laut.de-Kritik

Mit Wut im Bauch gegen die Ungerechtigkeit der Welt.

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Gleich zu Beginn ist klar, dass die Algiers auf "The Underside Of Power" genau da weitermachen, wo sie mit ihrem Debüt aufgehört haben: Begleitet von wütenden Industrial-Drums und einer düsteren Pianomelodie läuft eine Rede des 1969 im Schlaf erschossenen Black Panther Party-Aktivisten Fred Hampton, bis sich Sänger Franklin James Fisher bei Sekunde 25 auf das Album schreit. Da ist sie wieder, die Wut, die auch dem Vorgänger "Algiers" eine brachiale Kraft gab, hier allerdings noch potenziert. Kein Wunder, die Welt hat sich seither nicht gerade zum besseren gewendet. Trump, Brexit, ein neuer, in der Mitte der Gesellschaften angekommener Rassismus und in Syrien Zustände jenseits von allem, was man sich in seinen schlimmsten Alpträumen ausmalen könnte.

Da ist Wut mehr als angebracht und Kunst im Allgemeinen und Musik im Speziellen ein guter Katalysator. Auch auf "The Underside Of Power" betreiben Algiers wieder in Musik gegossene Kulturkritik, stellen sich gegen Kapitalismus, das Establishment und Rassismus, den die in London, Atlanta und New York lebenden Bandmitglieder selbst am eigenen Leib erfahren haben. Hier gibt es kein Friede Freude Eierkuchen oder seichtes 'Du, du, du' mit erhobenem Zeigefinger. Protest und Widerstand sind bei den Algiers identitätskonstituierend und entladen sich in teils sperrigen Songs, die Stilmittel aus Gospel, Industrial, No Wave und Soul zu einem ganz eigenen Sound verquirlen.

Dass es da zumeist recht düster zugehen muss, liegt in der Sache der Natur. Der Titelsong ist mit seiner klaren Struktur, dem souligen Refrain und vom Tempo her die wohl zugänglichste und tanzbarste Nummer des Albums. Ein leichter Anflug von Popmusik, den die Algiers in den übrigen elf Liedern völlig kleinhacken. Einmal sogar buchstäblich, wenn der ehemalige Bloc Party-Drummer Matt Tong, der die Band unterstützt, zum dissonanten Noiseanfall "Animals" sein Schlagzeug kleinprügelt.

Neben dieser punkigen Hetztjagd lassen sich Algiers in den meisten Songs mehr Zeit und Rollen ihre kantigen Arrangements in Midtempo auf. Ausnahmen bilden das Industrial-Geklapper von "Cry Of Martyrs", in dem sicherlich auch die ein oder andere Nine Inch Nails-Synapse mitflackert und das soulig-jazzige "The Cycle / The Spiral: Time to Go Down Slowly", das sich nach dem Break zu einem Duett von Lee Tesches rasender Gitarre und Fishers Gesang entwickelt.

Gelegentliche Trip Hop-Reminiszenzen wie etwa im sphärisch-düsteren, rein musikalischen "Plague Years" könnten dem Produzenten Adrian Utley geschuldet sein, der auch bei Portishead die Finger im Spiel hat und den Sound von Algiers mit etlichen Synthies bereichert. Man könnte noch zahlreiche weitere Stile aufzählen, auf die die Band referiert. In diesem kompositorischen Eklektizismus liegt die Kraft der Algiers, daraus entstehen spannende Reibungen und ein komplexer Sound mit Überraschungen. Wer erwartet etwa, dass "Hymn For An Averange Man" nach der ruhigen und repetitiven ersten Hälfte kurzeitig in die psychedelischen 70er eintaucht?

Es braucht mehr solche Bands, die die Etikette auf links bürsten und aus tiefster Überzeugung gegen das Ungleichgewicht der Welt ansingen. Im Fall von "The Underside Of Power" gelingt das sogar noch auf intellektuell anspruchsvolle und dennoch nicht zu verkopfte Art und Weise.

Trackliste

  1. 1. Walk Like A Panther
  2. 2. Cry Of the Martyrs
  3. 3. The Underside Of Power
  4. 4. Death March
  5. 5. A Murmur. A Sign.
  6. 6. Mme Rieux
  7. 7. Cleveland
  8. 8. Animals
  9. 9. Plague Years
  10. 10. Hymn For An Average Man
  11. 11. Bury Me Standing
  12. 12. The Cycle / The Spiral: Time To Go Down Slowly

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