29. Juni 2015

"Ich stand nie zwischen Roger und David"

Interview geführt von

Mit "The Endless River" legten Pink Floyd im vergangenen Jahr ihr spätes Bandvermächtnis ab und ehrten den 2008 an Krebs verstorbenen Rick Wright. In Berlin trafen wir das einzige Pink Floyd-Mitglied, das die gesamte Ära der legendären Rockgruppe miterlebt hat, am Rande der diesjährigen Echo-Verleihung.

Sie haben mal gesagt, ihr Sohn spiele besser Schlagzeug als sie. Stimmt das?

Oh ja, sehr wahrscheinlich. Vielleicht sogar mein Enkel.

Gefällt ihren Kindern denn Pink Floyd, hören die das freiwillig?

Das ist ja nicht gerade etwas, was du deine Kinder fragst. Du willst sie nicht in eine unangenehme Position bringen. Aber klar, meine Töchter, die altersmäßig weit auseinanderliegen, sind damit groß geworden. Sie kennen das auf eine andere Weise und können nicht einfach sagen, ob sie es mögen oder nicht. Wenn wir auf Tour waren, haben sie die Kinder der anderen Mitglieder kennen gelernt, es ist ein großes Ganzes. Es ist praktisch eine große, leicht dysfunktionale Familie. Daher ist es nicht so: 'Mögt ihr die Musik?', sondern es ist einfach Teil ihres Lebens.

Aber ich bin sicher, dass sie auch andere zeitgenössische Musik hören ...

Ja, absolut. Logischerweise haben sie ihren eigenen Musikgeschmack und ihre eigenen Freunde und so weiter.

Empfehlen sie dann mal was?

Ich empfehle ab und zu was, wenn wir gerade übers Schlagzeugspiel und Technik reden. Ich würde dann zum Beispiel Buddy Rich empfehlen, denn wenn du dich damit nicht auskennst, ist das komplett außerhalb vom Radar eines Rockmusikers. Es lohnt, ihn zu studieren, wie er spielt und was er macht. Selbst wenn du dich nicht sonderlich für die Musik interessierst. Ich meine, diese Art von Swing oder Jazz ist jetzt auch nicht unbedingt mein Ding, aber ich schätze ihn als großartigen Spieler.

Wenn wir schon bei Technik sind: Ihrer Auffassung nach macht einen guten Drummer aus, dass er vor allem weiß, wann er nicht spielt ...

Die Sache mit Drums ist, dass man eher zu viel Schlagzeug bemerkt, als zu wenig. Es ist nun mal Teil des Backings. Es kann manchmal sehr viel mehr sein als das, und Ginger Baker war der ultimative Spieler, der die Drums sehr viel weiter in den Vordergrund der Musik rückte, meiner Meinung nach. Aber mir ist sehr bewusst, dass du wirklich viel versauen kannst, wenn du zu viel spielst. Und das trifft auf alle Instrumente zu. Das Schlimmste was es gibt, ist ein Jam, bei dem drei Lead-Gitarristen gleichzeitig spielen. Das macht dann selbst ein Drumsolo akzeptabel.

Es gibt einen sehr interessanten Drummer namens Mark Mondesir und er meinte mal, dass die meisten professionellen Musiker das Tempo sehr gut halten können. Das heißt, der Drummer muss nicht unbedingt das Metronom sein. Er kann das verkörpern und kann die Dynamik steuern, indem er bewusst variiert, sodass das Schlagzeug das Volumen runterfährt. Wenn das Schlagzeug abfällt, müssen nämlich alle mitgehen. Und das ist fast die beste Möglichkeit, um Aufmerksamkeit auf etwas zu lenken, indem man aufhört zu spielen oder reduzierter spielt.

Denken sie, dass die Leute sie unterschätzen als Drummer, weil sie eben gerade nicht so aufs Spektakel setzen?

