laut.de-Kritik
Kunstapologeten mit Hang zur Genauigkeit.
Review von Yan Vogel"Die Wahrheit liegt auf dem Platz", sagte einst Otto Rehhagel, norddeutsche und griechische Fußballlehrerikone. Die Wahrheit ist irgendwo da draußen, so einst Fox Mulder, Geheimagent und Verschwörungstheoretiker in einer bekannten TV-Serie. Nichts als die Wahrheit postuliert das Artrock-Viergestirn von The Pineapple Thief - live um Gitarrist George Marios zum Quintett ergänzt. Und der hat neben einzelnen Solospots eine Menge zu tun.
Die auf Platte bisweilen üppigen Arrangements lassen den Musikern viel Raum zur Umsetzung des Tongeschehens in anderen Kontexten. Bei "Demons" etwa, dieser bedächtig-betörenden Komposition, die auch ein Steven Wilson nicht besser hinbekäme, laufen die in der Studioversion orientalisch geschmückten Streicherläufe über die Saitenhälse der beiden Gitarristen. Bei den Soli agiert Marios als Sidekick konventioneller und Soord deutlich experimenteller.
Eine Wahrheit zur Reise, die die Gruppe im Herbst 2021 quer durch Europa führt, lautet: Der passende Konzertfilm zur Tour kommt in die Läden, bevor die Konzertreihe überhaupt beendet ist. Corona machts möglich: Den Streaming-Event bereitet die Band als Film auf und nimmt dafür die Dienste von Regisseur George Laycock in Anspruch. Die Band wollte keinen klassischen Konzertfilm, sondern die Besonderheit dieses einmaligen Events herausstellen. Joe Bonamassa etwa ließ Papp-Attrappen aufstellen, The Pineapple Thief sorgen für ein bedächtiges Ambiente mit unterschiedlicher Ausleuchtung und Positionierung der beteiligten Musiker im Raum.
Die Engländer sind Kunstapologeten mit einem Hang zur Genauigkeit. Ein wenig kantiger gibt sich das Klangbild, insbesondere durch die vielseitig gestreuten Backings, die zum größten Teil der Kehle von Bassist John Sykes entstammen. Er doppelt Soord nicht nur in prägnanten Refrain-Passagen, sondern häufig auch in der Strophe. Spielerisch ist kein Makel festzustellen, und selbst wenn die Band selten von den Studio-Versionen abweicht, gelingt die Live-Umsetzung deutlich dynamischer.
Im Programm steuert die Band zwar bestimmte Punkte ihrer Karriere an, dennoch dominieren Songs der vergangenen drei Alben die Tracklist. Dabei ergänzen sich alt und neu formidabel, wie der Ruhepol in Mitte des Sets mit "Driving Like Maniacs" ("Versions Of The Truth") und "Someone Pull Me Out Of Here" ("All The Wars") zeigt.
Die beiden Vorgänger von "Versions Of The Truth", "Your Wilderness" und "Dissolution", sind prominent und zahlreich vertreten. Der Longtrack "The Final Thing On My Mind" mit seinen vielen Schichten in Sachen Sound und Songwriting eignet sich perfekt, um den Abend ausklingen zu lassen. In die derbe Kerbe schlägt "White Mist", das den Härtegrad schön dynamisch steigert, bevor der Song in einem furiosen Drumbreak gipfelt.
Die Prominenz von Gavin Harrison tut der Formation gleich auf mehreren Ebene gut: In erster Linie als Meister der metrischen Maskierung, der die Gruppe nah an die Champions League-Plätze herangeführt hat. Er nimmt Druck von Bruce Soords schmalen Schultern, sowohl was das Songwriting aber auch die Außendarstellung angeht. Der geweitete Blick auf das Bandgefüge zeigt zudem, welche wichtigen Positionen Bassist und Backing-Vocalist John Sykes und Keyboarde Steve Kitch ausüben. Beide agieren als Rückhalt: Sykes als Aktivposten und Kitch als Fels in der Brandung.
2 Kommentare
das Album Nothing butt the fart erinnert mich stark an den smelly beaver.
die tracks sind solide besonders gefallen mir Versions of the fart, Warm Farts, Build a Fart, Uncovering your farts, fart it all White Fart und Fart Below - the Smell ist auch ganz gut
Schöne, in sich runde und doch komplexe Lieder ohne überflüssiges Artrock-Gefrickel, auch in den ruhigen Passagen durchaus dynamisch, klasse sound und optisch okay umgesetzt, was will man mehr. Kannte sie vorher nicht, schätze aber, dass diese Scheibe das ist, was man so braucht...