19. Dezember 2024

"Instagram, was denkst du dir?"

Interview geführt von

"Ertrag' die Widersprüche", ermahnt Yung FSK18. Die "geile Asi-Braut" verbindet ganz in diesem Sinne Schwermut mit Schlüpfrigkeit.

Yung FSK18 meldet sich aus "Lost Vegas". Nachdem sie im Frühjahr mit "Libido" ihren Einstand bei Audiolith Records gefeiert hat, kombiniert die Rapperin auf ihrer zweiten EP emotionale Taubheit mit sexueller Erregung. Produzent Brauer unterfüttert ihre Zeilen mit elektronischen Instrumentals zwischen House und Hardcore, denen er stets einen Schuss Melancholie verpasst. Im Interview spricht die offenherzige Künstlerin über ihre EP, Rap-Workshops, infantile Männer, divenhafte Inszenierungen und das Weihnachtsfest im Kreise der Großfamilie.

Im Porträt über dich hatte ich geschrieben, dass die Feiertage bei euch trotz Patchwork-Strukturen mit acht Geschwistern "streitfrei über die Bühne" gingen. Dazu meintest du im Vorfeld, "dass es natürlich an Weihnachten Streit gibt, aber wir feiern es trotzdem alle zusammen". Beschreib mal, wie es bei euch Weihnachten zugeht.

Das war halb Spaß, halb ernst gemeint. Weihnachten ist einfach ein weiterer Anlass für ein Familienfest, an dem so viele wie möglich zusammenkommen. Und das kann auch schon mal chaotisch werden. Auch wenn alle meine Geschwister bereits Erwachsene sind, teilweise verpartnert und manche Kinder haben, mit denen Heiligabend zum Teil mit den jeweiligen Schwiegereltern gefeiert wird, kommen an einem Tag um Weihnachten immer alle in Halle oder Leipzig zusammen. Dann wird gemeinsam gegessen, sich unterhalten, Musik gehört oder Tischkicker gespielt. Meine Eltern sind beide in der DDR aufgewachsen. Christentum war bei ihnen zu Hause kein Thema. Sie sind aber grundsätzlich sehr tolerant und haben uns Kindern völlig freigestellt, ob wir uns für Gott und Religion interessieren. Weihnachten wird aber trotzdem gefeiert wie bei vielen Familien in Deutschland, nur gehen wir nicht in die Kirche.

Ich bin mit drei Brüdern aufgewachsen und kam mir da schon vor wie "Malcolm mittendrin". Wie habe ich mir die Jugend mit acht Geschwistern vorzustellen?

Es ist kompliziert, weil wir alle extrem unterschiedlich sind. Ich habe sechs ältere und zwei jüngere Geschwister. Durch meine älteste Schwester habe ich eine Nichte, die nur vier Jahre jünger ist als ich, und durch meine zweitälteste Schwester noch eine Nichte und einen Neffen. Mittlerweile habe ich sogar eine Großnichte. Das ist an sich verrückt, aber auch nicht so, wie man es sich vorstellt. Denn wir haben nicht immer alle gemeinsam gewohnt, sodass das totale Chaos geherrscht hätte. Meine älteste Schwester war bereits ausgezogen, als ich geboren wurde. Ich habe vier Halbbrüder väterlicherseits, von denen alle bis auf den Jüngsten bei ihren Müttern aufgewachsen sind.

Teilt einer von ihnen deine Hip-Hop-Leidenschaft?

Ja, mein jüngerer Bruder Gori061 hat auch selbst gerappt. Mit ihm habe ich sogar schon ein Feature rausgebracht: "Deine Schwester" auf meinem ersten Album "18plus". Die anderen hören teilweise oldschooligen Hip-Hop, Pop oder Punk.

Finden sie denn gut, was du machst?

Ja, und darüber bin ich sehr glücklich, da es leider nicht selbstverständlich ist. In meinen Songs setze ich mich oft mit meiner Sexualität und damit auseinander, dass weibliche Lust generell noch oft tabuisiert und verteufelt wird. Das könnte innerhalb mancher Familien bestimmt für Unmut sorgen. Aber glücklicherweise herrscht in meiner Familie ein feministischer Konsens. Frauen, Männer und alle anderen Erwachsenen können sich in Freiheit ausleben, wie sie wollen, solange sie niemandem damit zu nahe treten. Das wird überhaupt nicht als etwas Anstößiges angesehen.

