laut.de-Kritik
"Born Slippy" verschmilzt mit "Lust For Life".
Review von Michael SchuhMusste das sein? "Trainspotting"-Held Iggy Pop trifft die Trainspotting-Helden Underworld? 22 Jahre später. Zu spät? Die überraschende Antwort: Nein. Überraschend deshalb, weil wahrscheinlich die meisten auf diese Kollabo-Nachricht spontan ähnlich reagiert haben dürften, wie Iggy 2016 auf die Anfrage von "T2 Trainspotting"-Regisseur Danny Boyle.
Boyle schickte ihm ein Underworld/High Contrast-Instrumental mit den Worten: "Wir mögen den Track, aber stellen es uns großartig vor, wenn da noch ein bisschen Iggy Pop mit rein käme." Iggy befand besagten Track "Shotgun Mouthwash" in dieser Form aber als perfekt und dachte: "No you can't fucking get Iggy Pop into the fucking Shotgun Mouthwash" (siehe Interview). Als weiser Mann hielt er diese Wortwahl jedoch zurück, zumal er sowohl Boyle als auch "Trainspotting" selbstverständlich hoch schätzt.
Der Kultfilm über eine Junkie-Clique in Edinburgh stellte Pop 1996 einer neuen Generation vor und verhalf ihm auf lange Sicht zu einem finanziell gesicherten Lebensabend. 2016 tourte er allerdings gerade mit seinem Album "Post Pop Depression", wofür er alle Energien benötigte ("Meine Performance steht über allem") und willigte eher aus Sympathie einem Treffen im Savoy Hotel zu. Zu seiner Überraschung betrat er kein Hotelzimmer, sondern das Set Up eines kompletten Studios. Ausreden zwecklos. Oder in Iggys Worten: "Wenn du ein komplettes verdammtes Studio in einem Hotelzimmer betrittst, von einem oscarprämierten Regisseur begrüßt wirst, ein Mikro vor dir steht, und du 30 fertig arrangierte Stücke vorgespielt bekommst, spielst du nicht das Weichei und sagst: Äh, ich bin raus. Meine Psyche lief auf Hochtouren."
"Teatime Dub Encounters" ist alles andere als ein schlappes Rentner-Teekränzchen, der Einstieg "Bells & Circles" legt los, wie man sich das von den "Born Slippy"-Helden wünscht. Ein monotoner, sich mit unmerklicher Wucht langsam aufpeitschender Techno-Track, über dem Iggy die "golden days of air travel" rekapituliert. Und während man sich noch fragt, ob er nun mit Anekdoten aufwartet wie jene, als er 1973 mit Stooges-Kollege James Williamson auf Londons Heathrow festgehalten wurde, legt Iggy schon los: "The stewardess would come along / and if she was hot, you can try to pick her up." Natürlich wurde damals noch in Flugzeugen geraucht, in Iggys Fall nicht nur das: "I snorted a gram of cocaine / till I got up my courage to say "can I have your phone number? / and she gave me the number / that was the good news / the bad news was I got too stoned and I lost the number / the stewardess would've been better than the cocaine / I made an error in judgement."
Karl Hyde, dessen Sprechgesang für Underworld charakteristisch ist, singt in der zweiten Hälfte ein schönes Mantra ("Sunlight on my wings"), das Rick Smiths Maximum-Beat-Gerüst perfekt veredelt. Ein Track, der aus dem Stand mit den großen Momenten ihrer letzten Alben "Barbara Barbara We Face A Shining Future" und "Barking" gleichzieht.
"Trapped" basiert auf einem klassischen EBM-Beat, der Nitzer Ebb in Erinnerung ruft, aber vor allem gegen Ende mit sehr melodiösen Arrangements und tollen weiblichen Backgroundvocals glänzt. Gegen die kommenden Tracks hat er jedoch keine Chance: "I'll See Big" ist eine herzerwärmende Ambient-Meditation mit dem lebensgegärbten Punkrock- und Tai Chi-Meister, der in seiner Miami-Altersresidenz auf sein Leben zurück blickt und sich an einer Definition von Freundschaft versucht.
Als Rausschmeißer knallen uns Smith und Hyde mit "Get Your Shirt" noch ein 4/4-Monster vor den Latz, das sogar minimalste Fanfaren zum eigenen Vorteil auffährt, während Iggy Pop, immerhin Erfinder der modernen Nacktperformance, vehement sein Shirt zurückfordert: "Get your shirt, get your shirt / cause nobody loves a jerk / it's getting so much harder to feel free / it's getting so much harder just to be".
Nach der ausgezeichneten Josh Homme-Koop hält Pop hier wieder mühelos sein Level, auch wenn man mittlerweile zugeben muss, dass er auch für das Vorlesen des Telefonbuchs von Michigan abgefeiert würde. Von daher ist die auf vier Tracks perfekt ausbalancierte Prägnanz vielleicht noch mehr der Arbeit von Underworld zuzurechnen.
5 Kommentare
Ich muss zugeben, dass ich das Album super langweilig auch die letzten Underworld Outputs sind echt super langweilig . schade eigentlich ..
Coole Scheibe und Text, genau richtig jetzt für die Hitze.
Gruß Speedi
Wusste gar nicht das die Maxi CD noch existiert
Iggycd Underworldsystem.. xD
Mir gefällt das was Iggy macht. Hätte auch gut zu Bowie gepasst. Neues ausprobieren und Iggy hat eh geile Stimme.