Er sei auf einem Ohr taub und werde nie mehr Schlagzeug spielen können. Markus Kavkas Portrait über Phil Collins geriet zur intimen TV-Beichte.
Genf (mis) - Es menschelt bei "Number One!". Für die siebte Folge seines TV-Portraits reiste Markus Kavka an den Genfer See, um den dort wohnhaften Superstar Phil Collins zu treffen. Ein Mann, der scheinbar alles erreicht hat: Er spielte in einer der wegweisendsten Bands der 70er und startete anschließend eine an Charterfolgen schwer zu toppende Solokarriere. 1999 erhielt er für den "Tarzan"-Soundtrack einen Oscar.
Gegen Ende des Gesprächs, das in einem Nobelhotel mit Blick auf den Genfer See stattfand, brachen all die zuvor ausführlich gezeigten Superlative in sich zusammen. Zunächst verriet der 58-jährige Brite, dass er mittlerweile auf einem Ohr komplett taub sei und seit längerem nicht mehr Schlagzeug spielen könne.
Nie mehr live hinter den Drums
"Der Arzt meinte, es drücken drei Rückenwirbel auf meine Wirbelsäule. Das ist zu gefährlich", bestätigte Collins die vor zwei Monaten in Umlauf getretenen Gerüchte. Manchmal habe er sich die Drumsticks an die Hände geklebt, um ein bisschen zu üben. Die Genesis-Tour 2007 dürfte somit die letzte Gelegenheit gewesen sein, ihn trommeln zu sehen.
Entgegen der bisher in "Number One!" portraitierten Musiker saß Kavka mit Collins erstmals ein Mann gegenüber, der es scheinbar nicht nötig hat, für ein TV-Interview einen meterdicken Superstar-Panzer aufzusetzen. Er witzelte über sein uncooles Image ("Wenigstens meine Kinder finden mich cool") und machte keinen Hehl aus dem traurigen Verlauf seiner drei gescheiterten Ehen.
"Ich habe jetzt einen Hund zum Reden"
Er lebe heute vor allem zum Wohle seiner zwei kleinen Kinder noch hier, so Collins, dessen jüngste Ehe mit Orianne Cevey 2008 geschieden wurde. "Ich habe mir jetzt einen Hund angeschafft. Da hat man immer jemanden zum Reden", gab der Musiker in zwei knappen Sätzen wahrscheinlich mehr über sein aktuelles Privatleben preis, als sein Gegenüber das bislang von Collins' Kollegen gewohnt war.
In diesen Momenten wurde das Credo von Kavkas Sendung endlich wieder sichtbar: Den Menschen hinter dem Star zu beleuchten. Was allerdings auch nur funktioniert, wenn dieser ansatzweise mitspielt. Bei Bon Jovi und Depeche Mode, beide circa zehn Jahre kürzer im Rampenlicht als Collins, stieß Kavka nur auf Allgemeinplätze. Gestern verabschiedete sich Kavka ehrlich betroffen: "Gute Besserung für deinen Rücken und die Arme."
Kein Interesse an Kritiker-Bashing
Sympathisch auch, dass der Ex-Genesis-Drummer zu keiner Zeit die Chance nutzte, es seinen zahlreichen Kritikern heimzuzahlen. Etwa weil er in den 80er Jahren (nicht ganz zu Unrecht) für seine viel zu großen Anzüge belächelt wurde. Oder als er 1993 für das Album "Both Sides" erstmals richtig in der Luft zerrissen wurde.
Die Archiv-Retrospektive gelang gewohnt ansprechend. Interessant auch die Anekdote, dass in den Genesis-Anfangsjahren nie Geld von den Tourneen abfiel, da Peter Gabriels extravagante Bühnengarderobe sämtliche Budgets sprengte.
Das ewige Lob von Motörhead-Lemmy
Und obwohl die Erinnerung an Collins' Pop-Schlager wie "Two Hearts" oder "Easy Lover" nicht unbedingt hätte aufgefrischt werden müssen, war man am Ende der Sendung eingenommen von Talent und Aufrichtigkeit des Portraitierten.
Verbunden mit Verständnis für das unsterbliche Collins-Lob aus dem Munde von Motörhead-Chef Lemmy Kilmister: "Wenn Mikkey sich mal das Gehirn wegsaufen sollte und Phil mit seinem lustigen Gesicht zufällig in der Garderobe säße, würde der ein komplettes Set von Motörhead spielen! Unfallfrei! So ist das." Nun leider nicht mehr.
45 Kommentare
Ich fand Collins sehr sympathisch und witzig. Die Doku war einigermaßen interessant. Da ich nur seine Sachen aus den 80ern kenne war ich überrascht wie schlecht doch Genesis in den 60er und 70er Jahren waren. Prog-Rock allerübelster Sorte...Zum Glück ging es danach aufwärts. Wirklich schade das er nicht mehr Schlagzeug spielen kann. Das mit dem halbseitigen Gehörverlust ist allerdings für Berufsmusiker in diesem Alter nicht so ungewöhnlich.
hab genesis 2007 in leipzig gesehen, mit meiner mutter. obwohl das ja nun wirklich nicht meine musik ist, muss ich doch sagen, dass mir das ganze spektakel schon gefallen hat.
@michbeck87 (« Da ich nur seine Sachen aus den 80ern kenne war ich überrascht wie schlecht doch Genesis in den 60er und 70er Jahren waren. Prog-Rock allerübelster Sorte... »):
Das war die musikalisch wohl interessanteste und künstlerisch anspruchsvollste Zeit dieser Band (abgesehen vom ersten Album, das wirklich grottig war)! Die frühen Genesis haben unzählige Künstler beeinflusst (bis heute!) und das Genre des Progrock mitbegründet (neben King Crimson und Yes).
Das was später kam wurde immer belangloser auch wenn hin und wieder was gutes dabei war.
@Olsen (« @michbeck87 (« Hab mir mal dein Profil angeschaut und war wenig überrascht das du ein Hopper bist.
Das sind nämlich immer die Einzigen die explizit beleidigend werden »):
Stimmt nicht. Ich habe dir auf der letzten Seite schon empfehlen lassen, dich zu verpissen. Und ich stehe nun wirklich nicht im Verdacht, großartig was mit HipHop am Hut zu haben. »):
Also ich frag mich auch wie man von Pearl Jam, Therapie und Slayer auf Hip Hop schliessen kann
Das war ursprünglich an Baude gerichtet. Ich hab mir das Zitat lediglich gegriffen, um noch mal draufzuhauen.
nach dem ausstieg von p.g. ist genesis mit "trick of a tail" noch ein toller wurf gelungen-mit "wind and wuthering" flachte die sache aber endgültig ab- nach dem ausstieg von steve hackett(wird leider immer wieder vergessen) fand dann eine komplette umorientierung der band statt-das waren dann endgültig nicht mehr "meine" genesis. das phil auf einem ohr taub ist und nie wieder schlagzeug spielen kann bedaure ich jedoch sehr-denn bei aller kritik ist er doch ein hervorragender musiker. denn eins darf man nicht vergessen: erst der einstieg von phil hatte genesis auf ein höheres level gehoben.