laut.de-Kritik
Eine musikalische Zeitreise, die mehr verspricht als sie hält.
Review von Robin KirkerDas verheiratete Duo The Courettes präsentiert mit seinem neuen Album "The Soul Of... The Fabulous Courettes" 13 Tracks, die mit einem charmanten nostalgischen Flair aufwarten. Das Album lädt nicht unbedingt dazu ein, in gespannter Erwartung auf den nächsten Titel zu warten – es ist eher wie ein gemütlicher Abend mit alten Freunden, bei dem man sich entspannt zurücklehnt und die vertrauten Klänge genießt.
Wer die Band schon länger verfolgt, erkennt schnell: Die nostalgische Verliebtheit der Courettes ist unverkennbar. Ihre Musik ist durchzogen von einem tiefen Hang zur Vergangenheit, als ob sie in einer anderen Ära verwurzelt wären. Dies wird besonders deutlich in ihrer konsequenten Rückbesinnung auf Retro-Klänge, die stark von den 60er-Jahren beeinflusst sind. Oft entsteht der Eindruck, als ob die Band in dieser Zeit gefangen ist, unfähig, den Schritt in eine zeitgemäßere musikalische Welt zu wagen. Obwohl The Courettes diese nostalgischen Sounds mit Garage-Rock-Elementen vermischen, bleibt das Ergebnis oft hinter den Erwartungen zurück. Statt eine innovative Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu schlagen, wirkt die Mischung oft wie ein uninspirierter Versuch, Altbewährtes aufzugreifen, ohne dabei wirklich Neues zu schaffen.
"Better Without You" ist zwar ein cleverer, eingängiger Track, der das beliebte Thema der Unabhängigkeit und Selbstbestimmung aufgreift – ganz im Sinne von: "Ich, als Frau, brauche dich, egal ob Mann, Frau oder Divers, nicht." Auf den ersten Blick wirkt er wie eine selbstbewusste und kraftvolle Aussage, doch ob er tatsächlich als moderne Hymne für die Emanzipation von Frauen gelten kann, ist fraglich. Zwar bedient er sich einer rebellischen Attitüde und einem energiegeladenen Sound, doch die Tiefe und emotionale Authentizität, die solche Hymnen oft auszeichnet, bleibt aus. Musikalisch bewegt sich der Song zwischen dem nostalgischen Charme vergangener musikalischer Epochen und der rohen Energie zeitgenössischer Rockmusik. Doch gerade diese Mischung gelingt nicht immer. Statt zu berühren oder tiefere Gefühle auszulösen, bleibt "Better Without You" emotional auf der Strecke. Der Text lässt uns zwar wissen, dass es um das Ende einer Beziehung geht, doch diese Thematik wird mehr durch die Worte als durch die Musik transportiert. Es fehlt der emotionale Funke, der die Trennung spürbar macht. Die Melodie und die musikalische Umsetzung wirken zu glatt und distanziert, um echte Empathie oder Verbundenheit bei den ZuhörerInnen auszulösen.
Die Songs sind zwar sehr persönlich, doch die Emotionen bleiben größtenteils an der Oberfläche. Beide Bandmitglieder haben ihre Väter verloren, Flavia ihren Vater an COVID. In "Don't Want You Back" und "Keep Dancing" setzt sie sich mit der schwierigen Beziehung zu ihrem Vater und seinem Einfluss auf ihr Leben auseinander. Mit den Worten "Ich will dich nicht zurück. Ich bin froh, dass du weg bist, für immer weg." leitet sie den düsteren und schmerzvollen Teil dieser Geschichte ein. Obwohl der Text von tiefer Melancholie durchzogen ist, wird er von einer mitreißenden Melodie getragen, die dem Song einen unerwartet positiven Klang verleiht. Besonders bei Live-Auftritten bekommt der Track eine andere Dimension: Flavia springt schweißüberströmt mit ihrer E-Gitarre über die Bühne, zieht Grimassen und verleiht der Performance eine kraftvolle Energie.
Ihre Aussage in der Pressemitteilung – "Das Leben ist so zerbrechlich, aber was soll man tun? Ich tanze lieber." – klingt zunächst nach tiefgründiger Lebensphilosophie. Doch sie könnte ebenso als Versuch gesehen werden, den realen Problemen des Lebens auszuweichen und sie mit scheinbarer Leichtigkeit zu überspielen.
