laut.de-Kritik
Messdiener mögen das.
Review von Franz MauererDas "C" in christlicher Rockmusik war und ist oftmals weniger theologisch-christlich gemeint - die Inhalte sind wenn überhaupt synkretistisch oder theosophisch - sondern gibt ein anderes, umfassenderes Versprechen ab: Hier wird dir nicht wehgetan, Musik und Texte versprechen wohltuende Distanzierung und Ablenkung vom drögen Alltag. Die Hochzeiten von P.O.D. sind für das Genre aber vorbei, zu groß ist die Konkurrenz von Country et al., vielleicht lag es auch an der legendären "Christian Rock Hard"-Folge von South Park. Skillet leiden mit ihrem Genre. "Victorious" war deutlich weniger erfolgreich als Cashcows wie "Unleashed" und "Rise". Da kommt für die notorischen Dauertourer das elfte (!) Album "Dominion" gerade recht- wo geht die irdische Reise hin?
Anscheinend ins Fegefeuer. Songs wie "Surviving The Game" mit seinen schlimmen Spoken-Word-Parts, der Titeltrack mit Keyboard-Effekten, die an Ross' Spielkunst bei Friends erinnern und "Destiny" sind generischer Nu Metal, nur ohne Rap und Attitüde, also alles, was Nu Metal (kurzzeitig) interessant machte. Hinter keinem dieser "härteren" Songs ist auch nur ein Jota Druck.
Dem gegenüber stehen Pop-Rock-Balladen wie der 0815-schematische, sich direkt nach dem Hören jeder Erinnerung entziehende Erbauungssong "Refuge" oder der Ed-Sheeran-Soundalike "Valley Of Death", die völlig zu vernachlässigen sind. "White Horse" soll wohl Industrial sein und wird zu gegebener Zeit vom Teufel in Gestalt von Al Jourgensen bestraft werden.
Man hat nicht den Eindruck, als würden die Erschaffer dieser Musik ihr Produkt ernst nehmen - ihren Beruf dafür umso mehr. Alles wirkt kalkuliert und unangenehm getrimmt und gestriegelt. Auch wenn die Texte nun wirklich nicht als sonderlich christlich zu erkennen sind, fühlt sich "Dominion" doch nach Kirchgang an. "Time for me to be defiant / cuz I won't be silent / when I suffer", Schreibweise vom offiziellen Lyrics-Video übernommen, zeigt exemplarisch das Opfer- und Resilienznarrativ des Albums auf. Mit Kindergartentexten geht es gegen abstrakte Mächte, derer man sich erwehrt, um man selbst zu bleiben. Widerständige Dauermelancholie, aber mit bravem Grinsen im Gesicht.
Schlagzeugerin Jen Ledgers Gesangsparts sind von denen des Bandchefs John Cooper kaum zu unterscheiden. Samt auf Samt, würden manche Deutschrapper sagen. "Dominion" scheint eine Reaktion auf die sinkenden Verkaufszahlen des letzten Albums zu sein und fällt nochmal deutlich glatter als der bisherige Output aus.
Produziert wurde die Scheibe von Kevin Churko. Der hat zwar auch mal mit Ozzy und Papa Roach gearbeitet, mittlerweile aber auch für noch zweifelhaftere Gruppen wie 5FDP und Disturbed. Kraft, um dem miesen Songwriting etwas entgegenzusetzen, hatte er jedenfalls nicht. So schwebt "Dominion" am Hörer vorbei wie Weihrauch und die einzig ertragbare Haltung ist Dämmern; wie in einer Kirche als Zehnjähriger an einem heißen Sonntag im August.
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