Nein. Ich denke eher, dass ich immer überschätzt wurde. Ich fühle mich nicht ungerecht bewertet, während ein Ringo Starr immer wieder kritisiert wurde. Dabei hat das, was er gemacht hat, so gut gepasst in diesen Kontext. Das war perfekt. Und Tatsache ist, dass ein Ginger Baker bei den Beatles nicht annähernd so gut funktioniert hätte. Das sollte man nicht vergessen. Denn es geht darum, das Ensemble funktionieren zu lassen.

Was ist denn ihre Meinung zum heutigen Zustand der Musikindustrie?

Ich habe mehrere Meinungen dazu. Vor allem finde ich, dass es heute genau so wichtig wie früher ist, junge Musiker darin zu unterstützen, Geld zu verdienen. Ich meine für uns ist das nicht so schwer, wir verkaufen nicht ein paar Platten, sondern wir können T-Shirts verkaufen und Baseball-Kappen und so weiter. Ich glaube, es ist eine sehr schwierige Situation für junge Leute, da es so wenig Möglichkeiten gibt. So viel wird umsonst runtergeladen. Musik wurde schrecklich entwertet in den letzten 20 Jahren, meiner Meinung nach.

Und ich hab nicht das Gefühl, dass die Plattenfirmen da unbedingt helfen. Die waren und sind noch immer in großen Schwierigkeiten aufgrund des Zusammenbruchs des CD-Geschäfts. Aber sie fangen an, sich zu berappeln und dagegen anzukämpfen. Jeder wird von Apple und iTunes auf dem falschen Fuß erwischt.

Zu einem gewissen Punkt profitieren allerdings die Plattenfirmen mit Katalogen ein wenig von Streams, indem sie den Streaming-Diensten ihre gesamten Kataloge bereitstellen. Das wiederum hat die Folge, dass manche Künstler dadurch komplett leer ausgehen, weil sie einfach nur Teil dieses Katalogs werden.

Man hat einfach das Gefühl, dass sich das ändern muss und dass es hier einen sehr viel transparenteren Umgang geben muss im Sinne der Künstler. Außerdem denke ich, dass ein Record-Label nicht befugt sein dürfte, die gesamte Arbeit eines Künstlers auf einmal zu kaufen und besitzen. Sie sollten es lizensieren, wie bei einem Autor. Der Autor behält immer das Eigentumsrecht an seinem Werk, auch wenn es der Verleger vertreibt. Dasselbe sollte mit der Musik passieren. Musik sollte von der Plattenfirma lizensiert werden und sobald das Label den Verkauf einstellt, gehört es wieder allein den Urhebern.

Meine Antwort lautet also: Das Geschäft heute ist sehr viel härter, darum sollte es eine Art Mindestlohn geben als Entlohnung für Streams, Downloads usw.

Aus diesen Gründen haben einige Stars ihre Musik z.B. bei Spotify wieder abgezogen. War das für Pink Floyd nie eine Option?

Doch, jeder macht das. Das ist eigentlich Standard. Du ziehst dein Material für eine bestimmte Zeit zurück und dann gibst du es wieder frei. Oder du beschränkst den Zugang, so dass du auf Spotify einen Vorgeschmack bekommst, aber nicht an die ganze Musik rankommst.

Aber man kann doch Pink Floyds Musik auf Spotify streamen oder nicht?

Das kann ich dir im Moment nicht mal sagen. Ich weiß, dass es mal möglich war und mal nicht. Als wir "The Endless River" veröffentlichten, haben wir einen großen Release mit Spotify und dem gesamten Katalog gemacht. So hast du diesen Build-Up. Streaming ist die beste Art, etwas zu promoten. Das machen doch alle.

Von all den verbliebenen Mitgliedern waren sie immer am bemühtesten, die Truppe noch mal für Konzerte oder eine Tour zusammenzutrommeln. Ist das noch immer so?

