laut.de-Kritik
29 Abschiedstracks vor der Emigration nach Australien.
Review von Simon LangemannDer gewohnt originelle Albumtitel "Suff Sells" resultiert laut Suff Daddys Berichten mal wieder aus einer Bierlaune. Über zwei Jahre nach seinem letzten Studio-Release meldet sich der gebürtige Düsseldorfer mit 29 Tracks zurück, die Gesamtlaufzeit von 67 Minuten zwingt im Vinyl-Format sogar zur Veröffentlichung eines Doppelalbums.
"Suff Daddy liebt seinen Gin, sein Gras und seinen Microkorg", weiß der kundige Verfasser des Promotextes. "In der Hinsicht ist auf 'Suff Sells' alles beim Alten" - das lässt sich zu wesentlichem Anteil auch auf den Sound übertragen. Doch auf dem soliden Grundstein der bewährten Mittel ließ sich der Wahlberliner genügend Zeit und Spielraum für die mal gefürchtete, mal erhoffte musikalische Weiterentwicklung.
Natürlich bauen die Instrumentals immer noch überwiegend auf satte Beats mit Boom-/Bap-Kontrast und unschlagbarer Kopfnick-Tauglichkeit auf. Alles andere wäre beim Oldschool-Liebhaber Suff Daddy auch schwer verwunderlich. Im Plausch mit Mixery Raw Deluxe stellt er aber völlig zurecht fest: "Komplett Neunziger-Hängengeblieben ist ja auch voll langweilig."
Und so stellen Samples zwar weiterhin einen wichtigen Bestandteil dar, haben im Vergleich zu vorherigen Releases aber deutlich an Prominenz verloren - zugunsten von mit Synthesizer eingespielten Melodien und Harmonien. Dabei verdankt man die erfrischend spontane Keyboard-Spielweise zwischen beschwipster Trägheit und jazzig lebhaftem Improvisationscharakter allein Suff Daddys Faulheit. Zumeist habe er es beim ersten oder zweiten Take belassen, anstatt nachträglich an den aufwändigen MIDI-Files herumzufrickeln.
Der hinlänglich bewiesenen Tatsache, dass sich bei instrumentalem Hip Hop viel schneller Langeweile einschleicht als bei Rap-Songs, wirkt Suff Daddy entgegen, indem er seine Beats auf das Wesentliche beschränkt: Sobald musikalisch alle Würfel gefallen sind, geht es mit dem nächsten kurzen und knackigen Stück weiter.
Dabei drängen sich aus dem überzeugenden Gesamtbild nur wenige Nummern in den Vordergrund. Von partytauglichem Material wie "Make It Drip", dem treibenden "Suff Disco" oder dem vielschichtigen "Supersilverhaze" bis hin zu seltsam düsteren Beats wie "Bad Night Out" beherrscht der Beatbauer immer noch alle Stimmungen. Angenehm laid back geht es beispielsweise bei "Drinks" oder dem Blues-Gitarren-lastigen "Pattern Select" zu.
Auch die sechs Gastfeatures scheinen im Studio großen Spaß bereitet zu haben. Und dennoch erscheint es angesichts von Suff Daddys instrumentaler Gestaltungskraft völlig logisch, nur zwei Rap-Tracks auf die Platte zu nehmen. "Twisted" avanciert mit wummernder Bassline, verschwommenem Klangbild und Vertual Vertigos kraftvollem Flow zum Höhepunkt, Phat Kat und Elzhi ("Det2bln") erweisen sich ebenso als Glücksgriffe.
Die nahe Zukunft hält für Suff Daddy einen bedeutsamen Einschnitt bereit: Gemeinsam mit seiner Freundin wird er nach Australien auswandern und dort für mehrere Jahre verweilen. Doch die Umsiedlung um die halbe Weltkugel bedeutet mitnichten das Ende seines musikalischen Schaffens. Sein Label kündigt sogar an, er werde "die Sache mit den Beats von Down Under aus aufs nächste Level bringen".
Einen würdigen vorläufigen Abschied beschert sich der Trunkenbold mit dieser Platte jedenfalls allemal - quantitativ wie qualitativ. "Suff Sells" ist ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass Melting Pot Music seinen Schützling völlig zurecht an der "Speerspitze der neuen deutschen Beatproduzentenszene" einordnet.
13 Kommentare
Der Hammer! Die Vinyl rollt hier schon!
Lautuser, hast Du denn IRGENDEIN Release von ihm original auf Scheibe?
Dacht ich mir...
Zum Thema Suff Daddy: Fast jedes Release ist ein Volltreffer, kann Dir zB die "Gín Diaries" oder den "Hi-Hat-Club" wärmstens ans Herz legen. Dieses Release habe ich bisher nur bei iTunes n bissl durchgeskippt, kann also nicht wirklich was sagen, hört sich aber auf den ersten Blick sehr gut an. Auf die Meinung von lauti was Mucke angeht darfst Du sowieso nix geben, der hat null Plan, außer man redet von so Dreck wie jan Delay oÄ.
4 von 6 Kronen von der Juice.
Album des Monats wurde El-P mit "C4C", Death Grips bekam 5, BOZ 3, PA Sports 4, Nicky Minaj 3, Alpa 4, Dexter und Morlock war Album des Monats bei "Home Grown". Battle of the ear gaben sich De La Soul.
Suff Daddy muss ich noch reinhören, das Intro klingt gut. Aber steh mehr auf Hudson Mohawke, Rustie oder Clams Casino bei den Instrumental Sachen. Soulige Beats sind mir zu trocken, die brauchen Mnm Rap um sich richtig zu entfalten.
danke für die empfehlung, das album ist auf jedenfall sehr gut hörbar .
nach einer kleinen youtube-durchhör-runde gefallen mir einige alte teile allerdings besser. trotzdem 4/5 von mir.