14. September 2000

"Bon Jovi kommt einfach auf die Bühne und haut alle um!"

Interview geführt von

Ihr habt euren Auftritt vorzeitig abgebrochen, warum?

Wir haben so 110 Konzerte gespielt, seit 15. März sind wir ja auf Tournee, da sind uns 4 mal richtig fiese technische Pannen passiert. Aber das kann man nicht vermeiden, wir haben so viel Equipment auf der Bühne und auch altes Equipment, weil wir da so drauf stehen und dann passiert das halt.

Was war das Problem?

Die Hammondorgel ist kaputt gegangen, die Hammond ist 50 Jahre alt und die ist halt heute einfach kaputt gegangen. Wird wieder repariert und dann geht sie wieder.

Macht es euch noch Spaß zu touren, oder kommt langsam der Koller?

Also es macht auf jeden Fall Spaß und das sag ich nicht nur, weil ich es sagen muss oder so, es macht jeden Tag Spaß. Vor allem du kriegst ja ne Reaktion durch den Hit, Supergirl, die Leute kommen zu den Konzerten, die feiern dich ab und singen mit, es muss Spaß machen, es macht immer Spaß. Problem ist, wenn dir auf der Bühne irgendwie was schief geht oder so, dann bist du halt so am rudern, dass du die Show rettest und dann kann es halt mal sein, dass du ein bisschen gestresst von der Bühne kommst, aber grundsätzlich haben wir einen Wahnsinnsspaß und wie gesagt, 110 Konzerte und es macht immer noch total Spaß.

Es sind heute hauptsächlich härtere Bands auf dem Festival, wie kommt ihr euch da vor, ist das ok für euch?

Also wir kennen ein paar von den Bands und verstehen uns total gut mit denen und ihrem Publikum. Ich meine, du hast natürlich dann bei solchen, ähm, Bands auch irgendwie ein paar Leute da, die irgendwie denken, sie müssen jetzt die Gangster raushängen lassen und das sollen sie dann machen. Also ich hab eine witzige Situation gehabt, ich war vorne am Rocken, beim zweiten Lied, und da war so’n Typ vorne, so „Hey, Scheiße“, hat mir so das Signal gegeben und hat gedacht, dass ich es sehe und dann kam gerade der Refrain und um ihn rum ging alles hoch und runter, da kam er sich sicherlich ein bisschen doof vor. Aber er soll auf die Band warten , wo er drauf steht und dann Spaß haben und dann ist das auch okay.

Das erste Album ist ziemlich gut angekommen, verkauft sich auch prima, fühlt man sich von dem Erfolg ein bisschen erdrückt?

Also das ist so, wäre jetzt nur die Single abgegangen, dann wäre auch so ne Unsicherheit dabei. Wir haben natürlich Angst gehabt, wie wir die Single rausgebracht haben. Das ging ziemlich ab, sofort, wir sind zwar auf 74 eingestiegen, aber es ging dann Woche für Woche besser, damals, und da haben wir natürlich gedacht, wenn das Album jetzt rauskommt, interessieren sich die Leute für die ganze Musik und für die Band, oder ist es wirklich nur Supergirl? Ich glaube „Josephine“, da haben wir die Single jetzt über 400 000 mal verkauft und das Album so 180 000 mal und das ist schon ziemlich geil. Wir haben mit beiden Gold und da haben wir dann schon so gedacht, „Hey cool, die Leute stehen auf unsere Musik“ und wollen sich das Album reinziehen. Man merkt es auch, wenn wir eigene Konzerte spielen, Songs vom Album spielen, dass die Leute mittlerweile auch andere Songs mitsingen.

Musikalische Vorbilder?

Musikalische Vorbilder ist superschwer. Jeder von uns ist so ein eigener Typ, also es ist nicht so, dass 5 Sandkastenfreunde zusammen Musik machen und die gleichen Vorbilder haben, sondern jeder hat so seine Bands und ich z.B. hab Jazz studiert vorher, bin sehr aus dem Jazzbereich, Phil ist ein Ska-Bassist eigentlich, Rea hat irische Musik gemacht, so in Irish Pubs, Sebi ist eigentlich klassischer Saxophonist, unser Orgler. Und Mike ist eh! deshalb gibt es keine gemeinsamen Vorbilder, aber jeder hat so seine Lieblingsband, so Bands wie Radiohead oder Live, grade die Bands, mit denen man auch manchmal verglichen wurden, am Anfang vor allem, oder Verve, das sind Bands, wo wir auch alle drauf stehen. Aber wir sind keine Fans.

Welchen Einfluss hattet ihr auf die Entstehung eures Videos?

Beim ersten Video hat uns jemand das Drehbuch geschrieben und hat uns gesagt, machen wir es so, beim zweiten Video haben wir Bock gehabt, das selber zu machen und haben uns diese Geschichte selber ausgedacht. Dann haben wir uns einen Regisseur gesucht, den wir total cool fanden, scheiße, wie heißt der, Olaf... ich weiß den Namen nicht, Olaf halt, der Ärzte auch macht. Und haben mit ihm das dann noch mal überarbeitet, ob wir uns das dann auch leisten können und dann haben wir das abgedreht und haben sehr viel Einfluss genommen, eigentlich. Wir haben auch die Schauspieler ausgesucht.