Ja und nein. Ich hatte kein Interesse daran, zu sagen 'jetzt ist es alles vorbei, wir werden nie wieder irgendwas zusammen machen'. Ich mag es auf Tour zu sein, ich mag es, mit Pink Floyd zu spielen. Ob mit oder ohne Roger. David war es, der meinte, er will nichts mehr starten. Und das bedeutet wohl, dass wir nichts auf die Beine stellen.

Ich hab gesagt, ich könnte mir etwa vorstellen, noch mal bei einem Live-Aid aufzutreten. Das heißt, falls wir finden, es gibt einen guten Grund für uns aufzutreten, würden wir es wahrscheinlich auch tun. Aber dass ich jetzt Roger oder David anhaue und versuche davon zu überzeugen, noch mal on the road zu gehen oder eine neue Platte aufzunehmen - vergiss es. Das wird nicht passieren, das weiß selbst ich.

Ihnen wird oft diese Rolle des Vermittlers zugesprochen, der die Band zusammenhielt ...

Ich versuche nicht, die Band zusammenzuhalten!

Und früher?!

Ich denke, dass ich das auch früher nie getan habe. Ich glaube, ich war einfach da, so wie Rick auch einfach da war. Wir haben gesehen, wie David und Roger die Dinge ausdiskutierten.

Trotzdem blieben Sie weiter Teil der Band ...

Ja, ich blieb, und Rick wurde rausmanövert und kam später wieder zurück. Aber ich war wirklich nie in der Position, dass ich sagte: 'Komm schon Dave, wir müssen zusammenarbeiten, komm schon Roger'. Das war nie meine Rolle und hätte so auch nie funktioniert. Absolut nicht.

Also standen sie nie zwischen Roger und David?

Nein, ich glaube, das ist eine allgemeines Missverständnis. Ich war nur vage involviert, als ich für Live-Aid Roger dazu brachte, mit David zu reden. Über die Jahre war ich in der Band aber lediglich da für die Zeit, in der sie noch zusammen gearbeitet haben.

Mal zu "The Endless River". Als Grundlage dienten ja Aufnahmen vom Vorgänger "The Division Bell" ...

Ja, das ist etwas schwer zu erklären. Es sind nicht die Überbleibsel von "The Division Bell", sondern viel mehr Ideen, die nicht ausformuliert wurden und die wir nun weitergedacht haben. Wir haben Ende letzten Jahres also immer noch daran weitergearbeitet.

Aber wie viel ist denn dann zugefügt und verändert worden?

Ich würde sagen 70 Prozent geändert oder hinzugefügt und 30 Prozent haben wir vom Originalmaterial übernommen. Wobei David argumentieren würde, es sei 80 zu 20. Aber ich weiß es auch gar nicht mehr so genau, da manches vielleicht vor zehn Jahren editiert wurde und jetzt erneut.

Was war denn die größte Herausforderung in der Entstehung von "The Endless River"?

Die technische Herausforderung, Ricks Aufnahmen zu verwenden und darüber oder darunter Drumtracks zu legen. Denn viele Schnipsel lagen nicht als Multitrack vor und hatten zwar gute Qualität, aber es waren eben alle vier von uns darauf zu hören.

Wir nehmen jetzt mal an, dass "The Endless River" höchst wahrscheinlich das vorerst letzte Pink Floyd-Album sein wird ...

Höchst wahrscheinlich, aber wer weiß? (lacht)

Können Sie sich denn vorstellen, jemals aufzuhören Musik zu machen?

Nein. Was würde ich dann tun? Es steht noch immer viel an. Wenn man mich fragt, was machst du dann - naja zum Beispiel mit anderen Künstlern zusammenarbeiten. Ich bin auch ein bisschen involviert ins Thema Musikpolitik, z.B Beispiel bin engagiere mich in der Lobby-Gruppe Featured Artists Coalition, bestehend aus Künstlern, die der Regierung sagen, was wir denken, das sie unternehmen sollten im Gegensatz zu dem, was die Plattenfirmen wollen.

