laut.de-Kritik

Wut, Verzweiflung und ein bisschen Licht am Ende des Tunnels.

Review von

Die Hymne, die als Intro ertönt, verschwimmt nach kurzer Zeit — denn zum Feiern ist hier niemandem zumute. Rise Against, Chicagos bekannteste Punkrocker, melden sich mit Album Nummer neun zurück. Einmal mehr geht es um Lebensrealitäten, um die Kehrseite des American Dream, der sich freilich auch auf andere Länder übersetzen lässt.

Diesmal stellt Songschreiber und Sänger Tim McIlrath eine ganze Generation in den Mittelpunkt, die 'Nowhere Generation', die sogenannte Generation Z. Eben jene jungen Leute, die heute ohne die Wohlstands- und Sicherheitsversprechen aufwachsen, die ihre Elterngeneration noch nach vorne gebracht und vielen von ihnen ein gutes Leben ermöglicht hatte.

McIlrath hat viel mit jungen Fans gesprochen, und die haben ihm ihre Situation, ihre Ängste, ihre Misere erläutert, erzählt er. Eine Generation, die mit immer größer werdenden Probleme zu kämpfen hat und dabei – so erweckt es den Anschein – alleine gelassen wird. Es geht hier um soziale Ungleichheiten, die die USA und die Welt immer weiter eskalieren lassen. Um den Klimawandel, der immer noch nicht erst genug genommen wird. Darum, dass es immer schwerer wird, seine Familie zu ernähren, sozial aufzusteigen.

Rise Against möchten diese Generation gleichermaßen ins Bewusstsein aller bringen und sie wachrütteln. Ihnen ein Denkmal setzen und sie dazu animieren, noch mehr zu machen. Und alle anderen gleich mit. McIlrath traut dieser Generation durchaus viel zu. "We are the nowhere generation/ We are the kids that no one wants/ We are a credible threat to the rules you set / A cause to be alarmed", singt er im Titelstück.

Die Songs sind klassisch Rise Against, melodischer, eingängiger Punkrock zwischen Wut, Verzweiflung und Zuversicht. Apropos Zuversicht: Die darf natürlich nicht fehlen, schließlich soll das hier kein Zeugnis der Verdammnis, sondern ein Manifest zur Veränderung werden. Happy Ending: schwer, aber keinesfalls auszuschließen. Das Licht am Ende des Tunnels, eine Perspektive, die jeder gute politische Song haben sollte, meint McIlrath.

"We're biding time as we wait for the signal
/ Sharpening blades while we wait out the storm / These cold nights are almost unbearable / But purpose keeps us warm
", Songs wie der Opener "The Numbers" sind Hymnen für die Schlacht, keine Lieder für den Untergang. Die Nirgendwo-Generation ist bereit, aber gelangweilt, heißt es darin auch.

Klar, ein Lied auf der Akustikgitarre darf auch nicht fehlen, das ist schließlich eine der Stärken von McIlrath und Rise Against. Diesmal heißt das Stück "Forfeit", eine Durchhalteparole für den Weg.

McIlrath, aufgewachsen in den 1980ern und die Generation Z trennen einige Jahrzehnte. Es hat sich vieles verändert, die Sprache, einige Paradigmen, die Kanäle. Und doch lassen sich die Zusammenhänge erkennen zwischen der Zeit, in der McIlrath aufwuchs, als Reagan in den USA die Großkonzerne entlastete und der Staat weniger regulieren sollte. Die Verwunderung und Verzweiflung, die bleibt ebenfalls dieselbe. "Because this life is a game I don't know how to play / So many lies and disguises I can’t tell what’s fake / But I can tell by the same sad look on your face / You and me /We are the same", solidarisieren sich Rise Against im Schlusssong "Rules Of Play" schließlich — der Abschluss eines durchweg gelungenen Albums.

Trackliste

  1. 1. The Numbers
  2. 2. Sudden Urge
  3. 3. Nowhere Generation
  4. 4. Talking To Ourselves
  5. 5. Broken Dreams, Inc.
  6. 6. Monarch
  7. 7. Forfeit
  8. 8. Sounds Like
  9. 9. Sooner Or Later
  10. 10. Middle Of A Dream
  11. 11. Rules Of Play

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