laut.de-Kritik

Aus Mosbach direkt ins nasse Grab.

Review von

An der gar nicht mal so schönen Rummelsburger Bucht in Berlin soll in einigen Jahren "Coral World" entstehen, eine Art Zooaquarium mit Hotel und Fressgelegenheiten. Manche finden das doof, viele (Kinder!) finden es toll. Ahab kommen zwar aus Mosbach irgendwo im Südwesten, veröffentlichen trotzdem zeitlich passend zum Beginn der Bauarbeiten Ende Januar den Soundtrack dazu: "The Coral Tombs". Stimmt natürlich nicht, aber wenn man eine Nische wie Nautik-Doom bedient, gibt das natürlich Fläche für schale(ntierige) Witze. Nautik in diesem Fall, weil das Album laut Band auf Jules Vernes 20.000 Meilen unter dem Meer basiert. Eine ein klein wenig ausgelutschte Vorlage, aber mit Recht ein Klassiker und eine gute Geschichte hat noch keinem Album geschadet.

Doom und Bauarbeiten im Berliner Bürokratiesumpf haben ja sowieso augenscheinliche Gemeinsamkeiten, also Taucherbrille auf und wir beginnen mit dem einsteigerfreundlich benannten "Prof. Arronax’ Descent Into The Vast Oceans". Wer begrüßt uns da böse dreinblickend wie eine Muräne? Chris Dark von den Kölnern ULTHA. Als erstes wird einem dadurch verdeutlicht, was dieses Land doch für feine Metal-Sänger hat. Sowohl Dark als auch Daniel Droste eröffnen eindrucksvoll, Cornelius Althammer versucht gleich zu Beginn, sich beim Drummen die Handgelenke zu brechen, bevor der Song das Tempo komplett rausnimmt und in einen treibenden Wellenrhythmus übergeht. Der lässt sich dann richtig Zeit. Zwischendrin hört Droste sich an wie der flehentliche Glenn Danzig, was ein Kompliment sein soll. Da Jens Siefert in den RAMA Studios in Mannheim einen guten Job bei den Aufnahmen machte, hört sich das alles zumeist vielschichtig und interessant an, obwohl oft gar nicht so viel los ist - aber den Willen, viel Zeit mitzubringen, den sollte man trotz all der gebotenen Abwechslung haben.

Unbestritten ist der ganze maritime Aspekt, das Abtauchen etc., nicht nur im Opener gut getroffen. Nemo nimmt uns mit auf "Colossus Of The Liquid Graves", das etwas zu Doom-klassisch stampft und nicht durchgehend über sechs Minuten unterhalten kann. "Mobilis In Mobili" lässt sich zu Beginn zwar etwas zu lange Zeit, kann dann aber richtig überzeugen. Growlend reißt es den Hörer in die Tiefe, man würde sich den ultrawuchtigen Mittelteil fast noch etwas länger wünschen zuungunsten des folgenden Athmo-Teils. "The Sea As A Desert" beginnt großartig und sehr melodisch. Ahab lassen den Gitarren auf "The Coral Tombs" mehr Platz und Droste tut ebenfalls sehr gut daran, mehr Klargesang einzubauen, denn sein Organ ist nicht nur technisch beeindruckend, sondern passt auch ohne Verzerrung gut zum Bandsound. Der Song entfaltet zum Ende hin eine tolle Epik, an der man nur mäkeln kann, dass Ahab sich bislang schwertun, solche dramatischen Ausgreifungen und härtere Parts miteinander zu vermählen. Co-Existenz bleibt das höchste der Gefühle, wenngleich auf hohem Niveau. "A Coral Tomb" gerät im Songwriting im Vergleich etwas weniger einfallsreich, "Ægri Somnia" macht es besser, wenngleich Drostes Part hier etwas abfällt. Beides aber nur gehobene Genrekost.

Den Abschluss bildet "The Mælstrom", hier darf Genre-Ikone Greg Chandler von Esoteric mit ans Mic, was Droste ähnlich wie beim Opener anscheinend als Herausforderung versteht. Ein guter Abschluss für ein gutes Album, dem die lange Produktion aber vielleicht nicht gut tat. Manche Idee wirkt zu glattgeschliffen, stellenweise werden zu schematisch Genre-Erwartungen erfüllt, wo doch auf breiter Fläche durchblitzt, was diese tolle Band alles auf dem Kasten hätte. "The Coral Tombs" erscheint übrigens in neun verschiedenen Versionen, vom curacao-farbenen 2LP-Gatefold bis zum CD-Digisleeve. Die Info nur, falls ihr auf einen Goldschatz gestoßen sein solltet.

Trackliste

  1. 1. Prof. Arronax’ Descent Into The Vast Oceans
  2. 2. Colossus Of The Liquid Graves
  3. 3. Mobilis In Mobili
  4. 4. The Sea As A Desert
  5. 5. A Coral Tomb
  6. 6. Ægri Somnia
  7. 7. The Mælstrom

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