Und die Tatsache, dass es kein weiteres Pink Floyd-Album geben wird, heißt ja nicht, dass wir uns nicht weiter um unseren Katalog kümmern. Das heißt, tatsächlich wird es ein weiteres Pink Floyd-Album geben innerhalb der nächsten drei Jahre. Aber es wird eine weitere Sammlung aus altem Material sein, vielleicht mit ein paar Outtakes, die die Leute vorher nicht gehört haben oder mit Videos von uns 1967. Ich glaube, man müsste da eine Anthologie der frühen Jahre machen.

Ein Paul McCartney hat Erfolg mit Rihanna und Kanye West. Sie meinten, Kollaborationen mit anderen Künstlern, wären für sie auch denkbar.

Sicher, ich arbeite ja bereits mit einem anderen Künstler, einem Kerl namens Bacerelli zusammen. Da spiele ich auf den Tracks und berate ihn ein wenig, und das genieße ich sehr. Das sind keine Pink Floyd-Songs sondern etwas gänzlich anderes, aber ich liebe es.

"Es ist beschämend, wie Rick behandelt wurde"

Sie haben nebenbei eine große Passion für Autos. Ist das etwas, womit sie in Zukunft mehr Zeit verbringen?

Nein, ich habe dafür in den letzten 30 oder 40 Jahren immer gleich viel Zeit investiert. Ich habe das immer zwischen der Musik untergebracht. Und ganz ehrlich, ich bin früher viele Rennen gefahren und eigentlich will ich eher etwas vom Gas runter. Ich werde da also nicht mehr Zeit als früher reinstecken, was nicht heißt, dass ich darin nicht weiterhin involviert sein will.

Mal zu Ricks Rolle. "The Endless River" ist ja ihrem ehemaligen Keyboarder gewidmet. Wie beurteilen Sie denn Ricks Rauswurf '79 aus heutiger Sicht?

Ich schaue darauf heute zurück und finde es beschämend, wie er damals behandelt wurde. Gleichzeitig weiß ich nicht, wie wir es anders hätten lösen können. Denn Roger war so erbost, darüber, dass Rick sich nicht so beteiligte, wie er sollte. Es gab eine Sache, an der Rick Schuld war, aber wir hätten mit der Situation wahrscheinlich besser umgehen müssen.

Welche Sache denn?

Als wir seine Keyboard-Parts brauchten, ließ er uns wissen, dass er in den Urlaub fährt. Er meinte, er würde die Parts danach einspielen. Zur gleichen Zeit hatte Sony uns ein weit größeres Honorar zugesichert, falls wir das Album vor Weihnachten fertigstellen. Also wollten wir alle das Ding fertig bekommen, nur Rick war angepisst, weil er da schon drei Monate in Frankreich rumhing und darauf wartete endlich einzusteigen. Nur war das Album noch nicht an dem Punkt, dass er seinen Teil beisteuern konnte. Wir waren einfach alle zu schnell gereizt und Roger forcierte, dass Rick gehen solle.

Wir waren bereits in einer Situation, in der wir uns bedroht fühlten. Wir haben aus steuerlichen Gründen außerhalb von England aufgenommen, und wenn Roger den Stecker gezogen hätte, was er androhte zu tun, wären wir alle dran gewesen und auch finanziell sehr schlecht dagestanden. Ich denke, deshalb haben wir einfach den einfachsten Weg genommen. Es ist trotzdem nicht so, dass ich finde, das es richtig war. Es war falsch. Aber ich weiß nicht, wie wir das Richtige hätten tun können in dieser Situation.

Das Cover von "The Endless River" kam nicht ganz so gut an. Viele fanden es ziemlich kitschig. Was sprach den gegen Damien Hirsts Vorschlag, und wie sah dieser aus?

