laut.de-Biographie
Trivium
Der lateinische Begriff Trivium umfasst die ersten drei der sieben freien Künste: Grammatik, Logik und Rhetorik. Da der Begriff ein gewisse Offenheit gegenüber unterschiedlichen Stilen und Anschauungen impliziert, entschließen sich fünf Jungs aus Orlando im wunderschönen Florida dazu, diese Bezeichnung als Namen für ihre Band zu wählen.
Als Matt Heafy zusammen mit Drummer Travis Smith bei einem Talentwettbewerb gerade den The Offspring-Klassiker "Self Esteem" gezockt hat, tritt ein Kerl auf ihn zu und fragt, ob er und Travis nicht bei seiner Band mitspielen wollen. Die beiden sind nicht abgeneigt und machen sich ans gemeinsame Proben.
Nach ein paar Auftritten auf diversen Partys kratzt der Kerl hinterm Mikro die Kurve, und Matt schnappt sich das Teil. An der zweiten Gitarre steht mittlerweile Brent Young, am Bass ein Typ namens Richie Brown. Die nächsten zwei Jahre verbringen die Jungs damit, ihre Songs zu basteln und an den eigenen, musikalischen Fähigkeiten zu feilen, was 2002 die ersten Früchte trägt. Matt gewinnt bei den Orlando Metal Awards den Preis für den 'Best Metal Guitarist'.
Richie hält es nicht sonderlich lange in der Band, so wechselt Brent kurzerhand an den Bass. Als Trio machen sie sich einen exzellenten Namen und nehmen Anfang 2003 ihr letztes Demo auf. Darauf meldet sich recht schnell das deutsche Lifeforce Label und jagt Trivium zurück ins Studio.
Heraus kommen sie mit ihrem Debüt "Ember To Inferno", auf dem sie eine ziemlich wütende, dafür technisch hochwertige Mischung aus melodischem Death Metal, Thrash der Bay Area-Schule und Hardcore zocken. Da live eine zweite Gitarre nie schaden kann, holen sie sich Corey Beaulieu ins Boot. Dummerweise macht sich Brent aber vom Acker, weshalb sie sich krampfhaft auf die Suche nach einem neuen Basser machen müssen, da eine Tour mit Machine Head ansteht. Gerade noch rechtzeitig taucht Paolo Gregoletto auf, und die Tour geht mächtig ab.
Weitere Roadtrips mit Iced Earth, Killswitch Engage oder Fear Factory folgen, ehe im September der nächste Studiobesuch ansteht. Inzwischen sind Trivium bei Roadrunner Records gelandet und schicken für das Label ihr Zweitwerk "Ascendancy" ins Rennen. Darauf klingt das Quartett noch ausgereifter als auf dem Debüt und zeigt gleichzeitig auf, dass sich Dark Tranquillity ganz schon anstrengen müssen, um da noch mitzuhalten.
Das Jahr führt Trivium noch auf diverse Bühnenbretter, die sie inzwischen mit Größen wie Danzig, Kataklysm, Chimaira oder Slipknot teilen. Zum 25. Jubiläum von Roadrunner Records übernimmt Matthew Heafy für vier Songs das Songwriting zum Album "The All-Stars Session". Trivium beehren auch Kino-Soundtracks mit ihrem Beitrag. So steuern sie sowohl für "The Cave" und "Underworld: Evolution" einen Track bei. Im Januar geht es dann auf US-Tour mit In Flames und DevilDriver. Für das Metallica-Tribut-Album "Remastered" liefern Trivium ihre Interpretation des Songs "Master Of The Puppets" ab.
Trotz eines ereignisreichen Jahres stehen sie im Herbst 2006 mit ihrem dritten Studioalbum "The Crusade" in den Startlöchern. Darauf hört man sehr wohl ihren Respekt gegenüber Metallica heraus, von deren alten Sachen das Teil öfter beeinflusst scheint, versehen mit eingängigen Melodien. Übrigens hat Sänger Matt sein Goldkehlchen trainiert und eine richtig gute Singstimme entwickelt, weshalb die Hardcore-Shouts in den Hintergrund rücken.
Trivium starten nun so richtig durch und lassen eigentlich überall, wo sie bisher als Opener für andere Bands auf Tour waren, Headliner-Auftritte folgen. Als sie gerade wieder in Europa mit Arch Enemy und Machine Head unterwegs sind, reist deren Gitarrist Phil Demmel überstürzt ab, da sein Vater gestorben ist, was dazu führt, dass Cory und Matt für mehrere Songs mit Machine Head auf der Bühne stehen.
Der Bekanntheitsgrad des Quartetts wird größer und größer, bringt jedoch auch diverse Neider mit sich. So wird die Band bei einem Gig in London von ein paar Idioten mit Plastikflaschen und Wasserballons beworfen, die mit Urin gefüllt sind. Am Aufstieg von Trivium ändert das gar nichts, denn die legen Ende September 2008 einfach mit "Shogun" nach und zeigen allen Kritikern und Neidern den Mittelfinger. Fast schon typisch, dass sie gleich darauf wieder mit Größen des Business touren. Dieses Mal sind Slayer, Mastodon und Amon Amarth dran.
Ende 2009 nimmt sich Drummer Travis Smith eine persönliche Auszeit, seine Beteiligung bei Trivium gehört aber ab Februar 2010 endgültig der Vergangenheit an. Über die Gründe gehen die Meinungen auseinander, mit dem hauseigenen Schlagzeugtechniker Nick Augusto ist aber schnell Ersatz gefunden. Um weiterzukommen, zocken Trivium einen Song für den Soundtrack des Action/Adventurespiels "God Of War III" und schmeißen ihren treuen Fans auch gleich eine "Slave New World" Sepultura-Coverversion als Downloadmöglichkeit entgegen.