Die Hauptdarstellerin ist wieder dieselbe.

Ja, genau, wir sind alle verliebt in Soraya. Sie ist eine fantastische Schauspielerin finden wir. Das erste Video - Supergirl - war ja praktisch ein Kurzfilm, bei dem wir die Musik geschrieben haben und haben dann Teile von dem Film verwenden können in dem Video. Das war eine ganz glückliche Situation und von Soraya waren wir so begeistert, dass wir gesagt haben, die wollen wir beim nächsten Video wieder haben und wahrscheinlich wird sie im übernächsten Video auch wieder dabei sein. Die Idee ist, dass alle Singles vom ersten Album eine Trilogie, oder wenn es 4 Songs sind, eine Quadrologie, also praktisch eine einigermaßen zusammenhängende Geschichte ergeben, immer mit der gleichen Hauptfigur.

Wir sind ein Internet-Musikmagazin, wie steht ihr zum Internet, Thema mp3, Napster usw.

Heutzutage musst du im Internet natürlich aktiv sein, das ist ganz wichtig, wir haben eine Seite, die finden wir eigentlich ganz toll, wir schaffen es nicht immer, sie ganz aktuell zu halten, aber wir haben z.B. einen Dienstags-Chat, wo wir dann immer sind, und wir beantworten die Fragen der Leute, soweit es geht, soweit es unser Zeitplan zuläßt - das finden wir sehr wichtig. Zu mp3 und Napster will ich eigentlich gar nichts groß dazu sagen.

Ihr spielt viele Festivals, fühlt ihr euch auf so großen Bühnen schon wohl?

Wir haben natürlich mit Him einen guten Auftakt gehabt, weil wir da so vor 5000 - 8000er Hallen gespielt haben, aber unsere richtig fette Bühne war Rock am Ring, da waren 40 000 und da waren wir nicht cool. Es war ein gutes Konzert, den Leuten hat es gefallen, aber wir waren schon schwer beeindruckt von dieser Masse von Leuten. Es war ja auch nicht so, dass die gegessen haben und ein bisschen die Band mit angehört haben, die haben ja richtig mitgemacht. Und das war sehr beeindruckend. Und dann haben wir das ein paar mal gehabt, so die ganzen großen Festivals und mittlerweile sind wir da eigentlich sicher. Jetzt haben wir mit Bon Jovi gespielt, vor 40 000 Leuten, in Österreich: das war richtig fett, die haben uns total abgefeiert und es hat richtig Spaß gemacht. Nächsten Freitag, Bon Jovi, 65 000 Leute, ausverkauft, das ist dann echt eine ganz andere Geschichte von Konzert, weil wenn du in einem kleinen Club spielst, dann sind die Leute ganz nah an dir dran, entweder kein Graben, oder einen ganz dünnen, und du siehst den Leuten wirklich bis zur zehnten Reihe direkt in die Augen und du siehst daran genau, wie das Publikum es gerade findet, wie sie drauf sind. Bei so einem großen Konzert siehst du das nicht, du siehst die Leute vom Gesicht her einfach gar nicht mehr und das macht dich anfangs echt fertig, du hast keinen direkten Kontakt, keinen Augenkontakt mehr.

Ist es nicht vielleicht sogar einfacher dadurch, weil es irgendwie so surreal ist, weil du sie gar nicht mehr als einzelne Menschen begreifen kannst?

Ähm, nee, es ist nicht einfacher. Für mich ist es so, ich such mir die Resonanz aus dem Publikum und die bekommst du am einfachsten, wenn du jemandem ins Gesicht schaust. Du sieht sofort, ist der gelangweilt oder findet der es geil, und da bekommst du natürlich wahnsinnig viel Power vom Publikum und wenn du die nicht mehr siehst, da musst du sie dir irgendwie anders holen und du findest raus, wie.

Was haltet ihr von Bon Jovi?

Also vom Bon Jovi-Publikum halte ich sehr viel, weil die uns wirklich abgefeiert haben, das war genau unser Publikum, von jung bis alt, von Chartpublikum bis hin zu irgendwelchen Altrockern, also da war alles dabei. Ich bin kein Fan von Bon Jovi selber, das meine ich nicht negativ, es ist nicht meine Musik. Aber ich hab mir dann auch die Show angesehen und ich muss sagen, der Typ kommt auf die Bühne und spielt eineinhalb Stunden lang Hits am Stück, du kennst jeden Song auswendig und das finde ich eine unglaubliche Leistung für eine Band, das ist eine Band, die hat über Jahre ein Imperium aufgebaut, davor muss man Respekt haben, ob man auf die Musik steht oder nicht. Der Typ kommt einfach auf die Bühne und haut alle um.

Schaut ihr euch die anderen Bands heute noch an?

Ich werd mir Limp Bizkit reinziehen, finde ich ganz cool.

Vielen Dank für das Interview

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