laut.de-Kritik
Wie eine Mon Chéri-Werbung mit Paulo-Coelho-Klosprüchen.
Review von Markus BrandstetterAndrea Berg vermisst dich wie die Hölle, hey, du fehlst ihr hier total. Potzblitz aber auch: Die Berg covert Zlatko und Jürgen! Moment, Fehlalarm. Der Opener ihres neuen Albums "Seelenbeben" hört sich nur genau so an. "Lust Auf Pures Leben" heißt dieses Juwel von einem Song und was Substanz und Tiefgang betrifft, unterscheidet es sich von der genannten Big-Brother-Bromance nur geringfügig. Und weil Madame dermaßen Lust aufs Leben hat, ist sie auf dem Cover in einer imposant wehenden, roten Robe zu sehen. Allein die Farbe des Zwirns deutet es schon an: das ewig brennende Feuer der Liebe. Oder das ewige Höllenfeuer der Verdammnis.
"Alles explodiert, wenn dein Zaubermund mich küsst", singt Her Bergness, und dann: "Komm wir feiern den perfekten Tag / denn du weißt was ich am liebsten mag". Sehr poetisch und stimmungsvoll. Gerne ist sie auch impulsiv in ihrer Lebensfreude: "Ich hab Lust auf's Leben, um die Welt zu fahren mal eben". Für so eine spontane Weltreise hat Frau Berg - der kaufbereiten Fan-Gemeinde sei Dank - ja das nötige Kleingeld. Damit das mit der Portokasse auch so bleibt, sind Experimente auf "Seelenbeben" natürlich nicht existent, stattdessen Schlager in Großbuchstaben mit blinkenden Schriftverschnörkelungen und Feuerwerk, Pauken und Trompeten. Man will ja die eigene Hörerschaft nicht verärgern.
Einen Fixplatz in ihrem lyrischen Oeuvre hat die Promiskuität des Anderen."Es gibt für uns kein Happy End / Weil meine große Liebe mit ner anderen pennt". Und im selben Atemzug: "Ich werde lächeln, wenn du gehst / Mir doch egal, wo du heut schläfst" ("Ich Werde Lächeln Wenn Du Gehst"). Außer Lebenslust und dem Typen, der mit einer anderen pennt, finden sich auf "Seelenbeben" noch folgende Themenkomplexe:
1. Das schöne Leben. Thematisiert beispielsweise in "Das Hat Die Welt Noch Nie Gesehen". Hier geht es - paraphrasiert - darum, dass jemand wirklich äußerst verliebt ist und dem amourösen Gegenüber angibt, in Flammen zu stehen. Ob da nicht die Schmetterlinge im Bauch anbrennen?
2. Krieger-des-Lichts-Poesie, Ewigkeit, Sternenstaub. "Sternenträumer" heißt das Lied. Andrea Bergs Stimme vibriert darin wirklich sehr dramatisch. Hier hätten auch Silbermond am lyrischen Pergamentpapier gesessen haben können. Große Lyrik.
3. Missbrauchtes Vertrauen, again and again, und die Wiederherstellung desselben - dank neu eingegangener Partnerschaften. In "Seelenbeben" galoppiert der Beat und eine Panflöte kreiert eine Atmosphäre, die eventuell an amerikanische Ureinwohner erinnern soll. Irgendwer scheint echt andauernd ihr Herz zu brechen. Scheiße nochmal, sagt dieser Person, sie möge bitte endlich damit aufhören.
4. Hedonismus. Und zwar auf das Verwegenste! "Diese Nacht Ist Jede Sünde Wert" heißt die philosophische Betrachtung. "Im goldenen Käfig kann man keine Sterne sehen": Die Welt will einen immer zurückhalten, aber wir brechen aus - in den Exzess, in die Romantik, in die Ekstase. "Im Mondlicht sind wir beide ungestört / So ein Moment, den man nur aus dem Kino kennt". Ich nehme an, es geht um Petting am Strand, entfacht durch eine Rumpraline zuviel.
5. Märchen-Metaphorik. "Drachenreiter", "Märchenschloss". "Lass uns Drachenreiter sein, furchtlos und frei / Mit brennenden Flügeln, zur Sonne hinauf / Keine Macht hält uns je auf". Das klingt, als hätte Hartmut Engler von Pur versucht, ein crazy Rebellenlied zu schreiben. Knüller-Gitarrensolo übrigens inklusive.
6. Liebesutopien. Exhibit A: "Wunderland". Mit Snare-Rolls, getragen und erhaben wie eine Königshymne. "Wird der Himmel dunkel, wer hält es mit mir aus?", fragt die Berg in den Raum. Ob sie am Ende ihre wahre Liebe findet?
7. Selbstzweifel. "Hab ich echte Freunde, werde ich vermisst? Haben wir am Ende aus den Fehlern auch gelernt? Mussten wir erkennen, dass Applaus allein nicht wärmt". Tiefe Sinnsuche, die einen sofort nachdenklich stimmt. Worin besteht eigentlich der Sinn des Lebens? Der Song klingt musikalisch übrigens wie alles auf dem neuen The-Corrs-Album.
Fazit: Andrea Berg liefert ab, was sie abliefern muss. Dubiose Konservensounds, imposanter Pathos, Gefühle zwischen Mon Chéri-Werbung, Telenovela und Paulo-Coelho-Lebenshilfesprüchen für Menschen in der Midlife-Crisis. Oder anders formuliert: "Seelenbeben" ist das glitzernde, feurige, lebensbejahende und sinnstiftende Optimum für alle Jünger und Jüngerinnen der Bergpredigt.
16 Kommentare mit 31 Antworten
http://www.schleckysilberstein.com/2016/04…
Schon alleine die Proportionen sind so lächerlich Man stelle sich mal vor wie die Cover-Andrea in Jeans und T-Shirt aussehen würde, oder auf einem Stuhl sitzend.
sie bleibt natürlich weiterhin astreines mettenmaterial für die versammelte vorkriegsjugend vom brüser berg bis nach braunau am inn
Alboin & Der Eiserne approve of this!
dachte eigentlich, dass paras ttt link das abartigste war, was es hier und heute zu ertragen gilt ...
ach, ich denke, der eiserne postet heute sicherlich auch noch ne menge abartiges zeugs.
Da freust du dich doch drauf, da kannst du dann wieder so richtig abnöckeln.
ich bin doch noch relativ ruhig.
Procrastination, Baby!
https://www.youtube.com/watch?v=pBCI1R7b1ZI
Nuff said.
Danke für diesen Beitrag
"Es stimme gar nicht, dass Andrea Berg "keinen Bock mehr" hat - das stellt sie klar."
Andrea Berg bleibt die unangefochtene Königin des Horrorcores
sista lynch hung?
http://www.laut.de/News/Doubletime-Der-neu…
Das Album hat doch der Dieter produziert und die Andrea singt doch nur vom Blatt ab, also nicht zu hart zu ihr bitte.
Wenn der Dieter eines kann, dann ist es seine Scheiße in Gold zu verwandeln.
Mission erfüllt, Millionen im Sack.