Völlig hin und weg sind die Jungs, als sie erfahren, dass sie im August 2011 in London den Anheizer für Iron Maiden machen dürfen. "Wir fühlen uns unheimlich geehrt und könnten nicht erfreuter sein", sabbert Matt Heafy ob dieser Ehre in die Mikros. Zu diesem Zeitpunkt ist auch schon das fünfte Langeisen namens "In Waves" eingetütet, mit dem das Quartett aus Orlando erneut erfolgreich der Stagnation trotzt.
Mit "Vengeance Falls" bewegen sich Trivium 2013 noch weiter von ihren Wurzeln weg. Das Album entsteht unter der Regie von Disturbed- und Device-Sänger David Draiman und zeigt die Band in bestechender Form.
Den eingeschlagenen Weg, der Matts Klargesang stärker in den Vordergrund rückt, verfolgen Trivium auch auf dem Nachfolger "Silence In The Snow" weiter. Auf Screams verzichtet die Band nun erstmals komplett. Eine Entscheidung, die sicher nicht allen Fans schmeckt, aber musikalisch hervorragend aufgeht. Den neuen Weg bestreiten Trivium inzwischen mit ihrem dritten Drummer. Nick Augusto ist raus, Mat Madiro, der zuvor als Drum-Tech engagiert war, an Bord.
Auch diese Besetzung ist jedoch nicht von langer Dauer. Schon kurz nach Albumrelease ersetzt der von Dream Theaters Mike Mangini empfohlene Paul Wandte Madiro am Kit. Nach einem Jahr ist auch er wieder raus und macht Platz für Battlecross-Trommler Alex Bent. Kurz nachdem dieser Ende 2016 zur Band stößt, beginnt die Pre-Production zum achten Album "The Sin And The Sentence". Die Arbeiten daran halten Trivium aber auch während einer im Frühjahr 2017 absolvierten Europatour geheim.
Das Album klingt wie eine Mischung aus "Shogun", "In Waves" und "Silence In The Snow". Screams und komplexe Songstrukturen sind zurück, die unwiderstehlichen Klargesangshooks jüngerer Scheiben bleiben erhalten. Zumindest für Matt ist "The Sin And The Sentence" "das beste Album unserer Karriere". Was Gesangsmelodien und Lyricschreiben angeht, gibt der Frontmann im Songwriting-Prozess Großteile der Arbeit an Paolo weiter. "Es war befreiend. Paolo war gewissermaßen der Regisseur, unser Produzent Josh Wilbur der Regisseur und ich der Schauspieler."
Diese Arbeitsteilung scheint zu funktionieren. 2019 streichen Trivium ihre erste Grammy-Nominierung als "Best Metal Performance" für den Song "Betrayer" ein. Kurz vorher müssen die Musiker allerdings improvisieren. Weil Matt Heafy Zwillinge erwartet, bricht er Ende 2018 eine Tour ab. Statt Konzerte abzusagen, heuert die Band kurzfristig YouTuber Jared Dines für die zweite Gitarre an und lässt die Sänger der beiden Vorbands ans Mikro: Light The Torchs Howard Jones und Avatar-Fronter Johannes Eckerström. Das funktioniert überraschend gut.
Heafy nutzt die Zeit zuhause auch, um sich ein zweites Standbein aufzubauen. Auf der Streaming-Plattform Twitch hat er mittlerweile eine ansehnliche Followerzahl angesammelt, sendet oft mehrere Stunden täglich und präsentiert dort neben Gaming-Videos auch jede Menge musikalischen Content, etwa Playthroughs von Trivium-Alben, Akustik-Coverversionen und sogar Livestreams regulärer Bandkonzerten. Im Sommer 2019 engagiert das Wacken Open Air Heafy als Paten für ihre neue E-Sports-Arena.
Anfang 2020 erklärt er dem Forbes Magazine: "Ich hatte immer nur einen Job. Trivium waren meine erste Band und mein erster Job. Aber ich freue mich sagen zu können, dass in den letzten drei Jahren Twitch zu einem zweiten Job geworden ist. Wenn ich zuhause bin, verdiene ich bedeutend mehr Geld mit Twitch Streaming als mit Trivium. Auf Tour wird aber natürlich Trivium mehr und Twitch weniger."
Die Band profitiert von Heafys Nebenbeschäftigung. Zwei Songs ihres kommenden Albums teasern sie im Rahmen eines Trailers zum Konsolenspiel "Mortal Kombat 11". Das zugehörige Album "What The Dead Men Say" erscheint Ende April 2020. Da wegen der COVID-19-Pandemie zum Zeitpunkt des Releases unklar ist, wann die Band wieder auf Tour gehen kann, teasert Heafy im Interview mit Revolver für die Zukunft einige weitere Projekte: "Ich arbeite mit Ihsahn an Mrityu. Ich habe einen Solodeal mit Roadrunner Records für einige meiner Spaßcover und etwas Original-Material. Außerdem wird bald meine EP mit Jared Dines erscheinen." Langweilig wird denn Herren also nicht.
Erst recht nicht, als sie sich einen leerstehenden Flugzeughangar gönnen. Den bauen sie in den folgenden Monaten zu ihrem neuen Hauptquartier, inklusive Proberaum, Studio, Lagerräumen für Equipment und einer eigenen Bühne. Musikvideos für das zehnte Album "In The Court Of The Dragon" entstehen bereits dort. Trivium sind an einem Punkt angekommen, an dem selbst ohne Touring eine Zukunft für die Band möglich scheint. Die im Releasezeitraum des neuen Albums, im Herbst 2021, anstehende Konzertreise mit Megadeth und Lamb Of God – passend betitelt "The Metal Tour Of The Year" – nehmen sie freilich trotzdem gern mit.
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