laut.de-Kritik

Synthiepop-Sommerreise mit Höhen und Tiefen.

Review von

"Schrecklich niedlich" nannten Kritiker die künstlerischen Anfänge und das bisherige Erscheinungsbild der Französin Alizée. Nun gibt sie sich erwachsener, aber nur optisch. Dabei hat die Korsin einige gelungene Songs im Gepäck, allerdings auch viel Durchschnitt.

Der mit vielen elektrischen Elementen aufgepeppte Titeltrack "Blonde" setzt auf Tempo und Dancefloor, ist jedoch leider unüberhörbar auf Single-Auskopplung getrimmt. Das mit verschleppten Rhythmen arbeitende "K.-O." lässt es gelöster angehen, leidet aber an vorhersehbarer Allerweltspop-Dramaturgie.

Die stärksten Nummern finden sich im letzten Alben-Drittel. "Tweet" schlendert mit Vinylknistern und Grammophonsound-Passagen sexy und übermütig den Sixties-Boulevard entlang. Der Einsatz von Retro-Elementen findet seinen Höhepunkt im fesselnd inszenierten "Charles Est Stone".

Das Intro flirtet in Gestalt einer quirligen Trompete heftig mit dem Jazz, bevor der Pop und straffe Dance-Beats wieder die Oberhand gewinnen. Dem prickelnden Song verleiht die Trompete mit ihrer stets präsenten Loop-Linie rechte Würze.

Das sphärisch angelegte "Seulement Pour Te Plaire" hingegen taumelt unentschlossen im Synthiepop-Kosmos herum, ohne genaue Zielangabe im Bordcomputer. Die einzige richtige Ballade des Albums, "Mon Planeur", kommt über süße Nichtigkeit nicht hinaus. Die elektrisch angelegte und konsequent durchgezogene Grundstruktur aller Lieder sorgt zwar für viel Abwechslung, was die Soundeffekte angeht. Häufig übertünchen sie jedoch nur die im Kern allzu schlicht angelegten Songkonstrukte ("Mylène Farmer", "Alcaline").

Über dem oft dichten Synthie-Wabern steht Alizées Gesang immer klar und mit sauberer Intonation im Vordergrund. Trotz des Alters von inzwischen 29 Jahren schwingt ihre einstige verspielte "Moi ... Lolita"-Stimme noch immer durch. Wenn Alizée wie im flott swingenden "Bi" "L'amour"-Schwüre mit einem koketten "Baby" verbindet, weiß man auch ohne Französisch-Kenntnisse, was gemeint ist. Das melodisch starke Akzente setzende "Plus De Bye-Bye" hätte ein weiteres echtes Highlight abgeben können, beraubt sich aber wegen des zu banal inszenierten Refrains einer besseren Bewertung.

"Blonde" bietet in seinen guten Momenten unbeschwerten Sommerpop der freundlicheren Sorte. Die Anzahl wirklich überdurchschnittlicher Songs hält sich aber im Rahmen. Manch zu vordergründig eingespielten Track retten nur die charmante Präsenz der Französin vor seinem Absturz in die Belanglosigkeit. Und da ist es wieder, das Etikett 'Niedlich'. Immerhin: 'Schrecklich niedlich' ist "Blonde" dann doch nicht geraten.

Trackliste

  1. 1. Blonde
  2. 2. K.-O.
  3. 3. Alcaline
  4. 4. Seulement Pour Te Plaire
  5. 5. L'amour Renfort
  6. 6. Bi
  7. 7. Mon Planeur
  8. 8. Ce Qui Tue L'amour
  9. 9. Tweet
  10. 10. Charles Est Stone
  11. 11. Mylène Farmer
  12. 12. Plus De Bye-Bye

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7 Kommentare mit 30 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Von dem Album habe ich im Vorfeld gar nichts mitbekommen, dabei mochte ich sowohl "Une enfant du siecle" als auch "5" sehr gerne. Liegt wohl daran, dass "5" erst im letzten Frühjahr erschienen ist und ich nicht so rasch mit einem neuen Album gerechnet habe. Werde dann mal reinhören.

  • Vor 10 Jahren

    Unser Französischlehrer ist damals ziemlich ausgeflippt als er uns im Unterricht "Moi Lolita" vogespielt hat und die gesamte Klasse den Song scheiße fand. :D Als Mittelstufenschüler hat man sich das Video auch eher ohne Ton über den Internet Explorer angeschaut...

  • Vor 10 Jahren

    Gott, ich wusste, dass die Kommentare wie immer viel unterhaltsamer seien würden, als die Musik. :D