laut.de-Kritik

Nachdenklich, selbstkritisch, und doch kämpferisch.

Review von

"Break The Cycle" war das Album, mit dem Staind der große Wurf gelang, der sie wohl nicht nur in meinem Kopf auf ewige Zeiten festgesetzt hat. Das Album war ein Beispiel dafür, wie man die komplette Emotionsskala in Worte und Musik fassen kann und verkaufte sich zurecht wie warme Semmeln. Der Nachfolger "14 Shades Of Grey" orientierte sich noch mehr an leisen Tönen, und auch "Chapter V" setzt diesen Weg konsequent fort.

Auch wenn "It's Been A While" mehr oder minder zu Tode gedudelt wurde, ist mir bis heute kaum ein anderer Text untergekommen, der die Gefühle aus Trauer, Wut und Selbstzweifel, Unsicherheit und Selbsthass nach dem Ende einer verkorksten Beziehung besser beschreibt als eben dieser. Aaron Lewis scheint den Menschen immer wieder aus tiefster Seele zu sprechen und den Finger direkt in die Wunde zu legen. Dabei ist der Kerl inzwischen doch glücklich verheiratet und hat zwei Kinder.

Wie gesagt ist auch "Chapter V" eher ein Album für die ruhigen, besinnlichen Stunden geworden. Staind präsentieren sich nachdenklich, selbstkritisch, doch kämpferisch und - man will es kaum glauben - auch mal positiv. "Runaway" und "Reply" bilden mit ihrem rockigen Grundton so etwas wie den Rahmen, in den die meist balladeskeren Songs eingebettet sind. Doch deswegen vergessen die Jungs natürlich nicht, was ne Stromgitarre so alles kann.

"Paper Jesus" packt diese nämlich nicht zu knapp aus, und auch "Falling" rockt ganz ordentlich vor sich hin. "Cross To Bear" beginnt nicht nur mit dem allerübelsten 08/15 Nu Metal-Riff der Geschichte, sondern überzeugt auch in den restlichen dreieinhalb Minuten nicht richtig. Dafür setzt "King Of All Excuses" die Riffs wieder richtig ein. Staind haben das also nicht verlernt, es ist einfach nur noch bedingt der passende Weg, den Gefühlsleben von Sänger Aaron einen Ausdruck zu geben.

Dafür sind ruhige Sachen wie "Right Here", das wundervolle "Schizophrenic Conversation", "Devil" und das für meinen Geschmack mit einer etwas zu simplen Gesangsmelodie ausgestattete "Everything Changes" genau das richtige Stilmittel. Trotz allem sind es aber das emotional treibende "Please" und das anschließende "Take This", die mir seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf gehen.

An ihren durchschlagenden Erfolg von "Break The Cycle" werden Staind mit "Chapter V" mit Sicherheit nicht anknüpfen können, aber es sollte mich doch sehr wundern, wenn man die eine oder andere Single nicht wochenlang auf den wenigen übrig gebliebenen Musiksendungen auf MTVIVA hören wird.

Trackliste

  1. 1. Run Away
  2. 2. Right Here
  3. 3. Paper Jesus
  4. 4. Schizophrenic Conversations
  5. 5. Falling
  6. 6. Cross To Bear
  7. 7. Devil
  8. 8. Please
  9. 9. Everything Changes
  10. 10. Trippy
  11. 11. King Of All Excuses
  12. 12. Reply

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