Du arbeitest nebenbei als Leiterin von Rap-Workshops. Was erlebst du dabei?

Ich habe dadurch erlebt, wie es sich auf die Persönlichkeitsentwicklung auswirken kann, wenn man sich in einem Bereich ausprobiert und darin Fortschritte macht. Es ist sehr schön, bei den Teilnehmer:innen mitzubekommen, dass sie sich teilweise kaum konzentrieren können oder ihre Texte nicht mal laut vorlesen wollen, geschweige denn mit einem Mikrofon aufnehmen, und sich manche von ihnen dann ein paar Wochen später hinsetzen und sagen: "Guck, ich hab was aufgeschrieben. Das ist meine Idee, das soll mein Song werden." Das ist richtig cool.

Kommen manche mit einer Attitüde, bei der du gleich den Eindruck bekommst, sie hätten bislang nur Kollegah oder Bushido gehört? Musst du manchen erst die Flausen austreiben?

[lacht] Kinder und Jugendlich hören heute wahrscheinlich eher weniger Bushido oder Kollegah. Es gibt natürlich einen starken Einfluss durch Gangster-Rap, aber auch durch Popmusik wie Apache 207 oder Ayliva. Auch Ballermann-Schlager wie "Layla" habe ich bei den Kids schon mal gehört. Aber nein, ich gehe da nicht von oben herab oder moralisch heran. Wenn sich die Kinder menschenverachtend äußern würden, dann spricht man natürlich mit ihnen darüber. Rassistische Ausfälle oder dergleichen musste ich aber glücklicherweise beim Workshop noch nie erleben. Die Kinder sind bis auf kleine Streitereien oder Kabbeleien sehr lieb zueinander. Propaganda für
menschenfeindliche Ideologien ist bei denen zum Glück meistens noch nicht angekommen.

Meistens?

Ein Mädchen hat mir mal ganz stolz ihr Heft gezeigt hat, in das sie feinsäuberlich das komplette 'Lied der Deutschen' aufgeschrieben hatte. Da will man sich natürlich nicht vorstellen, was da sonst noch zu Hause vermittelt wird. Wenn ansonsten Drogenkriminalität und Substanzmissbrauch ein Thema ist, versucht man, erst mal Aufklärung zu leisten über alle Nachteile und Risiken, die das mit sich bringt. Generell sage ich keinem Kind, es dürfe dieses oder jenes Wort nicht benutzen. Ich versuche den Kindern auf Augenhöhe klarzumachen: "Du hast ein gutes Herz. Wenn du dieses Wort benutzt, ist das diskriminierend und verletzt die Gefühle anderer. Ich möchte das hier lieber nicht hören."

Und wie gehst du vor, wenn diese Ansprache nicht wirkt?

Wenn es jemals ausarten sollte, dass ein Kind oder ein:e Jugendliche:r sich rassistisch, antisemitisch oder anderweitig menschenverachtend äußert, würde man die Person zum Schutz anderer Teilnehmer:innen vom Workshop ausschließen müssen und das Problem an die sozialpädagogisch besser ausgebildeten Kolleg:innen weitergeben. Aber es sollte definitiv immer zu erst für den Schutz von Betroffenen gesorgt werden.

"Instagram, was denkst du dir? Als ob ich jetzt sehen möchte, wie sich Leute ihre Pickel ausdrücken? Bitte nicht!"

Den sozialen Gedanken überträgst du auch in deine Musik. Es sei "beim Arbeiten sehr wertvoll, dass man nicht vereinsamt" und mit seinen "Hoffnungen und Zweifeln alleine" bleibe, hast du Edgar Einfühlsam erzählt. Das widerspricht dem Standard-Rapper, der alles aus sich selbst heraus schafft oder zu schaffen glaubt.

