laut.de-Kritik
Weird-Folk-Klassiker mit Außeriridischen-Timbre.
Review von Michael SchuhGab das verschwommene Schwarzweiß-Foto ihres Gesichts auf dem letzten Album "Party" schon wenig Oberflächliches über die Person Aldous Harding preis, treibt es "Designer" nun auf die Spitze. Statt eines Fotos purzeln die acht Buchstaben des Albumtitels ornamental ineinander, weiß auf schwarz, reduziert, ästhetisch. Es ist ein Statement, von Ferne an das Wellencover des Joy Division-Debüts erinnernd.
Wem hier die persönliche Bindung zur Künstlerin fehlt, dem sei das Video zu "The Barrel" empfohlen. Harding stiert den Betrachter so durchdringend an, dass man sich fast schon selbst beobachtet fühlt - von ihr, hinter dem heimischen Bildschirm. Auch ihre Songs entwickeln auf unheimliche Art Superkräfte, evoziert in erster Linie von dem an Nico gemahnenden Außeriridischen-Timbre ihrer tiefen Stimme.
"Designer" ist ein weiteres hochkarätiges Werk, das ihren Flüster-Folk aber auf ein neues Level hievt. Dies belegt gleich der vergleichsweise opulent arrangierte Opener "Fixture Picture", in dem sie ein Gespräch mit einer verflossenen Liebe imaginiert und dafür poetische Worte findet, die keinerlei Reue oder gar Wut über das spätere Ende beinhalten: "Fixture picture / I've got it / I'm on it / You're in it / I'm honoured".
Wenig verwunderlich, dass nun auch Jimmy Fallon auf sie aufmerksam wurde, in dessen "Tonight Show" sie jüngst außer dem fantastischen Song "The Barrel" nebenbei noch eine textile Variation ihres knallroten "Fixture Picture"-Video-Outfits präsentierte. Die Handschrift des Produzenten John Parish hört man noch stärker heraus als auf "Party", die hauchdünn auf ihren Samt-Folk gebetteten Arrangements mit Tenor-Saxofon, Streichern oder Klarinette sowie der gelegentliche Duettgesang erinnern an Parishs PJ Harvey-Glanz-Koop "Let England Shake".
Ein Vergleich, der lediglich aussagen soll, in welcher Liga Harding mit ihrer dritten Platte bereits spielt. Songs wie das auf federleichtem Bass groovende "Weight Of The Planets" oder auch die Eis schmelzende Hymne "Zoo Eyes" bilden dabei das Gegengewicht zu tiefdüsteren Piano-Alleingängen wie "Pilot". Textzeilen wie "I get so anxious I need a tattoo / something binding that hides me" oder Storylines, die in Dubai spielen, flankieren die Extravaganz ihrer Songstrukturen, besonders im vielschichtigen Titeltrack. Aldous Harding liefert mit "Designer" einen Weird-Folk-Klassiker mit Langzeitwirkung.
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