laut.de-Kritik
Surfrock-Lässigkeit und Post Punk-Düsternis.
Review von Hannes HußBei den Rolling Blackouts Coastal Fever hat sich so langsam eine Routine herauskristallisiert. Im Zweijahrestakt erscheint zum europäischen Sommerbeginn ein neues Album der Australier. Dieses klingt dann nach einer Mischung aus Janglegitarren, Surf- und Garagerock. Also genau nach dem, was Indie-Kids zum Sommerbeginn hören wollen. Mit "Endless Rooms" liegt jetzt das dritte Album dieser Sorte vor und klingt dennoch kein bisschen langweilig.
Der Opener "Pearl Like You" wirft nur kurz eine Nebelkerze in die Erwartungen. Eine Minute lang liefern die Australier träumerischen Ambient-Sound. Soll das jetzt eine neue RBCF-Ära einleiten? Überhaupt nicht. "Tidal River" zieht sofort das Tempo an. Die Gitarren klingen wie Alarmsirenen, überschlagen sich immer wieder selbst, es ist eine absolute Freude. Dazu mischt die Band ihren gewohnt präzisen Lyrics politische Untertöne bei. "In the lucky country, the luckiest ones jealously guard their fortune, as if it will disappear if they share it around." sagen sie dazu im Pressematerial zum neuen Album. Der "Tidal River" ist ein Aufbegehren gegen das dezidierte Nichtinteresse der Australier*innen an Politik. Es ist nicht schwer aus Zeilen wie "
Ceiling's on fire / train's leaving the station" einen Verweis auf den Klimawandel herauszuhören.
Dabei umschiffen Rolling Blackouts C.F. glücklicherweise alle Plakativität, die politisierte Musik ansonsten häufig umweht. Die Lyrics sind hier nicht der Hauptgrund für den Song, sondern der Song selbst. Anders kommen so ausufernde Gitarrensoli wie in der Bridge auch nicht zustande. Oder solch staubtrocken-geniale Zeilen wie "It's January, where I'm vacationing / take your complaint to the United Nations". Auch die hervorragende Vorabsingle "The Way It Shatters" arbeitet mit subtil politischem Songwriting: "If you were in the boat / Would you turn the other way?" erinnert natürlich zwangsläufig an die abschreckende Geflüchtetenpolitik der australischen Regierung zwischen 2014 und 2018. In dieser Periode bezahlte diese Kambodscha, Geflüchtete in Australien aufzunehmen. Kein Wunder, dass bei solchen Missständen auch die sonst so sonnendurchfluteten Gitarren einem düsteren Postpunk-Sound weichen müssen.
So auch bei "My Echo", der keine politischen Untertöne besitzt, dafür noch mehr auf Postpunk-Gitarren setzt. Der Bass nimmt eine wichtigere Rolle ein, alles ist ein bisschen zirkulärer und verhallter als bisher gewohnt. Wegen solcher zaghaften Sounderweiterungen klingt "Endless Rooms" nicht wie ein abgeschmackter Aufguss des Altbewährten, sondern nach der logischen Weiterentwicklung einer Band, die genau weiß, wer sie ist. "Saw You At The Eastern Beach" klingt weniger nach Postpunk und mehr nach straight forward Indie-Rock, vermischt sein Thema der Isolation allerdings mit Verweisen auf die australische Kolonialisierungsgeschichte. "A lonely guest on borrowed land" passt gleichzeitig zum Unbehagen des Erzählers in seiner persönlichen Situation als auch zu der Idee, in einem weißen Land auf kolonialisiertem Terrain zu leben.
"Blue Eye Lake" bedient sich großzügig bei der Indie-Melancholie der australischen Indie-Benchmark The Go-Betweens. Der See, Schwimmzüge bei Mondlicht und abfahrende Busse, alles ist durchwoben von vergangener Liebe und der Erinnerung an diese. Dazu greifen einmal mehr die mehreren Gitarrenstimmen perfekt ineinander, bieten anfangs ein bisschen 70s College-Rock-Nostalgie und danach die typische RBCF-Melodieverliebtheit.
1 Kommentar mit einer Antwort
Was die Band ganz dringend benötigt, sind gute Hooks - und aus den drei Gitarren muss man natürlich auch viel mehr machen. Das erste Album war ganz ordentlich, aber danach kam statt etwas mehr Experimentierfreude nur noch 0815-Indie-Pop-Rock-Hintergrund-Gedudel (natürlich samt unsäglichem Hall-Effekt).
Du kannst dich ja als Songschreiber oder Produzent bei ihnen bewerben.
Also mir gefällt’s. Sogar besser als die letzten beiden Alben.