Ich merke immer wieder, wenn ich zu lange alleine an einem Projekt sitze, dass ich mich danach sehne, Feedback und Input von anderen Leuten zu bekommen. Und natürlich mag ich die Erfahrung, die Inspiration miteinander zu teilen und zu überlegen, was man dem noch hinzufügen könnte. 'Hast du eine Idee? Was siehst du darin? Wie könnte man das noch ergänzen? Oder was sollte man lieber irgendwie weglassen?’ Ich weiß nicht, ob sich das aus meiner Familiensituation entwickelt hat oder es daran liegt, dass Menschen generell soziale Wesen sind. Ich finde es einfach geil, dass es nicht nur um mich geht. Es geht nicht nur darum, dass ich meine Story erzählen, meine Gefühlswelt und Erfahrungen durchkauen kann, sondern auch darum, Teil einer Szene zu sein. Diese Kultur besteht nur zusammen mit anderen Menschen.

Du meintest mal, du möchtest einen "kleinen Teil" dazu beitragen, Frauen in der Rap-Szene zu normalisieren. Mittlerweile besetzen sie im Deutschrap fast alle Nischen und sind Impulsgeber. Ist das immer noch nötig?

Ich will meinen Einfluss nicht überschätzen, aber ich denke, dass es nach wie vor wichtig ist. Es gibt zwar gerade sehr viele starke Frauen, die geile Mucke rausbringen, aber viele davon sind noch mehr oder weniger Newcomerinnen, die natürlich weiterhin auf Support angewiesen sind. Wenn man sich Festival-Line-ups anguckt oder generell Veranstaltungen, sieht man ja nach wie vor, dass Frauen und andere nicht-cis-männliche Artists immer noch viel zu wenig vertreten sind. Oder wenn man sich anguckt, wer bei den Frauen, die erfolgreich auf der Bühne sind, im Hintergrund mitverdient.

Du bist weniger explizit als Ikkimel oder Shoki, aber bedienst doch eine ähnlich wollüstige Spielart. Wie würdest du deine Musik beschreiben?

Das stimmt nur anteilig. Ich habe schon genauso explizite Lines gebracht, aber bei der Menge an Songs habe ich noch mehr andere Themen und Attitudes. Auf Deutsch ist das schwierig zu beschreiben. Was gibt es da für Wörter? Die klingen halt alle nicht so sexy, wie sie sollten. Ehrlich, lustvoll, sinnlich, vielleicht ein bisschen hedonistisch, aber auch kritisch und abgeklärt. Ich mag es halt generell gerne abwechslungs- und facettenreich.

Dem MDR hast du gesagt, dass "Männer gar nicht damit umgehen können, weil sie sich teilweise angegriffen oder erniedrigt fühlen." Was denkst du, woran das liegt?

Leider haben manche Männer ein Problem in ihrer Selbstwahrnehmung und Weltanschauung. Sie denken, dass es immer um sie gehen müsste, fühlen sich von Dingen angesprochen, die sie nicht betreffen, und glauben, Frauen seien nur auf der Welt, um ihnen als potenzielle Partnerin zu gefallen. Wenn ich in einem Song "Hurensohn" sage, denken sie: 'Oh, das gefällt mir ja gar nicht, wenn eine Frau so mit mir redet. Die soll sich doch so benehmen, wie es mir gefällt und für mich attraktiv sein.' Dann erleben sie ein Gefühl des Kontrollverlusts, weil es nicht dem entspricht, wie die Welt aus ihrer Sicht sein sollte. Das verunsichert sie unterbewusst. Dann reagieren sie in Abwehr dazu mit dem Versuch von Dominanzverhalten. Im öffentlichen Raum - besonders auf Social Media äußert sich das in Form eines dummen bis strafrechtlich relevanten Kommentars. Das Selbstverständnis mancher Männer hat etwas Kindisches an sich. Als ob sie nicht den normalen Schritt in der Entwicklung gemacht hätten, dass nicht alles, was sie fühlen und wahrnehmen, richtig und wichtig ist. Andere Menschen haben ihre eigenen Gedanken und Gefühle. Es geht nicht wie bei einem Kind immer nur nach der eigenen Nase.

Die Infantilisierung ist wirklich ein Phänomen unserer Zeit, für das Riesenbabys wie Donald Trump und Elon Musk stehen. Bezogen auf deine Musik würde ich aber auf der anderen Seite auch argumentieren, dass du durchaus auch einen voyeuristischen Blick bedienst, der gut ankommen dürfte. Schlägt sich das in Kommentaren nieder? Wird deine Offenheit als Gefügigkeit fehlinterpretiert?

