laut.de-Kritik
Bringt dank eleganter Beats frischen Wind in deutschen Cloudrap.
Review von Johannes JimenoEin Debütalbum muss sitzen, wenn man Erfolg haben und seine Duftmarke hinterlassen will. Im Falle von Neuling reezy läuft das zweigleisig: Einerseits mit eigenwilliger Schreibweise, seinen Künstlernamen schreibt man klein, sein Album sowie alle Tracks versieht er in Majuskeln, andererseits kommt er als Producer und rappt auf seinen eigenen Beats, wodurch die Möglichkeit eines Gesamtkonzeptes gegeben ist.
Sein Genre ist der Cloudrap, wobei er sich aber stets von Konsorten wie RIN abhebt, weil er sauber rappt und nicht alles in Autotune ertränkt. Bekannte Adlibs von Future, Migos oder Travis Scott fehlen trotzdem nicht.
"Teenager Forever" ist das Destillat seiner zwei Mixtapes des Vorjahres. "feueremoji" und "tropfenemoji" zeigen den Frankfurter experimentierfreudig. Beide Tapes stehen für sich und atmen unterschiedliche Vibes. Was man sofort merkt: reezy ist ein Kind der Generation Y, in der alles via Social Media kommuniziert wird . Auch die Cover-Geschichte für "Teenager Forever" fungiert quasi als Mahnmal dessen. In einem Interview erklärt er, dass er ein Instagram-Storybild aus Emojis gebastelt hat, die sein Leben widerspiegeln. Dies schickte er dem Künstler und sagte zu ihm: "Bitte entwerfe das Cover genau so." Wer braucht schon aufwendige Zeichnungen, wenn man Emojis aneinander klatscht. Willkommen im Zeitalter der Millenials.
Doch genug der stilistischen Eigenwilligkeiten, es geht hier schließlich um die Musik. reezy glänzt auf dem Titeltrack mit nachdenklichem Piano-Beat, direkten Drums und einer Geschichte aus seiner Kindheit. Im anschließenden "Northern Lights" geht es zwar verträumt weiter, doch er macht klar, um was es hier eigentlich geht: Frauen, Alkohol, Fashion. Die Dreifaltigkeit der Statussymbole. Das zieht sich durch das gesamte Album. Ab und an entzündet sich noch ein Joint oder ehrlicher Realtalk betritt die Bühne ("Süchtig").
So weit, so bekannt. Doch reezy hat diesen einen sehr feinen USP: Elegante, atmosphärische Beats. Als Produzent zimmert er sich seine Umgebung selbst zusammen, kann deshalb seine Vision und seinen Vibe wunderbar konvergieren. Das ist nicht beliebiger Cloudrap, der schnell langweilt. Zugute kommt ihm auch seine tiefe, basslastige Stimme, mit der er gekonnt zwischen Singsang und Rap jongliert.
Des Weiteres besitzt er ein Gespür für Ohrwurm-Hooks. "Gefühl Für Die Zeit" und "Frankfurt City Blues" bleiben sofort im Gedächtnis und versprühen einen angenehmen Charme, bei dem man lässig mit dem Kopf nickt. Gleiches bringt Busenfreund Bausa in "Paranoia2", begleitet von weichen Bässen und elegantem Klavier und etabliert bereits die fünfte Kollaboration der beiden.
Verspielte Details prägen seine Beats. Auf "PMW", entlehnt von seinem Vorbild A$ap Rocky, ertönt eine Panflöte, auf "Flex" eine Cowboy-Gitarre samt Pferd am Ende und im Outro von "Gate Zu Gate" wilde Synthie- und Autotune-Einlagen.
Der einzige Fremdbeat, bei dem reezy nichts verändert hat, stammt von Ambezza auf "Süchtig". Dieser evoziert eine Nachtclub-Atmosphäre. Angelehnt an die Achtzigern findet reezy darauf etwas seltsame Assoziationen, wie "Gegen die Last auf meinen Schultern hilft kein Physio, ey / Ihre Pussy sieht aus wie ein T-Bone-Steak", rappt jedoch im letzten Part aggressiver über sein nicht immer einfaches Leben. Danach faded der Song schön aus.
Coudrap-Spezialist Yung Hurn schleicht sich beinahe unbemerkt auf "Amor" ein. Sein opaker Beitrag verschwimmt im Hall, textlich bleibt er weiterhin unorthodox.
Mit "Teenager Forever" gelingt reezy ein erstaunlich sauber produziertes, in sich geschlossenes Debüt, das frischen Wind ins Business bringt. Mit stilsicherem Charme bezirzt er den Hörer, sodass man es in einem Rutsch laufen lassen kann. Kritikpunkte bilden das Rezitieren der immer gleichen Reichtümer, die zuweilen repetitiven Lyrics, wenn sich beispielsweise vier beinahe identische Hooks und Bridges verfolgen, und einige unwesentliche Filler-Songs.
5 Kommentare
Wie immer bei Reezy...die Vorabtracks alle super produziert, auf Albumlänge geht dann qualitativ die Puste aus
Das Cover hat den Charme eines TEDI-Stickersets
Wer hört in "AMOR" auch immer "Baby Schwarte, Baby Schwarte"?
Reezy ist die Nummer 1 im ,,Deutschrap“.
Alleine wenn man die Klasse der selbst produzierten Tracks hört, ist das, gerade in Deutschland, einzigartig.
Nash als Feature hat mich positiv überrascht, eno ist für mich eine Katastrophe.
Dieses Lied (Flex) ist für mich dadurch auch der einzige Schwachpunkt, da es sehr monoton und klischeehaft vorangeht und das in mein reezybild überhaupt nicht reinpasst.
Reezy schafft es für mich echt amerikanische vibes zu überbringen, ohne sich groß viel im amerikanischen Game zu bedienen.
Bin sehr gespannt auf Weißwein und Heartbreaks!
Süchtig ist eine 10/10. zweiter part bekomm ich diese gefühle. In seiner bubble ein famoser trapper.