laut.de-Kritik

Was war das? Das nahende Ende? Sodom und Gonorrhoe?

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Man kann schon sagen, dass der Höllenfürst den Thrash-Legenden von Slayer in den letzten Jahren nicht wohlgesonnen war. Nach dem Tod von Jeff Hanneman, der jetzt in der Hölle die verstimmten Harfen zum Jaulen bringt, muss der in der Öffentlichkeit etwas plump und aggro wirkende Kerry King fortan die Songwriting-Last alleine schultern. Der Rausschmiss von Dave Lombardo führte zu einer Neubesetzung des Drumhockers mit dem alten Bekannten Paul Bostaph.

Zudem vergrätzt man viele Fans mit allenfalls semiguten Auftritten und einem lustlosen Tom Araya als Hippie-Jesus-Frontmann, der oft gelangweilt zu den Lyrics über Tod und Teufel schauspielert. Der Kredit, den sie sich mit den Hassbatzen "Christ Illusion" und "World Painted Blood" erknüppelten, scheint aufgebraucht.

Und dann das: Nach einem gebremsten Intro kloppt der Titeltrack mit seiner Fuck You-Attitüde dermaßen die Rübe weich. Was war das? Das nahende Ende? Sodom und Gonorrhoe? Da bläst es einem glatt das schwindende Resthaar der Thirty-Something-Frise von der Birne.

Die ursprünglich als Posthum-Hymnus an Hanneman gerichtete Message verkörpert Slayer in Reinkultur. Die Verzahnung von rumpelig-räudigem Punk und rasend-rasiermesserscharfem Thrash geht unter die Haut. Exodus Chef und einzig legitimer Hannenman-Nachfolger Gary Holt und Chefglatze King bringen mit den besten Soli seit Dekaden die Streitäxte zum Glühen. Auch Tom Arayas kreischbrüllender Sprechgesang wirkt wieder. Härte, Härte, unnachgiebige Härte, grölt der Mob!

Ähnlich zornig, aber mit kontrolliertem Refrain hält "Take Control" das Niveau. Im Midtempo mit purem Hass als Fracht und der feucht-fröhlichen Botschaft "A little violence is the ultimate drug, let's get high" im Gepäck walzt der 40 Tonnen-Laster "Vices" die Gebeine platt.

"Cast The First Stone" groovt lässig und tanzt Pogo zwischen den Hirnhälften und "When The Stillness Comes" rollt genüsslich die Nerven auf einen rostigen Stacheldraht und gibt Einblick in die schwarze Seele eines Psychokillers. Ein beliebtes Motiv, das leider nicht annähernd so fesselnd-fröstelnd umgesetzt wird wie beim Klassiker "Dead Skin Mask".

Hier liegt eine von zwei Schwächen des Albums. Kerry King rupft sich richtig derbe Riffs und griffige Shoutalongs aus den Därmen. Halsbrecherisch und Mitempo, das kann er, der Hobby-Schlangenzüchter aus Kalifornien. Die Hannemans Songs inhärente diabolisch-fiese Atmosphäre mit einem Hang zur Verzweifelung und dem steten melodisch-harmonischen Wechselstahlbad erreicht er jedoch nicht. Das aus Hannemans Nachlass stammende "Piano Wire" wirkt demnach mit seiner verkopften Art wie ein Fremdkörper, stellt für sich genommen aber ein Highlight des Albums dar.

Der zweite Schwachpunkt: Bostaph knüppelt herrlich drauflos, lässt es jedoch an Lombardos charakteristischen Fills und dessen Swing vermissen. Dass die Platte zwischen "Take Control" und "Implode" vom Gas geht, mag dramaturgisch gewollt sein, dadurch tritt das eindimensionale Spiel Bostaphs keine Türen mehr ein, sondern als Langeweile-Faktor in den Vordergrund. Danach laufen "Implode" und "Atrocity Vendor" gepflegt Amok, bevor das unspektakuläre, auf öden New Metal-Riffs rumreitende "Pride In Prejudice" den Reigen beschließt.

Dennoch legt Kerry King nebst Rumpfmannschaft ein gutklassiges 'Soloalbum' vor, sorgt für eine Handvoll künftiger Livegranaten und lässt die Herzen seiner Anhänger zum Wohle des Bruttowelthasses hochschlagen. Auch die Wortneuschöpfung 'Repentless' könnte künftig Schule machen. Für die Geschichtsbücher sind jedoch andere Platten bestimmt.

Trackliste

  1. 1. Delusions Of Saviour
  2. 2. Repentless
  3. 3. Take Control
  4. 4. Vices
  5. 5. Cast The First Stone
  6. 6. When The Stillness Comes
  7. 7. Chasing Death
  8. 8. Implode
  9. 9. Piano Wire
  10. 10. Atrocity Vendor
  11. 11. You Against You
  12. 12. Pride In Prejudice

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23 Kommentare mit 31 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Die 4 Preview-Songs waren eigentlich ganz gut. Ich begrüße diese Midtemposongs wie zu "Seasons..."- Zeiten. Mal schauen. Aber eins ist am 11.September Fakt: GOD LISTENS TO SLAYER! ;)

    • Vor 9 Jahren

      Hab mir grade so auf die Schnelle den Titeltrack gegeben. Ich finde so motiviert und wach hat Araya schon lange nicht mehr geklungen. Gefällt! Klar, die Drums klingen etwas zu maschinell und leblos, aber Lombardo zu ersetzen ist nun mal fast nicht möglich. Bin aber sehr gespannt auf den Rest des Albums.