Ich merke natürlich, dass es generell Männer und Frauen gibt, die genau das attraktiv finden: Sieht gut aus, tanzt schön, gefällt mir. Wer das gut findet, checkt meistens auch, dass er es positiv, aber nicht unbedingt anzüglich kommentieren muss. Es ist ein Ausdruck von Lebensfreude und Selbstverwirklichung, aber keine Einladung. Aber klar, im Internet verschwimmt eine Grenze, die man 'in person' eher hätte. Es kommt dann vor, dass Leute schreiben: "Kannst du mir ein Privatkonzert geben?" In dem Fall ist es ja sogar noch höflich. Es gab auch Situationen, in denen Leute nach Fotos, Treffen oder sexuellen Handlungen fragen. Ich versuche dann immer deutlich zu machen, dass ich darauf keinen Bock habe und zum Glück auch nicht in der finanziellen Notlage bin, damit Geld verdienen zu müssen. Die meisten reagieren dann ganz höflich, aber es ist trotzdem schon komisch genug, wenn du den Account einer Person siehts, die ausdrücklich Musikerin ist, und ohne dich vorzustellen erstmal schreibst: "Kannst du mir Nacktfotos schicken?" oder "Lass mal ficken."

Wenn das Publikum daran gewöhnt ist, dass zum Beispiel Katja Krasavice auch bei OnlyFans aktiv ist, fragen sie sich womöglich, warum du da nicht zu sehen bist.

Natürlich hat das einen Einfluss. Durch Akteurinnen wie Katja Krasavice hat sich das Bild verbreitet: Hey, die ist doch Rapperin - natürlich hat sie OnlyFans. Aber generell ist es traurig, dass es für viele gute Musiker:innen Realität ist, auf einen oder mehrere Side Hustles angewiesen zu sein. Und ich will in Sachen Freizügigkeit auch nicht wie eine Heilige tun. Es gibt natürlich genauso gut Leute, die sich zurecht aufregen: "Ich wollte jetzt gerade nicht sehen, wie sie mit dem Arsch wackelt." Aber das ist halt das Risiko, wenn man auf Social Media oder Rap-Konzerten unterwegs ist. Abbildungen von Penissen sind ja auch allgegenwärtig. Wie oft einem aber auch ganz eklige Sachen angezeigt werden ... Instagram, was denkst du dir? Als ob ich jetzt sehen möchte, wie sich Leute ihre Pickel ausdrücken? Bitte nicht! Aber es gibt ja anscheinend Leute, die sich sowas gerne angucken. Ich weiß es ja nicht.

"Viele Menschen haben unrealistische Vorstellungen davon, was ihnen zusteht."

In "FKK", deinem ältesten Video auf YouTube, heißt es: "Ich habe nichts an. Niemand kann mir was anhaben." Kann Nacktheit schützen?

Vielleicht ist es so, vielleicht nicht. Aber sich nackt zu machen, nimmt ja schon ein bisschen was vorweg. Und das ist auch im übertragenen Sinne zu verstehen. Wenn du offen, ehrlich und selbstkritisch bist, dann kann dir im Prinzip niemand mehr was anhaben. Was willst du mir vorwerfen, was ich nicht selbst schon offengelegt habe?

"FKK" ist ein schönes Beispiel dafür, dass du bei aller Freizügigkeit eigentlich nicht hedonistisch auftrittst. Du zelebriert Nacktheit, aber musikalisch ist es voller Suspense. Es erinnert ein wenig an einen Film noir. Welche Idee steckt dahinter?

Es ist interessant, dass du das sagst. Es gab da nie eine konkrete Idee, kein Konzept, sondern einfach mein persönlicher Geschmack und Charakter. Ich habe mich schon immer für eine gewisse Mischung aus Abgefucktheit und Eleganz interessiert. Als Kind habe ich viel Rosenstolz, Silly und Alexandra gehört. Bei vielen Sängerinnen findet man das, dieses Divenhafte. Sie geben sich preis und hin, haben aber auch etwas Distanziertes, diese Coolness. Natürlich ist meine Musik autobiografisch, aber eine gewisse Stilisierung macht es erst extra spannend. Es unterhaltsam zu verpacken, macht es erst sehenswert. Das kann durchaus etwas Düsteres haben, aber gleichzeitig auch etwas Frivoles und Feierliches.

