laut.de-Kritik
Arschglatte Produktion, massenweise Mitsummmelodien, solide Hooks.
Review von Adrian MeyerWer in den letzten Wochen auf eBay nach einem iPhone 4 gesucht hat, der ist eventuell auch über das Gebot von 471 Euro für eine iPhone 4 OriginalVERPACKUNG gestolpert. Nicht wenige Markenhuren fielen tatsächlich darauf hinein und ließen sich von der Hülle täuschen. Leider kaufte man dabei nichts anderes als von Karton umrahmte Luft. Ätsch!
Die Ähnlichkeit mit dem neusten Produkt von Someone Still Loves You Boris Yelzin (Geil! Geiler Name, her mit dem Teil! Muss kaufen!!!) ist frappant: Die Band feilscht momentan mit "Let It Sway" um Kundengebote und liefert dabei wenig mehr als der nach Karton riechende leere Innenraum einer Handyverpackung. Vielleicht ist das gar krass formuliert. Dennoch machen SSLYBY auf ihrer neusten Drehscheibe vor allem eines: Sie langweilen.
"Back in the Saddle" beginnt mit leisen Pianoklängen und ebensolchem Gesang und liefert nach einem Break tiptoppen Feel-Good-Gitarrenpop, der Anfang Sommer (so es denn je einen gab) bestens zu dem Moment gepasst hätte, in dem man sein Holzfällersteak auf den Grill schmiss und eine Flasche Bier köpfte. Gleich darauffolgend hat "Sink/Let It Sway" die Melodie, die man an einem Sonnentag für eine Fahrradtour dem blitzenden See entlang benötigt.
Eigentlich haben die Jungs ja gar nichts falsch gemacht. Arschglatte Produktion (durch Chris Walla himself), massenweise Mitsummmelodien, solide Hooks. Dennoch reagieren die Synapsen kaum, es regt sich wenig im Gefühlszentrum. Nach zwei, drei Songs, die eben doch nur immer dem gleichen, vorgegeben Rezept der Gefälligkeit folgen, stellt sich fast schon zwangsweise ein Gefühl der Unlust ein.
"My Terrible Personality" wechselt zum ersten Mal ein wenig das Tempo, doch lassen einem Zeilen à la "It’s gotta hurt to see somebody dumb like me" genauso kalt wie es nicht wirklich interessiert, wer die besungene "Everlyn" nun wohl ist. Einen Tick zu vage und dadurch nichtssagende Lyrics lässt die Band allzu gesichtslos erscheinen.
Was fehlt dieser Platte nun also, um ein ordentliches Indie-Pop-Werk abzugeben? Dieser Band mangelt es an Spannung, es fehlt das in-den-Arsch-treten oder nur schon das bisschen Dreck unter den Fingernägeln. Zu glatt, zu nett und, naja, zu normiert auf eine 14.2 x 12.5 cm CD-Verpackung ist "Let It Sway" geraten – wie die Hülle abertausender anderer Bands, nur mit einem etwas originelleren, effekthaschenden Stempel.
Einzig "All Hail Dracula!" und "Critical Drain" preschen ein wenig mehr nach vorne, fügen sich in ihrer Uniformität dennoch nahtlos in die Ränge der sich immerzu ähnelnden Songs ein.
Die Frage nach dem Sinn einer Existenz SSLYBYs stellte sich ja bereits beim Vorgänger Pershing. Ein wenig Selbstzweifel hat sich nun wohl auch innerhalb der Band eingeschlichen.
"But is that all that we’ve said here?" fragen SSLYBY nämlich auf "Critical Drain". So Leid es einem auch tut, beim neunten von zwölf Tracks ist ein klares "ja" als Antwort mehr als überfällig.
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