuchelnden Trauerartikels mal ein angemessenes Zeichen des Bedauerns in einem Medium, wie viel schwerer man ihr Leben machte, wie absolut verkommen man sich ihr gegenüber verhalten hatte vor 20-30 Jahren.

    • Vor 9 Monaten

      Ja. .Man hat sie auf der einen Seite gefeiert um sie dann durch den Dreck zu ziehen. Sie war immer unglücklich mit einem Lied erfolgreich gewesen zu sein das sie nicht selber geschrieben hat. Und sie hat nie die Anerkennung für ihre eigenen Lieder bekommen den sie verdient hat. Sie war eine fantastische Sängerin die aufrüttelnde Songs geschrieben hat.
      Und das Verhalten der Amerikaner als Reaktion auf das zerrissene Papstbild zeigt nur wie heuchlerisch man ist
      .Die hat schon da versucht auf sie massenhaften Missbräuchen in der Kirche hinzuweisen. Und was hat man gemacht. Man hat sie beschimpft.
      Sie hatte nie im leichtes Leben . Und dann hat man ihr es noch zusätzlich schwer gemacht.

    • Vor 9 Monaten

      Bin seit längerem auch mal wieder Morrisseys Meinung.
      Vielleicht sieht er sich gerade in einer ähnlichen Situation wie Sinead.
      Obwohl er natürlich gerade von den Medien lange hoffiert wurde und erst seit Brexit so richtig in Ungnade gefallen ist.
      Es gab auch viele Headlines in etwa "Die Künstlerin, die mit dem Song berühmt wurde, den sie nicht selbst schrieb".
      Als ob das wichtig wäre. Es kommt doch darauf an, wie man ein Lied und Text verinnerlicht und interpretiert.
      Außerdem gibt es wirklich so tolle andere Songs von ihr.

  • Vor 9 Monaten

    Gänsehaut wenn McGregor mit "The Foggy Dew" einläuft. Ruhe in Frieden Sinead

  • Vor 9 Monaten

    die ganze Diskussion und Berichterstattung in der "allgemeinen Presse" ist einfach nur peinlich, vielleicht mehr als das. Man hat den Menschen Sinead seit langen nur negativ betrachtet. Sie selbst hat dazu beigetragen, dass man sie seit einiger Zeit nicht mehr ernst nehmen konnte.
    Und nun da sie wohl für sich den Tod als Ausweg gesucht hat möge sie in Frieden ruhen. Vielleicht in 3 4 Jahren kann man mal wieder auf ihr Werk schauen und hoffentlich ist dann noch etwas übrig von der genialen Seite dieser Musikerin.

    • Vor 9 Monaten

      Ich denke, sie hat gerade in den frühen 90ern den großen Fehler gemacht die richtigen Dinge in einer falschen Form anzuprangern. Mit Wut, mit hasserfülltem Gesicht, nicht dem allgemeinem Frauentyp entsprechend. Sie war wenn man das Thema Missbrauch in der katholischen Kirche nimmt faktisch 20 Jahre ihrer Zeit voraus, die Menschen konnten das nicht verstehen und mittlerweile muss man auch festhalten, dass die Reaktionen gerade in den USA auch menschenverachtend waren. Wie fühlt man sich dann, wenn man so einen Shitstorm erntet? Möglicherweise hat das noch mehr im Menschen O‘Connor kaputt gemacht, was eh schon in Teilen kaputt war. Vielleicht hätte man diese Frau mehr vor sich selbst schützen müssen, vielleicht hat man es auch versucht und ist erfolglos geblieben.