laut.de-Kritik

Stories aus dem Geräteschuppen.

Review von

"This road is now my only friend. It welcomes me through straights and through bends. But no matter how long I stay it'll never know my name." Melancholisch beginnt Ben Cooper alias Radical Face seine Platte "The Family Tree: The Roots". Klingt fast ein bisschen traurig. Doch Cooper liebt offenbar die Einsamkeit – und durch ihn kann man tatsächlich auch selbst die Stille wert schätzen.

Häufig erzählt er melancholische und traurige, aber dennoch liebenswerte Geschichten. Es sind nur kurze Momentaufnahmen, die Cooper beschreibt. Aber er schafft es, dem Zuhörer ein lebhaftes Bild vor Augen zu führen – beispielsweise in "Always Gold".

"We were opposites at birth, I was steady as a hammer. No on worried cause they knew just where I'd be. And they said you were the crooked kind and that you'd never have no worth but you were always gold to me." Nur begleitet von Schlagwerk und Piano singt sich Cooper ins Herz.

"The Dead Waltz" im Dreitvierteltakt erzählt die Geschichte eines schlafwandelnden Mädchens, das der Ich-Erzähler vor dem Ertrinken rettet. Für "Severus And Stone" beließ es der Künstler gar nicht nur beim Song – auf seinem Blog veröffentlicht er die passende, gleich betitelte Kurzgeschichte über den kranken Jungen Severus, der einem Fieber erliegt und dann vom Ich-Erzähler, seinem Zwillingsbruder, begraben werden muss.

"Family Portrait" beginnt mit halligen Chorgesängen, ein Klaviersolo folgt, dann ertönt seine samtige Stimme und Gitarrenklänge. Fast ein bisschen sphärisch wird es im Zwischenteil, als Streicher und Schlagwerk hinzukommen. Der Song steigert sich mehr und mehr, kommt aber immer wieder zur Ruhe.

Einer der wohl schönsten Songs heißt "Ghost Towns" mit seinem mitreißenden Rhythmus und Akkordeonsolo. Hinzu kommt stets Coopers melancholisches Organ, das trotz seiner Rauheit zart und weich wirkt.

"The Family Tree: The Roots" ist ein Album, das der erste Teil einer Trilogie werden soll – erzählt aus der Sicht einer Familie aus dem 19. Jahrhundert. Eine Platte für die kalten Tage, für Freunde von Seabear oder William Fitzsimmons und zarten, verträumten Entspannungssongs. In einem 15-monatigen Prozess nahm Cooper das Album allein im Geräteschuppen hinter dem Haus seiner Mutter aus – ganze vier Jahre lang hatte er zuvor angeblich das Konzept ausgeklügelt.

Tatsächlich fühlt man sich beim Hören des Albums fast in diese Hütte versetzt. Und genau wie Cooper fühlt man sich nicht einfach einsam, sondern will die Türe lieber zusätzlich von innen verriegeln, um das Album ganz für sich allein zu haben.

Trackliste

  1. 1. Names
  2. 2. A Pound of Flesh
  3. 3. Family Portrait
  4. 4. Black Eyes
  5. 5. Severus and Stone
  6. 6. The Moon Is Down
  7. 7. Ghost Towns
  8. 8. Kin
  9. 9. The Dead Waltz
  10. 10. Always Gold
  11. 11. Mountains

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