laut.de-Kritik
Wichtige Statements mit fader Instrumentierung.
Review von Connor EndtMit "Alles Zerpflücken" verfolgen Schrottgrenze konsequent den Weg, den sie seit "Glitzer Auf Beton" eingeschlagen haben. Wir erinnern uns: nach sieben Jahren Bandpause geht es weiter mit der Hamburger Band und Sänger Alexander Tsitsigias outet sich. Der Umschwung macht sich auch musikalisch bemerkbar und fortan widmet sich die Formation hauptsächlich queeren Themen.
"Alles Zerpflücken" wird dabei um einiges deutlicher als der Vorgänger. Direkt im Opener "Life Is Queer" macht Tsitsigias klar: "Ich bin ne kräftige Schwester, mit Make-Up gegen die Angst." Instrumentiert wird dieses Empowerment mit einer passablen Mischung aus Indierock und Punk, die im Gegensatz zu den Texten an den wenigsten Stellen wirklich großartig auffällt. Der Bass wummert ordentlich, die Gitarre spielt catchy Riffs, so weit, so bekannt.
Wirklich interessant wird es eher bei den Texten, denn Schrottgrenze haben was zu sagen. Egal, ob es um Drogen-Eskapaden ("Sog"), Liebe ("Alles Zerpflücken") oder kleine Alltags-Geschichten geht: sprachlich ist das Album gelungen und die Texte fallen angenehm unpeinlich aus. Das große Überthema, das sich durch das gesamte Album zieht, ist der Kampf um einen "Raum für alle Liebenden, für mehr als zwei Geschlechter."
Als Bonus gibt es gegen Ende noch eine Slime-Neuinterpretation: "Das Kapital muss werben, damit wir kaufen können" heißt es bei den Hamburgern. Für ihre Version des Klassikers konnten sie sogar Elf und Dirk, Mitglieder der legendären Punk-Band, gewinnen. Für "Traurige Träume" haben sich Schrottgrenze außerdem Sookee als Mitstreiterin ins Boot geholt, die ein paar Zeilen rappt. Leider fällt ihr Part ziemlich kurz aus und ist schon vorbei, als sie gefühlt gerade das erste Mal Luft holt.
Was am Ende bleibt, ist ein Album, das die richtigen Worte findet, um ein wichtiges politisches Anliegen in die Welt zu tragen. Die Instrumentierung bleibt Geschmackssache, ist an vielen Stellen aber einfach zu fad, um besonders lange im Kopf zu bleiben.
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