laut.de-Kritik
Erdig, trocken und warm.
Review von Mathias MöllerMit den Teilen drei und vier ihres "Alchemy Index" schließt Thrice ihren Zyklus ab, der sich in vier EPs mit den vier wichtigsten Elementen der mittelalterlichen Alchemie beschäftigt: Feuer, Wasser, Luft und Erde. Die letzten beiden sind folglich Namensgeber für die beiden letzten EPs, die zusammen veröffentlicht werden. Und wie bei den ersten beiden Kleinformaten entsprechen Musik und Texte den Elementen.
Und doch überrascht der Opener "Broken Lungs", ist er doch nicht leicht und luftig. Anfänglich braut sich ein Sturm zusammen. Mühselig unterdrückte Dringlichkeit verdichtet sich zu einem Ausbruch während des Refrains. Das Lied verarbeitet offensichtlich die Geschehnisse des elften September: "We want justice, we want the truth", fordert Sänger Dustin Kensrue, der es mittlerweile meisterlich versteht, seine Stimme einzusetzen. Auch musikalisch gehen Thrice in die Vollen: Die Spannungsbögen sind zum Zerreißen aufgezogen, zwischen harten, verzerrten Gitarren ist immer noch Platz für die Ruhe im Auge des Sturms.
"The Sky Is Falling" setzt sich mit den Folgen von 9/11 auseinander, ein fast schon hektisches Schlagzeugspiel untermalt den eindringlichen Gesang Kensrues und seine Warnung "It's coming down, it's coming down". Die liebliche Ballade "A Song For Milly Michaelson" erinnert mit seiner spärlichen Instrumentierung (in der Hauptsache eine halbakustische Gitarre) in seiner Zartheit an die besten Werke der Pumpkins. In der Folge greifen sie mit dem Daedalus-Mythos noch einmal jene Geschichte auf, die schon das Thema in "The Melting Point Of Wax" auf "The Artist In The Ambulance" war.
So kraftvoll Daedalus durch den Mund Kensrues auch klingt, am Ende muss er immer scheitern, den Traum vom Fliegen genommen und den Sohn verloren. Das längste Stück bietet gleichzeitig den intensiven Höhepunkt in der ersten Hälfte. Was zuerst wirkt wie ein schlechter Scherz auf die Anfangszeile von "In The Ghetto", entpuppt sich als zerbrechliche, aber wunderschöne und atmosphärische Akustiknummer. Im kurzen "Silver Wings" singt Kensrue zum Abschluss - auch das kennt der Hörer schon von den ersten beiden EPs - aus der Sicht des Elements. Und wundert sich als Luft, dass sie mehr verflucht als gepriesen wird.
Wer im zweiten Abschnitt "Earth" die alten, hart rockenden Thrice erwartet, wird erneut überrascht. Erdig, trocken und warm präsentiert sich das Quartett. So kennt man die Band wirklich noch nicht. Mit Akustikgitarren, zurückhaltender Percussion und Klavier. Der Gesang dominiert. Letzten Endes ganz genau so, wie auf Kensrues letztjährigem Solodebüt "Please Come Home", nur mit einer deutlich düsteren Note. "Digging My Own Grave" wirkt mit der gerührten Snare und den reuvollen Vocals wie eine traurige Bluesnummer aus einem Keller Chicagos.
"The Earth Isn't Humming", im Original von der Postcore-Band Frodus reduziert Thrice auf einige sich hypnotisierend wiederholende Gitarrenlicks; eine großartige Coverversion. Das nur mit einem Klavier und Stimme intonierte "The Lion And The Wolf" bildet den Gegenpart zu "As The Crow Flies". Abschließend lädt Kensrue die Leidgeplagten ein, sich zu erholen, zu rasten. Kräftig und aufrecht bildet diese Nummer das Rückgrat der "Earth"-EP. Im abschließenden "Child Of Dust" beklagt Kensrue als die Erde, dass der Mensch gegen sie rebelliert habe. Auf einmal wird seine Stimme und die ihn begleitenden Instrumente (Klavier und Akkordeon) dumpf, ganz, als verschwünde die Band unter der Erde.
In ihrer Musik verbindet Thrice höchste ästhetische und künstlerische Ansprüche mit der Verbreitung von sozialen Ideen. Beides gelingt ihnen mit "The Alchemy Index Vols. III & IV" eindrucksvoll. Doch sie gehen darüber hinaus. Mit diesen beiden EPs unterstützt Thrice, wie bei ihnen üblich, eine wohltätige Einrichtung. Die Blood:Water Mission baut in Afrika Brunnen in Dörfern, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Ein Teil der Einnahmen aus "The Alchemy Index" geht an die Organisation.
3 Kommentare
Vol. I & II haben mir extrem gut gefallen, also werde ich mir die Scheibe, die hoffentlich das hält was der Vorgänger und das schöne Review versprechen, demnächst auf jeden Fall holen.
3+4 sind grande
thrice machen echt gute musik, ich hab sie zwar aus ihrer zeit als das ganze noch fetziger war sag ich mal aber den neuen kram kann ich ja fast genauso gut hörn^^
weiter so