laut.de-Kritik

Gib dem Affen Zucker. Oder besser gleich Bacardi.

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Ein Orgelknurren zieht sich über flirrende fünfzehn Sekunden, nur um von einem Riff-Auftakt schnörkellos geköpft zu werden. Dann: eine Stimme wie aus 1001 Zechnacht, die gleich in der nächstbesten Zeile eine Lobpreisung auf den weiblichen Hintern anstimmt. Grundgütiger, er ist es wirklich, Andre Williams, der Black Godfather aus Detroit, der Duke Of, ja, Dirty-Ass.

Völlig unvorbereitet schlittert man nach seiner zurück gelehnten 2006er Hippie-Soul-Vorstellung "Aphrodisiac" in diese dezibellastige, dreckig-animalische Seniorenbutze, deren Hausmeister mit 71 Jahren nichts anderes im Schilde führt, als seine Gäste mit schmutzigen Geschichten zu unterhalten.

Alle Resthoffnungen auf diese vor allem musikalisch überzeugende Rückkehr verglimmten spätestens Anfang 2008, als Williams einen desaströsen Freiburg-Auftritt ablieferte, der eher darauf hoffen ließ, dass der klapprige, zugedröhnte Mann da oben auf der Bühne zu Hause in Chicago wenigstens eine Krankenversicherung besitzt.

Wir wissen es bis heute nicht. Was wir wissen ist, dass Dre, wie ihn seine Freunde nennen, nach Tournee-Ende nicht den längst verdienten Ruhestand einläutete, sondern mit den New Orleans Hellhounds eine neue Backingband aufsuchte, die dem alten Affen mächtig Zucker verabreichte. Oder wahrscheinlich gleich Bacardi.

Der Opener "Can You Deal With It" ist ein dampfender Bluesrock-Brocken inklusiver Cheerleader-Walhalla, an dessen Ende man nur noch verwirrt "Hallelujah" stöhnen möchte, wenn Andre uns dies nicht auch noch abnehmen würde. Die Orgel unterlässt derweil überflüssige Spirenzchen und ordnet sich mannschaftsdienlich der mächtig tighten Vorgabe der Rhythmusabteilung unter.

Nicht unerwähnt soll hier das dezente wie wirkungsvolle Gitarrensolo bleiben, das die mir unbekannte Hellhounds-Combo als abgezockte Vollprofis enttarnt. Auch das spätere Cowbell-Solo in "Your Woman" bleibt nicht unbemerkt.

"Hear Ya Dance" ist nur ein kurzer, atemregulierender Slowie, den der Black Godfather dazu nutzt, nach dem Garage Blues-Opener seinen berüchtigten Sprechgesang vorzustellen, der ihm in den 50er Jahren den ersten Plattenvertrag einbrachte. Danach komponierte er für Motown, bevor der drogensüchtige Williams lange von der Bildfläche verschwand.

Wie man den Mann, den Jon Spencer 1998 aus der Gosse zurück ins Studio zerrte, aber dazu bringen konnte, Rock'n'Roll-Schieber wie "Never Had A Problem" einzushouten, bleibt wohl auf ewig das Geheimnis der New Orleans Hellhounds.

Lückenfüller, wie sie auf dem '98er-Comeback "Silky" nur spärlich zu finden waren, bleiben nunmehr völlig aus und machen "Can You Deal With It?" zu einem Alterswerk, auf das mancher Star-Rocker stolz wäre.

"If you quit giving me that satisfaction / I'm gonna cry", grunzt Williams in "If You Leave Me", nur um mit der Wucht eines Vollzeit-Hustlers nachzusetzen: "But if you walk out on me Mama / You're gonna die!" Hell yeah! Thekenrocker und Macho-gestähltes Rockerinnenvolk: Diese Platte wird euch so manchen Suff versüßen!

Oder um es mit der punktgenauen Notiz der Plattenfirma zu sagen: "Dre and New Orleans. Two Fighters. Yes, we can deal with that!"

Trackliste

  1. 1. Can You Deal With It?
  2. 2. Hear Ya Dance
  3. 3. Never Had A Problem
  4. 4. Pray For Your Daughter
  5. 5. If You Leave Me
  6. 6. Rosalie
  7. 7. If It Wasn't For You
  8. 8. Your Woman
  9. 9. Can't Take Em Off

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