Einen starken Kontrast zu den vorherigen Songs bildet "Run Run Runaway". Obwohl der Titel vielleicht ein Davonlaufen andeutet, thematisiert der Song das genaue Gegenteil. Flavia fordert dazu auf, nicht vor Problemen zu flüchten: "Laufe nicht davon, sieh den Problemen ins Gesicht. Das ist der erste Schritt.", heißt es eindringlich am Ende des Tracks. Musikalisch kommen hier vor allem Liebhaber von Bands wie The Dixie Cups, Martha & The Vandellas oder The Marvelettes auf ihre Kosten. Besonders herausragend ist das Feature von La La Brooks, der legendären Sängerin der Girlgroup The Crystals. Dolores 'La La' Brooks, geboren am 20. Juni 1947, war die zweite Sängerin der Gruppe und ist unter anderem bekannt für die Hits "Then He Kissed Me" und "Da Doo Ron Ron". Sie verleiht "Run Run Runaway" und "California" eine nostalgische, aber zugleich kraftvolle Note.
"Keep Dancing" weckt Erinnerungen an Klassiker wie "Strawberry Switchblade" von Dance, "Belle and Sebastian" aus Lazy Line Painter Jane, Vanessa Paradis' "Be My Baby" und sogar "In My Life" von den Beatles. Obwohl der Stil im Laufe des Tracks variiert, bleibt die Melodie beständig und greift auf vertraute Klangwelten zurück. Besonders deutlich zeigt sich die Inspiration durch Phil Spectors berühmte Wall of Sound. Trotz dieser nostalgischen Einflüsse animiert "Keep Dancing" die HörerInnen zum Mitwippen – und genau das ist schließlich das Wesentliche, oder?
"For Your Love", der letzte Song des Albums, präsentiert sich als überraschend berührende Ballade, die auf den ersten Blick fast schon kitschig wirkt, aber dennoch in ihrer emotionalen Tiefe überzeugt. Martin und Flavia Couri liefern hier ein Duett ab, das an die romantische Intensität von Greases "Hopelessly Devoted" erinnert. Ihre Stimmen verschmelzen dabei so harmonisch, dass man die Liebe, die sie füreinander empfinden, förmlich durch die Lautsprecher spüren kann – eine seltene, fast greifbare Intimität, die den Hörer direkt in den Bann zieht. Anders als bei den übrigen Tracks des Albums, die oft eher distanziert oder emotional zurückhaltend wirken, baut "For Your Love" eine echte Verbindung auf. Man spürt förmlich, wie das Duo in diesem Song nicht nur ihre musikalische, sondern auch ihre persönliche Beziehung feiert. Diese Authentizität hebt den Track deutlich von den anderen Stücken ab und verleiht dem Album einen überraschend starken Abschluss, der sowohl nostalgisch als auch kraftvoll in Erinnerung bleibt.
Das Album folgt dem bewährten Stil, den man von The Courettes kennt. Sie bleiben ihren Wurzeln treu und verweigern sich dem kommerziellen Mainstream, der weite Teile des Pop-Genres und zunehmend auch Rock und Alternative beeinflusst. Doch trotz dieser Authentizität wirkt das Album oft wie ein Déjà-vu – viele Melodien wecken Erinnerungen an vergangene Zeiten, ohne jedoch wirklich Neues zu bieten. Es ist, als ob man musikalische Fragmente aus früheren Epochen wieder ins Gedächtnis ruft, die längst vergangen schienen.
Zusammenfassend bleibt "The Soul Of...The Fabulous Courettes" zwar der Retro-Ästhetik treu, die den Charme der Band ausmacht, setzt jedoch keine frische Akzente. Die Songs klingen stark nach einer Hommage an vergangene musikalische Epochen, was für Liebhaber nostalgischer Klänge reizvoll sein mag. Doch echte Innovation, die das Album von anderen abheben könnte, bleibt aus. Auch wenn emotionale Tiefe thematisch angestrebt wird, bleibt sie oft oberflächlich und berührt die HörerInnen nicht nachhaltig. Trotz einiger eingängiger Melodien und Highlights wie "For Your Love" fehlt dem Album das gewisse Etwas, das es unvergesslich machen würde. Am Ende sind es jedoch die mitreißenden Live-Performances von Flavia und Martin, die alles, was musikalisch vielleicht ungenutzt bleibt, wieder aufleben lassen und das Erlebnis abrunden.
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