laut.de-Kritik

Kopfüber in vergessene Pop-Gefilde.

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Die Flucht vor dem ewig gehassten Chillwave-Etikett geht für Chaz Bundick a.k.a. Toro y Moi bereits in die dritte Runde. Seiner Marschrichtung, der Zwangseinteilung mit mannigfaltigen Erkundungen in die schrillsten Ecken der Popmusik entgegen zu treten, bleibt er mit "Anything In Return" treu. Dass Chillwave als Genre – ob nun in sich selbst zusammen gebrochen oder sowieso nie gegenwärtig – keine Rolle mehr spielt, sollte man ihm nicht verraten. Das Flüchten wirft nämlich weiterhin musikalische Perlen ab.

Es ließe sich mit dem Laissez-Faire der Westküste, Chaz Bundicks neuer Heimat, erklären, dass sein einst verschwurbeltes Schlafzimmer-Projekt in seichte Gewässer abdriftet. Jedoch sind diese weniger stark befahren und bieten damit idealen Nährboden für die exquisiten Pop-Experimente des Toro y Moi. Kaum ein anderer hätte eine Entwicklung von fragmentarischem Hip Hop zu grellem Psych-Pop bis hin zu After-Work-House weniger als qualitativen Abstieg denn als logische Kausalkette verkaufen können.

Das Multitalent, das auch für Albumgestaltung und Musikvideos verantwortlich zeichnet, wühlt mit "Anything In Return" in längst eingemotteten Kisten der neueren Popmusik: dem Easy Listening-Abgrund und der Feelgood-Vorhölle. Was eigentlich im Kontext peinlicher Swimming-Pool-Videos zu verorten ist – man denke an späte Hits von Simply Red oder Jamiroquai – trägt in Verbindung mit unaufgeregtem House und souligen Synthesizern frische Knospen.

Keineswegs büßt Toro y Moi im Zuge dieser Entwicklung an Komplexität ein. Die schmeichelnden Beatstrukturen leben von nuancenhaften Samples und Cuts, die besonders im Vergleich zum 2010er Debüt "Causers Of This" eher vom Meer geschliffenen Kieseln ähneln als unangenehm spitzen Felsen. Von Beginn an findet die dritte LP Bundicks in einen Fluss aus phlegmatischer Ibiza-Schwüle, verlangt aber gleichzeitig nach konzentriertem Kopfhörer-Hören.

"Anything In Return" verbindet wüste Assoziationsfetzen von Bossa Nova, Air, Café del Mar und DJ Shadow zu einem sommerlichen Amalgam, das darüber hinaus Anleihen an die verrufene After-Work-Kultur der frühen Nullerjahre anstellt. Chaz Bundicks nachvollziehbare Angst vor Schubladen, besonders der des Chillwaves, kulminiert in einer Flucht nach vorne in die Tiefen der Popmusik. Album Nummer drei übertrifft dabei das eigene Frühwerk an Homogenität und beweist Sinn für Experimente und ein Spiel mit dem Verhassten.

Trackliste

  1. 1. Harm in Change
  2. 2. Say That
  3. 3. So Many Details
  4. 4. Rose Quartz
  5. 5. Touch
  6. 6. Cola
  7. 7. Studies
  8. 8. High Living
  9. 9. Grown Up Calls
  10. 10. Cake
  11. 11. Day One
  12. 12. Never Matter
  13. 13. How's It Wrong

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