Ja, aber es ist gerade auch auf der neuen EP nicht nur unterhaltsam, sondern durchaus melancholisch.

Aber das gehört ja auch dazu, oder? Bei einer großen Diva ist ja auch immer viel Schmerz dabei.

Du hast mal den sehr deutschen Satz gesagt: "Ich bin oft auch glücklich, wenn ich unglücklich bin."

Genau, das trifft es gut. Ich bin schon als Kind so gewesen - mit einem dramatischen Blick in die Ferne. [lachen]

Für mein Verständnis geht es auf "Lost Vegas" vor allem um betäubte Gefühlswelten. In "Drück" brauchst du starke Reize, um noch etwas zu spüren. "Wie viel Scoville? Ich sage, ja", heißt es da etwa.

OK, interessant. Ich würde das nicht abstreiten, aber es ist sehr ambivalent. Ja, in manchen Momenten fühlt man sich leer und betäubt. Aber ich würde sagen, dass man eher zu viel spürt, davon überwältigt ist und sich durch starke Reize koordiniert. Verstehst du, was ich meine?

Da bin ich unsicher. Du benötigst starke Reize, um dich zu koordinieren?

Wenn man sich von sehr starken Gefühlen und dramatischen Gedanken überwältigt fühlt, können dir starke Außenreize helfen, wieder mit der Realität in Kontakt zu treten. Schmerz, der im besten Fall keine Selbstverletzung ist, etwas Scharfes essen, laute Musik oder helle, blinkende Lichter sorgen dann dafür, nicht länger in der Gefühlswelt gefangen zu sein. Ich will nicht abstreiten, dass es Momente gibt, in denen ich mich leer fühle, aber generell würde ich eher sagen, dass ich mir oft selbst zu viel bin. Starke Reize helfen dann, die Wahrnehmung neu auszurichten.

Die zentrale Zeile deiner EP lautet aus meiner Sicht: "Es ist so scheiße und so schön, ein Mensch zu sein, ertrag' die Widersprüche." Was verbindest du damit?

Genau wie die Zeilen vorher schon kurz andeuten, habe ich da unter anderem an den Verlust eines Freundes und anderer Freunde in den letzten Jahren gedacht. Oder auch an dramatische Situation, die andere Leute durchmachen müssen. Es ist schön am Leben zu sein, aber auch hart mit allem umzugehen und traurig, dass Leute nicht mehr da sind.

Aber du verbindest damit ja auch die Aufforderung, es zu "ertragen". Tun viele Menschen das zu wenig? Haben sie zu hohe Ansprüche ans Leben?

Ich weiß nicht, ob man es so pauschal für die gesamte Menschheit sagen kann. Es gibt ja leider mehr als genug Leute, die viel zu wenig haben. Aber insgesamt merkt man in unserer Gesellschaft schon, dass viele Menschen unrealistische Vorstellungen davon haben, was ihnen zusteht. Das sage ich aus meiner privilegierten Position heraus, in der ich eine Familie habe, die mich unterstützt, etwas zu essen und Warmes zum Anziehen, eine - noch - bezahlbare Wohnung und in einem Berufsfeld arbeiten kann, in dem ich mich selbst verwirklichen und mit Menschen zusammenarbeiten kann, die meine Freund:innen sind. Eigentlich wünsche ich mir genau diese Möglichkeiten für alle Menschen. Aber die Vorstellung, dass du so viel Geld verdienst, dass sich jeder ein eigenes Einfamilienhaus irgendwohin baut und jedes Jahr mit dem Flugzeug oder Kreuzfahrtschiff verreist, ist möglicherweise eher unrealistisch. Und vielleicht sollten wir hier und da mal gucken, wie man die Vorstellung davon anpasst, was ein lebenswertes Leben ist. Das Schöne daran, ein Mensch zu sein, ist, dass man für andere da ist und gemeinsam mit anderen Menschen etwas schafft.


Yung FSK18 (rechts) mit Produzent Brauer (Quelle: Audiolith Records)

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1 Kommentar

  • Vor einem Tag

    "Aber insgesamt merkt man in unserer Gesellschaft schon, dass viele Menschen unrealistische Vorstellungen davon haben, was ihnen zusteht."

    Ich denke, wenn es nicht weh tut, ist es nicht die Wahrheit.