laut.de-Kritik
So hungrig klang der Doggfather seit 1993 nicht.
Review von Stefan JohannesbergNach Jahren der Sklavenarbeit für Suge Knight und Master P droppt die bekannteste Hundeschnauze im Rap endlich ihr erstes, unabhängiges Soloalbum. Die James Brown-Gedächtniszeile "Paid The Cost To Be Da Boss" kündigt es schon an: die Zeit der Zurückhaltung ist vorbei. Vor gut einem Jahrzehnt als junger Snoop Doggy Dogg gestartet, hat sich der Westcoast-Emcee zum mächtigen Big Snoop gemausert: "Ich fühle mich momentan als Boss der Industrie. It's gonna be real official like a referee with a whistle. Better yet, like a gangsta with a pistol, so be on the lookout for Big Snoop Dogg."
Das neu gewonnene Selbstbewusstsein trug bereits im Vorfeld der Platte leckere Früchte. Der im Oktober veröffentlichte Diss-Track "Pimp Slapped" gibt einem gewissen Tha Row-Obergangster Saures. Im Gegensatz zu Kollege Xzibit ("I'm not Xzibit, you can't pull my hoe card") weicht Snoop der Konfrontation mit dem gefährlichen Suge Knight nicht aus, sondern schlägt ihn mit seinen Raps vernichtend. So hungrig klang der Doggfather seit 1993 nicht mehr.
Als ein weiteres Indiz für Snoops Unabhängigkeit darf der (freiwillige) Verzicht auf seinen Mentor und Starproduzent Dr. Dre gewertet werden. Schon auf dem "Doggy Style-Allstars"-Werk deutete sich der Produzentenwandel an, den man auch bei "Paid Tha Coast..." sofort erkennt. Anstatt des Doktors sitzen heuer die Neptunes, Hi-Tek, DJ Premier, Just Blaze sowie die unbekannteren Jelly Roll und Fredwreck hinter den Reglern. Leider lassen ihn die genannten Beatmaker überraschend oft im Stich und unterwandern unbewusst den lyrischen und flowtechnischen Fortschritt des Doggs.
DJ Premier zum Beispiel steckt weiterhin tief in der kreativen Krise, wie das lustlose "The One And Only" verdeutlicht. Selbst seine innovative Idee bei "Batman And Robin" verpufft leider kläglich. Kein Wunder also, dass ein neues Gang Starr-Album noch immer auf sich warten lässt. Ähnliches gilt auch für das poppig-klebrige "I Believe In You" und das flache "I Miss That Bitch" von Hi-Tek, der auf den "Doggy Style Allstars" noch so überzeugte. Eine Reunion mit Talib Kweli könnte da helfen.
Als wirklich rundum gute Anspieltipps sind zum einen die beiden Neptunes-Produktionen "From Tha Chuuucch To Da Place" und "Beautiful" zu nennen, die eine perfekte Untermalung für Snoops Flow kreieren, und zum anderen das smoothe "Ballin'", auf dem The Dramatics dem Doggfather die Show stehlen. Des weitern genügen nur noch das angesprochene "Pimp Slapped" und "Paper'd Up" höheren Ansprüchen. Der Rest quält sich trotz Snoops Skillz durchs Mittelmaß. Schade, denn die Westcoast bräuchte mal wieder eine überregionale Identifikationsfigur. Dazu müsste Big Snoop jedoch mal einen echten Klassiker an den Start bringen. So bleibt er vorerst nur der Boss seines Unternehmens.
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