laut.de-Kritik

Scheitern als Chance: Weilheim-Indie Pop trifft auf US-Hip Hop.

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Zunächst bemerkt man gar nicht, dass The Notwist eine Hip Hop-Band geehelicht haben. Es knarzt, flimmert und sprechsamplet im Geräusch-Dickicht, gefolgt von einer einleitenden Gesangspassage, bevor sich die Themselves-Rapper Adam Drucker, Jeffery Logan und Dax Pierson schließlich auf äußerst schräge Art und Weise vorstellen. Unangepasst und bisweilen verstörend: So hat es gefälligst auch zu klingen, wenn von einem "ambitionierten Projekt" die Rede ist, einer Begrifflichkeit übrigens, die in der kollaborationsfreudigen Musiklandschaft von heute oft vorschnell bei der Hand ist und somit meist ihre wahre Intention verwirkt.

Tatsächlich beinhaltet der Terminus aufgrund des ihm innewohnenden Risikofaktors auch die Möglichkeit des Scheiterns, was bei Global Playern wie Jay-Z und Linkin Park zumindest kommerziell ausgeschlossen ist. Doch auch abseits des Ipecac-Labels, genauer: auf der Achse Weilheim-San Francisco, kommt zusammen, was erstmal nicht zusammen gehört.

The Notwist, spätestens seit "Neon Golden" überschaubaren Indie-Liebhaberkreisen endgültig entwachsen, haben seit ihrer letzten Nordamerika-Tour Anfang 2004 einen langen Weg zurück gelegt. Mit den Anticon-Rappern von Themselves bereisten die Weilheimer seinerzeit God's Own Country, man freundete sich an, und hatte bei einer Highway-Buspanne "irgendwo zwischen Montreal und Toronto" (Gretschmann) schließlich auch genügend Zeit, im Schneegestöber über ein gemeinsames Projekt zu sinnieren.

"13&God" ist nun das Zeugnis dieser neuen deutsch-amerikanischen Freundschaft von sechs Männern, die avantgardistische Klangcollagen aus Wort und Ton miteinander verweben und daraus ein komplexes und undurchsichtiges, nicht leicht zu erfassendes Sound-Universum schaffen. Gravität, die auf der Erde auf den menschlichen Körper dauerhaft einwirkende Kraft, ist auch in ihrer Musik ein zentraler Faktor. Losgelöst von vorbestimmten Song-Schemata gleiten die Grundstrukturen der Songs aus den Gerätschaften Gretschmanns und den Gitarren der Gebrüder Acher, um durch Gesangslinien und Raps veredelt zu werden.

Das Scheitern sehen The Notwist und Themselves ganz bewusst als Chance an, durchaus im Schlingensief'schen Sinne, um etwas noch nicht Dagewesenes, und vielleicht auch etwas Schönes zu schaffen. Mitunter funktioniert das ganz hervorragend, wenn sich etwa wie in "Perfect Speed" ein krautrockiges Beat-Monster aus der Materie schält, oder die Piano-Tristheit in "Soft Atlas" mitsamt den mantra-artigen Raps sämtliche irdischen Gedanken beiseite zu schieben scheinen.

Düster, verspielt, leise und auch mal im Ansatz krachend, verlaufen die Wege, über die 13&God den Hörer führen, der sich im Laufe dieser Traumwanderung eigentlich nur entscheiden muss, ab wann er die quäkenden, und dadurch den Beiträgen ihrer Cali-Kumpels von Cypress Hill nicht unähnlichen Themselves-Parts als störend empfindet (bei mir: "Tin Strong"). Das rührende "If" und die Cello-Ode "Superman On Ice" zeigen derweil, zu welch großen Momenten eine ambitionierte Kollaboration wie diese führen kann. Mit dem fraglos unangetasteten Album-Hit "Men Of Station" haben 13&God sogar einen echten Notwist-Knaller auf's Album geschmuggelt.

Trackliste

  1. 1. Low Heaven
  2. 2. Men Of Station
  3. 3. Ghostwork
  4. 4. Perfect Speed
  5. 5. Afterclap
  6. 6. Soft Atlas
  7. 7. Tin Strong
  8. 8. If
  9. 9. Superman On Ice
  10. 10. Walk

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