laut.de-Kritik
Am Ende bleibt alles beim Alten.
Review von Sven KabelitzIn eine Regenbogenfahne gewickelt springt Andreas Gabalier über die Bühne, fordert offensiv mehr LGBTIQ+-Rechte. Er setzt sich für Umweltschutz, für Gleichberechtigung, für Geflüchtete ein, nutzt in seinen Songtexten eine geschlechtergerechte Sprache. Ein Albtraum für alle Gabalier-Hörer:innen, die nun auch noch gegendert wurden.
All dies ausgelöst durch den neuen Anfang ihres Schatzes, der sich – wahrscheinlich von den linksgrünversifften Medien und der Plattenfirma angestachelt – mit "LIEBELEBEN" weit aus dem Fenster lehnt. Wo er eben noch von "Heimatsöhnen" und "Kameraden" schwadronierte, singt er hier: "Am Nordpol, am Südpol / Vom Kaukasus bis nach Südtirol / Kanada oder Afrika / Honolulu, Ipanema / Weil des Feuer der Liebe irgendwo brennt / Wenn ma weiter ois bis zu sei'm Tellerrand rennt." Wo er eben noch meinte, man habe es "heutzutage schwer", wenn man "als Manderl noch auf ein Weiberl steht", und in dieser "genderverseuchten Zeit" von Homosexuellen einforderte, sie sollen ihre Liebe aus Respekt vor den Kindern "nicht ganz so breit in der Öffentlichkeit austreten", singt er nun: "Ob Frau und Mann oder Mann und Mann / Oder zwei Mädchen dann, irgendwann / Wenn der Forrest Gump nicht mehr laufen kann / Ist es Liebe, ist es Leben." Wenn er dabei nicht so authentisch wie Höcke beim Döner kaufen wirken würde, könnte man ihm diesen Sinneswandel fast glauben.
Natürlich haben Menschen immer eine zweite Chance und die Möglichkeit sich selbst zu reflektieren und dazu zu lernen verdient. "Ein Neuer Anfang" muss möglich bleiben, sonst stehen wir für immer still. Mit einer kurzen Entschuldigung im Naidoo-Stil oder einem schlechten Pinkwashing-Song ist es jedoch noch lange nicht getan. Vor allem wenn Gabalier in Interviews rund um die Veröffentlichung seines neuen Albums zeigt, wie wenig sich doch in seiner Weltanstellung geändert hat.
So weit muss man aber nicht mal schauen. Bereits in "Bügel Dein Dirndl Gscheit Auf" reduziert der Sänger Frauen schon wieder auf die zwei aus seiner Sicht wohl wichtigsten Eigenschaften: Ihr Aussehen und ihre Fähigkeiten im Haushalt. Die gesungenen Geschlechterrollen der 1950er, unterlegt von einem von Gitarren und gestrigem Bumms-Beat vorangetriebenen Apres Ski-Lied.
Man kann aber nicht ständig anecken, also formt er mit seiner üblichen Mischung aus Volkmusik und Rock in "The Ram Sam Song" seine eigenen Version des marrokanischen Kinderlieds "A Ram Sam Sam". In dieser Vorhölle aller Eltern, gegen die "Schnappi, Das Kleine Krokodil" wie Marcel Prousts "Auf der Suche nach der Verlorenen Zeit" wirkt, sind ihm selbst Zeilen wie "Machst du Kritzikratzi-Bärentatzi an der Wand?" und "Wird es still in einer Ecke, ist die Windel voll" nicht zu blöd.
An diesem Punkt im Leben angelangten Menschen ist wirklich alles egal. Aus Cornelia Froboess unschuldig seichtem "Mariandl" aus dem gleichnamigen Heimatfilm von 1961 formt der Österreicher eine schauderhafte Klavierballade, für die Wörter wie Schleim, Rotz, Kitsch, Schmutz, Schund oder Ramsch schlichtweg viel zu klein sind.
Die musikalische Egalheit in Stücken wie "Jede Zeit Und Jeder Held Hat Seine Wunden" verbindet er zum Start seiner Grußkarten-Trilogie mit üblen Schlodderschmalz wie "Und foit des Einschlofen dir schwer / So nimm dir meinen Teddybär / Dann host du wenigstens ein kleines Stück von mir". "Immer Wieder" bietet die üblichen ausgelutschten Lebenstipps: "Niemois aufgeben / Jederzeit im Leben / Den Horizont am Himmel sehen.".
Zum Abschluss winkt er freundlich zu den Nachbarn von Frei.Wild, singt ein Hohelied auf "Südtirol". "Vom Brenner bis ins Pustertal / Wo die schönsten Mädchen stehen" einschließlich "Hofers Freiheit-Kampf". In der Verbindung mit Gabaliers bisherigen Texten und mit dem Wissen, dass der südtiroler Freiheitskämpfer heute auch eine volkstumspolitische Leitfigur für viele Rechtsextreme darstellt, hinterlässt dieser so beiläufig gesungene Halbsatz einen dunkelbraunen Beigeschmack.
Es war knapp. Fast hätte man nach "LIEBELEBEN" denken können, Gabalier nimmt das mit "Ein Neuer Anfang" irgendwie wörtlich. Am Ende bleibt aber alles beim Alten. Andreas Gabalier füllt musikalische Gülle und ein rückwärts gewandtes und nach rechts blickendes Weltbild der 1950er in die größtmögliche Düngemaschine und verbreitetet diese toxische Mischung über das bereitwillige Volk.
24 Kommentare mit 36 Antworten
Ungehört Kotzen/5
Hätte nen besseren Titel für das Album: "Ein schnelles Ende".
R
Furchtbar die Genderei
Finde ich ehrlich gesagt auch. Pseudo-Moral. Wobei, zugegeben, dem Andi würd's wahrscheinlich gut tun
Lösch Dich*innen!
Bester Vergleich: "Wenn er dabei nicht so authentisch wie Höcke beim Döner kaufen wirken würde [...]".
Er ist ein Schönling, der auf den immer gleichen 4/4-Takten die immergleichen Liedzeilchen absondert. Und das auf österreichisch, dann wirkt das aufs deutsche Publikum schön exotisch.
Ich warte auf einen Werbespot, in dem er ein Mittel gegen Darmbeschwerden besingt. Vielleicht so: "Waun I.... am Heisl siiez... und in deine Reh-Eigerl schau.... daun was i gaunz genau.... i bin a mau.... der ned kau...."