laut.de-Biographie
Sarah Neufeld
Einer Formation, die schon mit einem Dutzend Musiker und den exotischsten Instrumenten auf der Bühne stand, entspringt im Verlauf einer langen Pop-Karriere häufig das ein oder andere Soloprojekt. So auch im Fall der weltweit gefeierten Artrock-/Baroque-Pop-Gruppe Arcade Fire.
Bandleader Win Butlers Bruder Will macht es 2015 auf LP-Länge solo, Bassist Tim Kingsbury geht eine Weile mit Wolf Parade fremd, Multitalent Richard Reed Parry gründet die Instrumental-Postrock-Band Bell Orchestre mit, und auf Tourgeiger Owen Palletts Konto gehen neben den Streicherarrangements der ersten beiden Arcade Fire-Platten allein zwischen 2005 und 2014 vier erfolgreiche Soloplatten.
Mit den zwei letztgenannten Musikern verbindet auch Violinistin Sarah Neufeld viel. Der Jahrgang 1979 aus dem kanadischen Vancouver ist wie Parry 2002 dabei, als Bell Orchestre entsteht. Mit Pallett wiederum teilt sie den kompositorischen Ansatz einer neuen Popklassik. Auch Neufeld produziert seit ihrem Solodebüt "Hero Brother" (Constellation Records) von 2013 geigenbasierte, dramatisch angespitzte Songs, die stets an der Grenze zur Avantgarde entlangtänzeln. Nils Frahm und Ambient-Ikone Tim Hecker lassen sich angesichts ihres Talents regelmäßig als Produzenten verpflichten.
2011 beginnt Neufeld, die später nur noch auf Tour offiziell Arcade Fire angehört, erstmals mit der Komposition von Geigensoli. Die Kanadierin zählt Bela Bartok, Steve Reich, Iva Bittova und Arthur Russell zu ihren formgebenden Vorbildern. Diese Bewunderung für den klassischen Minimalismus kombiniert sie mithilfe ihres Gehörs für Elektroakustik, Avantfolk und Indierock zu ihrem ganz eigenen Stil.
Zwischen roher Energie und erhabenen Atmosphären gleitet Neufeld auch 2015, als sie mit Saxofonist Colin Stetson, dem langjährigen Tourhornisten der Hauptband, ein gemeinsames Album veröffentlicht. Für das zweite reine Soloalbum "The Ridge" setzt Neufeld dann verstärkt auf die Rhythmen von Arcade-Fire-Schlagzeuger Jeremy Gara und ihre Enya-artige Gesangsstimme. "Musik für Scheunen und Raumschiffe" nennt sie das selbst.
Für den Nachfolger "Detritus", der 2021 erscheint, lässt sie sich von Tänzerin Peggy Baker inspirieren, was in einem ausdrucksstarken und lebendigen Album mündet. Kurz zuvor liefert sie auch gemeinsam mit Colin Stetson die Musik zum Film "Blue Caprice". 2024 kommt mit dem vielschichtigen "First Sounds" ihre erste gemeinsame Platte mit ihren langjährigen Weggefährt*innen Richard Reed Parry und Rebecca Foon auf den Markt.
Trotz Solounterfangen, Weltruhm mit Arcade Fire, Tourneen mit Bell Orchestre und der Indierock-Formation The Luyas findet Sarah Neufeld übrigens noch Zeit, um in ihrer Montrealschen Wahlheimat eine Yoga-Studiokette aufzubauen. In New York, wohin sie später zieht, betätigt sie sich als Yogalehrerin.
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