Porträt

laut.de-Biographie

Opus

"Live!" Wer die zweite Hälfte der 80er Jahre auch nur halbwegs bei Sinnen mitbekommen hat, schmettert diesem Ruf ein beherztes "Na-naaa-na-na-na!" zurück, bedankt sich, mehr oder weniger verzweifelt, für den Ohrwurm und fühlt sich instantan ins Jahr 1985 zurückkatapultiert. Es gibt schlicht kein Entrinnen, der Song ist überall.

Nein, bitte nicht: Die fiesesten Ohrwürmer
Nein, bitte nicht Die fiesesten Ohrwürmer
Sie sind plötzlich da, gekommen, um zu bleiben. Sie treiben uns in den Wahnsinn, Hölle, Hölle, Hölle. Wann ist ein Wurm ein Wurm?
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Keine Single wandert in diesem verhängnisvollen Jahr häufiger über deutsche Ladentheken als "Live Is Life". Auch im sonst so geschmackssicheren Frankreich und in den europäischen Hochburgen der Popmusik, in Schweden und im Vereinigten Königreich, marschiert die Nummer durch bis in die obersten Regionen der Hitparaden. Bald kennt man die Band aus dem steirischen Judenburg auch in Kanada und den USA. In ihrer österreichischen Heimat genießen Opus ohnehin längst Superstar-Status.

"Live Is Live" mag ihnen den Durchbruch bescheren. Das Fundament ihrer Karriere hat die Combo da allerdings längst gelegt - im Keller eines Hauses in Stegersbach. Hier wohnt Walter Bachkönig mit seinen Eltern und geht als Ausgleich zu seiner Ausbildung bei den Wiener Sängerknaben seinen diversen weniger klassischen musikalischen Vorlieben nach.

Im Hobbyraum im Souterrain stehen eine elektrische Orgel und ein Bass, den Bachkönig selbst spielt. Ein paar leere Blechdosen funktioniert er zum Drumkit um. Bald schon tummeln sich hier Nachwuchsmusiker aus der Umgebung, darunter seit 1973 Kurt René Plisnier, der die Keyboards okkupiert.

Die musikbegeisterten Jungs jammen sich einmal quer durch die Genres. Von Klassik bis Rockmusik, von Rimski-Korsakov bis Deep Purple reicht ihr Repertoire, das bald auch neue Songs umfasst. Wer eigene Nummern spielt, braucht auch einen Namen. Der findet sich im Latein-Wörterbuch von Bachkönigs Schwester: Opus.

Langsam kristallisiert sich auch ein konstantes Line-Up mit Plinsier an den Tasten und Bachkönig am Bass heraus, Gitarre und Gesang übernimmt Ewald Pfleger. 1974 steigen zudem Drummer Günter Grasmuck und Gitarrist Hans Pallier ein.

Opus absolvieren erste Auftritte in der näheren Umgebung, gewinnen den Steirischen Bandwettbewerb und rufen bereits 1978 ihr eigenes Festival ins Leben, um österreichischen Acts eine Plattform zu bieten. Schon bei der ersten Ausgabe des Austro Rock Festivals tritt da unter anderem Wolfgang Ambros auf, gleich im Folgejahr unter anderem S.T.S. und die Erste Allgemeine Verunsicherung.

Im Herbst 1978 ziehen Opus nach Graz, genauer gesagt: nach Judendorf um. Ein Jahr später stößt auch Sänger Herwig Rüdisser dazu. Er fand den Weg zu Opus über eine Zeitungsannonce. Eine Taktik, die sich bewährt: Auch Niki Gruber, der Bachkönig 1980 am Bass ablöst, folgt einem Aufruf per Inserat. Inzwischen haben Opus ihr erstes Album "Daydreams" aufgenommen und die letzten Klassik-Einsprengsel aus ihrem Sound gefegt.

Das zweite Album, sinnig "Eleven" betitelt, erscheint ein Jahr später und markiert den Beginn der erfolgreichen Zusammenarbeit mit Produzent Peter Müller. Opus bahnen sich damit den Weg in die österreichischen Top Ten und ins Radio und sammeln Preise ein. Die Tour zu "Opusition" verzeichnet bereits sechsstellige Zuschauer*innenzahlen.

Beim Ö3-Open Air in Wien rocken Opus neben Austropop-Größen wie Ambros und Fendrich das Weststadion. Falco lässt sich auf "Junge Römer" 1984 von Opus unter die Arme greifen ... nur hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen in Deutschland hat man noch nicht so recht gerafft, was da aus der Alpenrepublik anrollt. Das ändert erst ein Live-Album.

Der programmatische Song "Live Is Life" feierte seine Premiere am 24. September 1984 bei einem Gig in Oberwart. Die Uraufführung passte allerdings nicht mehr auf die Aufnahme, erinnert sich Sänger Pfleger, das Band war voll. Gut für Opus: Die spielten die Nummer als Zugabe kurzerhand einfach ein zweites Mal. Das Publikum, jetzt schon bestens vertraut mit dem höllisch eingängigen Ohrwurm, grölte begeistert mit: "Na-naaa-na-na-na!"

Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. "Live Is Life" beschert der Band den internationalen Durchbruch. Opus touren in der Folge quasi überall, in den USA, Kanada und Südamerika genauso wie in den Ostblock-Staaten. Im baden-württembergischen Bietigheim-Bissingen verzweifelt eine ebenfalls unter Opus firmierende Band - und nennt sich fortan Pur.

"Live Is Life" bescherte den österreichischen Opus aber auch den Ruf eines One-Hit-Wonders. Die Vorgeschichte der Band lässt das zwar wie Blödsinn klingen. Den weltweiten Mega-Erfolg ihrer Hit-Single können Opus trotzdem nicht wiederholen.

Ihre Karriere setzt sich dennoch fort, genau so wie ihre Diskografie wächst. Zum zwanzigjährigen Bandbestehen gratuliert unter anderem Falco, zum 35-Jährigen kursiert "Live Is Life" in einer jamaikanisch aufgebrezelten Reggae-Version.

Immer wieder engagieren sich Opus karitativ. Ihre Einnahmen spenden sie mal an Greenpeace, mal an die von Karlheinz Böhm ins Leben gerufene Stiftung Menschen für Menschen, die Hilfsprojekte in Äthiopien finanziert.

Mit "Tonight At The Opera" schließt sich 2009 ein Kreis: Opus kehren zu ihren klassischen Wurzeln zurück und spielen ihre größten Hits in Begleitung eines Orchesters in der Grazer Oper neu ein. Eben dort treten sie auch im Dezember 2021 noch einmal auf: Live? Aber hallo! "Na-naaa-nanana!"

Das im März 2022 veröffentlichte Album trägt den recht finalen Titel "The Last Note". Was sollte auch noch groß kommen, wenn man inzwischen nicht nur das Große Ehrenzeichen des Landes Steiermark, sondern auch einen Amadeus Award fürs Lebenswerk eingestrichen hat?

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