laut.de-Kritik
Da fragt sich sogar Marcus selber warum.
Review von Johannes JimenoVor fünf Jahren beglückte der Meister der Elektrolore seine Anhänger mit dem "Kristall", nun tritt er als "Pharao" in Erscheinung. Wer aber glaubt, dass er sich auch dementsprechend musikalisch orientiert, ist falsch gewickelt. Schon die erste Single "Rastafari" klingt alles andere als nach Dünen oder mystischen Melodien, sondern eher nach billigem Reggae-Pop. Was genau bringt uns Alexander Marcus denn noch so mit, außer diesen hartnäckig-behämmerten Ohrwurm?
Wie nicht anders zu erwarten: allerlei Tinnef und Kokolores. "Denn Sie Wollen Den Nektar" lässt die pure Abneigung in einem emporsteigen, wenn das Summen von Insekten ertönt, dazu ein verstohlener Reggaeton-Beat und E-Gitarre sowie ein völlig abstruser Text. Da fragt sich sogar Marcus mehrfach im Song "Warum?". Oder die Powerballade "Schwimm Nicht So Weit", bei der er sich selbst "King" nennt und über zu starke Strömungen in seiner Kindheit sinniert.
"Lass Mich Los" steigt mit folgender Zeile ein: "Lass mich los, du dummes Schwein / geh weg von mir und lass mich allein / und wenn du's nicht machst / schlag ich auf dich ein", adressiert an seinen Lehrer, seinen Psychiater und seine Mutter. In "Ich Will Verreisen" verwurstet er 'Hoppe hoppe Reiter' und checkt in einem Hotel ein, wo es Frühstück lediglich von 06:00 bis 07:30 Uhr gibt.
Seltsame Romantik ist in "Jetzt Hammwas" zu hören: "Hätten nie gedacht, wie ernst das wird / und das wir so ein schönes Paar abgeben / Jahrelang sind wir herumgeirrt / Ich in Hotels, du in Erotikläden". Das Fremdschamsonar schlägt bei "Teeny" am stärksten aus. Diese überaus kitschige Bluesballade mit Plastikbläsern lädt vermutlich Damen höheren Alters auf der Aida zum eng umschlungenen Schwofen ein, dabei an selige Jugendzeiten denkend.
Demgegenüber stehen die drei ersten Tracks, die recht solide produziert sind. "Der Abend Wird Gut" funktioniert auf dem Ballermann einwandfrei, "Brich Das Eis" kokettiert mit Dark House Anfang der 2000er und bringt mit aberwitzigen Gesangsvarianten Abwechslung. "Krass Superschön" mit seinem 90er Hip Hop-Beat fungiert als Ode an seine Fans. Auch das Quasi-Instrumental "Hey Joshua" überzeugt mit breiten Synthies und entspanntem Elektro. Dass Marcus dazu "Dadadaaaa" singt wie ein Geschöpf geistiger Brachlandschaften, sei mal ausgeklammert.
Felix Rennefeld, wie Marcus mit bürgerlichem Namen heißt, veranstaltet auch auf "Pharao" seinen üblichen Zinnober, versucht hier und da seine Botschaft 'Die Liebe eint uns alle' zu vermitteln. Trotzdem springen dabei keine kultigen Nonsens-Hits wie der "Hawaii Toast Song", "Papaya" oder "Soldaten Der Liebe" heraus. Dafür meint er es paradoxerweise doch ein wenig zu ernst.
16 Kommentare mit 28 Antworten
Blasphemie
Och wieder so hart geurteilt. Ich finde das Album unterhaltsam, wenn auch weniger musikalisch.
5/5 ungehört
Massig Hits.
Top 3:
- Ich will verreisen
- Denn sie wollen den Nektar
- Brich das Eis
Klare 5/5!
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Album für Jimeno eine Nummer zu groß war.
Frisch. Deutsch klingt hier so wunderbar gekonnt, gerade mit lyrischem Talent. Weitgehend unmusikalisch ist die Sprache normalerweise, also bräuchte es schon die Intonation oder Dichtung eines Alexander Marcus. Ooh, so fantastisch!
Musikalisch würds international für solch einen Standard 5/5 Sternen geben, hier freut man sich halt schon derbe, wenn alle Jubeljahre mal ein solches AOTY veröffentlicht wird. Gut/5.
Wort. Alexander Marcus ist für mich einer der gaaaaanz wenigen deutschen Acts, die wirklich Energie haben und sich nicht in peinlicher Schwülstigkeit oder verklemmtem Geschrei suhlen. Macht immer wieder Freude!
Ja, das ist es, was Alexander Marcus für mich so GENIAL macht.