Er hatte uns eine ganze Menge an Ideen vorgelegt. Und sie waren großartig, viele davon waren wirklich gut und interessant. Das waren Bezüge zu verschiedenen Arbeiten, die er bereits gemacht hat. Diese Pharmazie-Geschichten, das Rad-Teil, wobei ich gerade gar nicht mehr weiß, ob das wirklich ein Rad-Teil war. Ein Problem dabei war nur, dass man es sofort als Damien Hirsts Arbeit erkennt, und ich glaube, wir dachten, das würde davon ablenken, dass es ein Pink Floyd-Album ist und kein Damien Hirst-Bild.

Die andere Sache war, dass das Leute meinetwegen kitschig finden, aber dass es doch einen Zusammenhang zur Musik auf der Platte herstellt. Diese romantische Szenerie mit dem Boot, das auf den Wolken schwimmt. Da gibt es Elemente auf der Platte, die dazu passen.

Zum Beispiel?

Ich kann dir jetzt keinen konkreten Track nennen. Aber überall wo es a-rhythmische Passagen vor allem mit Keyboard-Schichten und meistens ohne Drums gibt, die in die Richtung Mood-Music gehen, eine Art Landschaft evozieren. Das Problem ist nur, sobald du mit Landschaften arbeitest, kommst du in diese Roger Dean-Ecke. Und das hier war irgendwie besser, weil simpler. Ich meine, guck dir ein Yes-Cover an: Da hast du eine enorme Menge an Details und so ist es ja hier nicht.

Es gibt nicht viel Text auf dem gesamten Longplayer. Eigentlich nur auf "Louder Than Words", wofür Davids Frau Polly die Zeilen schrieb. Wie kams dazu?

Ich weiß es nicht, das müsstest du David fragen. David hat manchmal Probleme zu arbeiten. Roger ist wahnsinnig gut darin, etwas in die Hand zu nehmen und einfach zu machen. David dagegen kann sich wochenlang damit quälen, etwas so oder so zu machen und darüber nachzugrübeln, wie es richtig ist. Und ich glaube, er findet, dass Polly besser schreiben kann als er und empfand es angenehmer, wenn sie das übernimmt. Und sie schrieb ja über etwas, das uns sehr persönlich betrifft. Denn es ging ja um die Beziehung, die sie beobachtet hat. Und vielleicht konnte sie formulieren, was er nicht konnte.

Rick selbst hat seine Art Musik zu machen mal als 'meditativ' beschrieben. Was hat sie am meisten fasziniert an seinem Stil?

Die Tatsache, dass du nie weißt, wohin es geht. Du hörst dir eine Harmonie oder Tonfolge an. Und meistens, wenn du viel Musik hörst, kannst du anhand der Akkorde folgern, wohin es geht. Bei Rick ging es plötzlich so (singt ein paar Töne) ... da ist eine wunderbare Kreativität dabei. Er spielte fast nie ein und dasselbe doppelt, sondern erlaubte der Musik immer neue Wendungen einzuschlagen, selbst wenn es ein Song war, den er schon 500 Mal gespielt hatte. Das liebe ich. Ich habe zum Beispiel große Probleme, etwas wieder genau so zu spielen, wie es auf der Aufnahme klingt. Ich hatte nie das Gefühl, dass das nötig ist oder dass man das anstreben sollte. Ich finde, man sollte immer versuchen, einen neuen Weg nach vorne zu suchen beim Spielen.

"Ich freu mich darüber, dass wir noch existieren"

Deshalb können sie auch nicht nachvollziehen, dass es zum Beispiel Pink Floyd-Coverbands gibt?

Das Problem ist, dass wenn du die Songs anderer Bands spielst, spielst du sie in der Regel nicht so gut, wie sie selbst. Es gibt Ausnahmen, z.B Joe Cockers "Little Help From My Friends" ist fantastisch. Aber generell ist die Tendenz eher, dass das Original immer noch besser ist.

Manche Coverbands wollen aber ja gerade nicht wie das Original klingen.