    • Vor 9 Jahren

      nach "repentless" hat ich auch nen fettes grinsen auf allen vier backen,dass teil ist purer abriss.
      die folgenden songs können an dieses level halt leider nicht anknüpfen,mir persönlich zuviel midtempo, so das sie lediglich nur als "gut" zu bezeichnen sind.
      der herr vogel hat es eigentlich ziemlich treffend in seiner kritik ausgedrückt, ist sicherlich ein gutes album aber mehr als 3 punkte würd ich dafür jetzt auch nicht geben.

  • Vor 9 Jahren

    Naja. Wie Metallica und Fear Factory eine Gruppe, die schon längst von Vertretern des Genres überholt wurde, das sie geprägt hat. Das neue Zeug geht gut ab, mehr aber auch nicht.

    • Vor 9 Jahren

      in sachen thrash behaupte ich jetzt mal tollkühn, kenn ich mich eigentlich ganz gut aus.
      stimmt zwar schon,dass da einiges an guten bands nachgekommen ist,kann mich aber an wirklich kein album erinnern, welches slayers "reign in blood" in all den jahren seit erscheinen das wasser reichen könnte.
      das ist einfach 29 min. und 3 sek. perfekt auf den punkt gebrachte bösartigkeit und aggression,da gibts keine aussetzer, jeder song ist ein schlag in die fresse, besser gehts einfach nicht.
      in dem sinne : slaaaaaaaaaaaaaayyeeeeeeeeeeeerrrr !!!!!!!

    • Vor 9 Jahren

      Damit ist alles Notwendige gesagt.

    • Vor 9 Jahren

      Ich finde es interessant, dass der profillose Hurensohn, der derHerrvonWelt für gewöhnlich ist, sich hier ganz offen outet ein Anhänger der langhaarigen Filzmongos zu sein. :)

    • Vor 9 Jahren

      "das ist einfach 29 min. und 3 sek. perfekt auf den punkt gebrachte bösartigkeit und aggression,da gibts keine aussetzer, jeder song ist ein schlag in die fresse, besser gehts einfach nicht."

      Ach, komm. Ohne dich bzw. deine Meinung herabsetzen zu wollen, muss ich sagen: Das obige Statement (mit Ausnahme der Zeitangabe vermutlich) trifft auf mehr als nur ein Album in der Geschichte der harten Mucke zu. Ich würde zum Beispiel dieselbe Aussage über Carnivore oder frühe Voivod machen.

      ußerdem: Reign in Blood ist ja frühe Slayer. Meine Aussage war auf ihren heutigen Status bezogen. ;-)

    • Vor 9 Jahren

      ist eigentlich kein geheimnis, aufgrund deiner defizitären auffassungsgabe aber auch kein wunder,dass du es mal wieder als letzter schnallst ;-)

    • Vor 9 Jahren

      Klingt halt immer so, als müsste eine Band aufhören, Musik zu machen, wenn sie älter wird. Man muss auch nicht alles an den bandeigenen Klassikern messen. Geht mir bei Metallica mittlerweile ähnlich auf den Sack, dass die halbe Welt alles besser weiß als die Band selbst. Und ich bin nicht mal Metallica-Fan. "Repentless" ist sicherlich kein neuer Klassiker, trotzdem aber 'n ziemlich guter Brecher, der sich nicht verstecken muss.

    • Vor 9 Jahren

      Ging übrigens an den spätzlemalte, catch hat sich dazwischen geschlichen.
      Zu catch:
      Das du dich auf die jüngeren alben beziehst, konnte ich deiner aussage so nicht entnehmen, stimme ich dir allerdings zu,da macht auch leider das neuste werk keine ausnahme.solide 3 sterne eben.

    • Vor 9 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 9 Jahren

      Von welchen Vertretern sind sie überholt worden? Machine Head? Wer noch?

    • Vor 9 Jahren

      im welchem paralleluniversum soll das denn passiert sein ?

    • Vor 9 Jahren

      Testament sind schon ziemlich geil drauf. Und Exodus' letztes Album war auch nicht ohne. Aber überholt? Nä. Sind alle auf ihre Weise noch ziemlich gut :)

  • Vor 9 Jahren

    Es ärgert mich immer wieder aufs neue, wie viele sich die Mäuler darüber zerreisen, dass das Album aufgrund des Todes von Jeff und dem Ausstieg von Dave niemals an die älteren Platten herankommen kann. Wenn man so engstirnig und mit solch einem Handycap an das Werk herangeht und immer an Reign in Blood und co denkt, kann ja keine anständige Rezension dabei rauskommen, da von Anfang an keine wirkliche Chance gelassen wird. Dann kommt noch die Gruppe von Leuten dazu, die das Album nur zum Teil oder garnicht gehört haben und geben somit unberechtigt ihren gammligen Senf dazu und schwupp entspricht eine Rezension, bzw. Bewertung nicht mehr den Tatsachen. Dass aber Megaknaller wie You Against You, Chasing Death, Vices oder das neu aufgenommene WPB Überbleibsel Atrocity Vendor mit Bostaph viel geiler klingt als auf WPB selbst, übersehen anscheinend viele der Typen, die Slayer tot reden. Für meinen Geschmack bietet das neue Album ein fieses Riff nach dem anderen, es geht direkt ins Ohr und alles ist stimmig. Ich wage sogar zu behaupten dass Repentless das kompromissloseste Album seid Reign in Blood ist. Dass Musik immer Geschmacksache ist stimmt, man kann einem aber auch den Geschmack fälschlicherweise versalzen und das wird hier viel zu oft gemacht. Slayer können es immer noch, wer was anderes behauptet lügt!

  • Vor 9 Jahren

    Saubere Slayer-wie-immer-Kost. Es ist ok, wobei ich noch nie der große Slayerfan war. Allerdings mit "Repentless" haben die, aus meiner Sicht, wieder sehr, sehr guten Song zum Wände zertrümmern (:D) geschrieben. Chapeau!