laut.de-Kritik

Ein Rap-Potpourri mit viel Raum für persönliche Geschichten.

Review von

"Ich Bin Dieser" lädt den Afrob-Hörer aufs "Mutterschiff" mit krachendem Beat, bedrohlichen Synthies und sphärischer Hook. Auch textlich gibts direkt ins Gesicht: "Ich brauch nicht auszuteilen, ich allein bin eine Zumutung / Ich mach' so viel Druck, verursach' innere Blutungen / allein nur vom Zugucken / denn wenn ich komm', musst du schlucken".

Man bekommt, was man vom Stuttgarter gewohnt ist. Doch im "Mutterschiff" selbst sieht es zuweilen mit einer gehörigen Portion Selbstreflexion viel ruhiger aus. Das an Platz zwei gesetzte "Alles Nehm Ich Mit" ist so eine sehr persönliche Nummer, die sich ganze 40 Sekunden Zeit lässt, bis Afrob zum Mic schreitet. Er erzählt von problematischer Vergangenheit, seiner alleinerziehenden Mutter und die Selbstfindung in der Musik. Rik Marvels orientalisch anmutender Beat gibt dem Song eine schön melancholische Note.

Marvel ist es auch, der ihm einen fröhlichen Trompeten-Beat auf "Einfach Machen" verpasst. Der Rapper greift hier erstmals zu Gesang, den er mit Autotune unterfüttert. Gentleman als Featurepartner passt sehr gut zum Grundtenor und sorgt für gut gelaunten Schwung.

Wer auf Reggaeton steht, bekommt "Herz und Seele", gemeinsam mit ASD-Kollaborateur Samy Deluxe. Beide ergänzen sich auf dem recht zurückhaltenden Beat ordentlich und beenden den Song mit lustigen Lines: "Für ein Stück Brot verkaufst du deine Mamaaaa / wie kannst du sie nur so behan-deeeeeln".

Cloudrap ist dieser Tage dank LGoony, Crack Ignaz und Ufo361 brandaktuell, und "Kein Weg Zurück" grätscht genau dort hinein. Begleitet von spacigen Synthies und dem genretypischen Autotune gerät der Beitrag von Afrob gleichwohl ein wenig weinerlich und der langsame Beat kommt zu zäh.

"Fühl mich wie die Made im Speck / und ihr mögt keinen Trap / interessiert mich en Dreck". Der Tausendsassa Robert Zemichiel schaut auch beim Trap mit "One Man Show" vorbei und hätte sich dort ein wenig mehr austoben können, da sowohl der generische Trapbeat als auch die nicht mehr als solide Performance Afrobs den Song nicht über ein mediokres Maß hinausheben.

Ab der zweiten Hälfte nimmt der Autotune-Einsatz zuweilen Überhand: "Das Muss Es Sein", "Weit Weg", "Interlude", "Irgendwann" und "Oh Gott" sind davon betroffen. Glücklicherweise wirkt sich das nur im Detail negativ aus: Die Bridge bei "Weit Weg" entpuppt sich als Fremdkörper, die Hooks von "Irgendwann" und "Oh Gott" schlendern zu sentimental dahin.

Der größte Störfaktor bleibt jedoch der Mannheimer Naidoo. In "Weit Weg" badet der Freund der Verschwörungstheorien wieder in selbigen: "Man sagt es gebe kein Kraft / die das Weltgeschehen steuert / deswegen gebe ich nicht nach / glaube nie was eine Regierung beteuert / Im Wort Regierung steckt die Gier / wo soll sie stecken, wenn nicht hier". Ist ja gut Xavier, in 'Regierung' steckt die 'Gier', in 'Boyfriend' steckt 'End' und in 'Treason' steckt 'Reason'. Man kann alles extra polieren, wenn man es darauf anlegt.

Afrobs "Mutterschiff" bietet insgesamt ein buntes Potpourri des Rap, in dem Robbe viel Spaß hat und Elan zeigt. In keinem Song wirkt er gelangweilt. Die Beats sind dazu bis auf zwei Ausnahmen sehr fein und mit eingängigen Melodien produziert und lassen dem Rapper genügend Raum zur Entfaltung. An manchen Stellen mag die letzte, in sich geschlossene Konsequenz fehlen. Das wäre angesichts der vielen Rap-Subgenres, die Afrob auffährt, aber vielleicht auch zu viel verlangt.

Trackliste

  1. 1. Ich Bin Dieser
  2. 2. Alles Nehm Ich Mit
  3. 3. Einfach Machen (feat. Gentleman)
  4. 4. Warum Bist Du So
  5. 5. Herz Und Seele (feat. Samy Deluxe)
  6. 6. Kein Weg Zurück
  7. 7. One Man Show
  8. 8. Mein Song
  9. 9. Es Geht Wieder Los (feat. MC Sadri)
  10. 10. Das Muss Es Sein (feat. Haben)
  11. 11. Weit Weg (feat. Xavier Naidoo)
  12. 12. Interlude
  13. 13. Wenn Ich Groß Bin (Wenn Ich Groß Bin)
  14. 14. Irgendwann
  15. 15. Oh Gott (feat. M.A.M)
  16. 16. No Love

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7 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 7 Jahren

    Hört man sich dieses über weite Strecken sehr langweilige Album an, muss man sich schon fragen, warum dieser Herr einmal zur deutschen Rap-Hoffnung erklärt wurde

    Ganz finstere Zeiten

    Afrob will ein Stück vom Cloud-Rap-Kuchen abhaben, doch beißt sich dabei auf die Zunge. Er will Streetelemente doch versinkt in Monotonie. Er bringt Gentleman auf Autotune, was noch unhörbarer als die sperrigen Versuche mit Wackelsamy im Raggaetone. Da wird von der Produktion ein Nicolay aufs Simpelste zitiert, G-Unit Ästhetik kopiert und heraus kommt ein Album was eigentlich niemand braucht

    Nicht wirklich komplett schlecht, aber von Relevanz keine Spur

  • Vor 7 Jahren

    Ungehört 1/5 wegen Naido-Feature.