Ja, und das mag ich. Ich liebe 'Dark Side Of The Moon' und solchen Kram, wo etwas reininterpretiert wird, das ist großartig.

Rick verstarb 2008 an Krebs. Wie haben sie das damals erlebt? Erinnern Sie sich noch an das letzte Gespräch mit ihm?

Ich erinnere mich an das letzte Mal, als wir zusammen Zeit verbracht haben. Das war zufällig, was sehr schön war. Wir waren auf Ibiza und mit dem Boot draußen. Roger Taylor, der Queen-Drummer, hat ein wunderschönes Segelboot mit dem Namen "Tiger Lily". Meine Familie und ich waren also auf dem Boot, und wir nahmen uns ein kleines Boot um etwas rauszufahren und zu schwimmen. Da sahen wir dieses wirklich elegante Segelboot. Und ich schaute auf den Namen und sah da "Evrika" stehen. Und dann meinte ich: 'Das ist Ricks Boot'. Ich hatte keine Ahnung, wo er Urlaub machte oder was er gerade so tat. Aber ich war mir sicher, dass es seins war, sah aber niemanden an Bord.

Also meinte meine Frau: 'Warum rufen wir nicht einfach?' Also riefen wir, bis ein Mann mit einem weißen Kopf rauskam, und es war Rick. Wir haben dann abgemacht, uns am selben Abend zum Abendessen zu treffen und da auch David auf Formentera war, kam es sogar zu einem Banddinner auf Formentera. Das war der Sommer, bevor er starb.

Welcher Teil seines Charakters wird ihnen immer in Erinnerung bleiben?

Seine Art, unglaublich gemein zu sein, wenn es darum ging, etwas zu teilen (lacht). Einmal hatten wir Abendessen in Japan, ziemlich billig, als wir 1971 dort waren und nicht viel Geld hatten. Nach dem Essen begann Rick, über die Rechnung zu diskutieren, weil er einen Happen von irgendetwas weniger hatte als der Rest von uns. Es sind diese Momente, die jemanden manchmal liebenswerter machen, als die, in denen derjenige etwas 'Gutes' tut.

Wie ist denn der momentane Status Quo bei Pink Floyd?

Ich hab David eine Weile nicht gesehen. Ich habe aber letzte Woche erst mit Roger in New York zu Abend gegessen.

Und wie wars?

Super. Wir waren ziemlich betrunken am Ende.

Worüber redet man denn so?

Über alles. Geschichte, Leben, Kunst, Rick. Ich kenne Roger ja schon seit über 50 Jahren. Wir haben uns 1962 kennengelernt

Gings auch um "The Endless River"?

Ja, ein bisschen. Wir waren uns einig, dass wir genervt sind davon, dass Leute zum Beispiel zu uns beiden sagen: 'Oh, ihr habt doch dieses Konzert vor der Berliner Mauer gegeben'. Natürlich waren das nicht David und ich, sondern Roger. Dann sagen wir beide einfach: 'Oh ja, das war toll!' Und angeblich hat jemand eben auch zu Roger gemeint: 'Ich liebe "The Endless River", und dann meinte er auch nur: 'Oh, vielen Dank, ich bin sehr stolz darauf'. In vielen Dingen hat sich Roger überhaupt nicht geändert, in anderen ist er sehr viel reifer geworden.

Was haben sie eigentlich in New York getrieben?

Ich war eigentlich auf einem Autoevent in Florida, und bin dann auf dem Rückweg über New York gereist, um Roger zu sehen und einen meiner Söhne zu besuchen, der an der New York University seinen Master in Biologie macht.

Gibt es etwas, auf das sie sich heute Abend bei den Echos besonders freuen oder haben sie überhaupt keinen Bock?

Nein, ich gehe da ganz aufgeschlossen hin. Ich freu mich hinzugehen und Anerkennung für die Band zu bekommen und dafür, dass wir noch existieren.

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