laut.de-Kritik
Schnauzbärte, Blondinen und gebleichte Jeansjacken.
Review von Michael SchuhVideoclip-Sammlungen auf DVD sind ja per se nicht so spannend, es sei denn der filmische Back-Katalog einer Band birgt überdurchschnittlich viele Höhepunkte. Bei Queens Spätwerk hält sich das die Waage. Doch wie schon der erste Teil ist auch "Greatest Video Hits 2" eine Doppel-DVD, die außer den Videos noch jede Menge, oder genauer: über drei Stunden Fanmaterial featuret.
Um den Spaßfaktor der Zeitreise in die 80er zu erhöhen, haben Roger, Brian und John sich noch mal hingesetzt, um Kommentare zu den einzelnen Videos einzusprechen. So erfahren wir, dass "I Want It All" ursprünglich eine von Brian Mays späterer Frau Anita häufig geäußerte Bemerkung war, die den Gitarristen inspirierte oder dass die hübsche Blondine auf den Gleisen im "Breakthru"-Video mit Drummer Taylor liiert war. Jener staunt noch immer über seine tolle Frisur in "Who Wants To Live Forever", wünscht dafür aber seine gebleichte Jeansjacke zum Teufel ("Ich war wohl betrunken").
Grandios natürlich die Highlights: "Radio Ga Ga", eine Hommage an Fritz Langs "Metropolis", und der Clip zu "I Want To Break Free", in dem sich die Band in Frauenkleider zwängte (eine Idee, die überraschenderweise nicht auf Freddies Mist gewachsen ist). So berühmt die Parodie auf die erste britische Soap-Serie "Coronation Street" hierzulande wurde, so ablehnend stand man ihr im prüden Amerika gegenüber.
Für den "Under Pressure"-Clip bekam die Band Szenen aus dem Stummfilm-Klassiker "Nosferatu" frei, die mit Archivbildern angereichert wurden, auf denen Gebäude in die Luft fliegen. Beim Highlander-Hit "A Kind Of Magic" probierten Queen an neuen Animationstechniken herum, und in "The Miracle" durften kleine Lookalikes ihre Helden nachspielen. Eine Idee, die The Cure bereits vier Jahre zuvor lustig fanden ("Boys Don't Cry").
Langweilig sind die Videos zu "Scandal" und "Who Wants To Live Forever" geraten, denn nichts ist schlimmer als skriptlose Clips, die Rockbands zum Posen vor öden Kulissen verdammen. Der emotionslose Top Of The Pops-Auftritt von "Las Palabras De Amor" gehört in die Rubrik Fan-Ding, genau wie das eher rare "Body Language"-Video vom kontroversen "Hot Space"-Album, in dem Freddie mit frisch rasiertem Schnauzbart, Porno-Sonnenbrille und schwarzer Lederjacke zwischen nackten Leibern umher stakst. Zu der Zeit tauchte der Frontmann gerade in die Schwulenszene ab.
Anflüge von fortgeschrittener Senilität bei den noch lebenden Queen-Jungs entfachen Kommentare wie den zum Anfangsriff von "Hammer To Fall" ("Is that 'Hammer To Fall'?") oder John Deacons Bemerkung, sein harmloser Funk-Song "Back Chat" habe als Inspiration für Michael Jacksons Funkrock-Experimente auf "Thriller" hergehalten. Außerdem gibts auf der zweiten Disc "Staying Power" live aus Milton Keynes 1982 und zwei Montreux-Auftritte ('84 und '86), bei denen die Band anscheinend zum Playback gezwungen wurde.
Beinahe alleine die Anschaffung der DVD wert ist das erstmals in voller Länge erhältliche Interview mit Freddie aus den Münchner Musicland Studios 1984. Ebenso interessant ist die Documentary über die Entstehung von "One Vision", da erstmals Kameras Zutritt in einen Queen-Proberaum fanden.
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