laut.de-Kritik
Unangepasst und wortreich wie eh und je.
Review von Toni HennigAni DiFranco passt mit ihrer Mischung aus Punk-Attitüde und Folk-Sound nicht in das gängige Bild der Labels. Seit 1989 veröffentlicht sie regelmäßig neue Platten. Dennoch hat sie auch auf ihrem 23. Studioalbum "Unprecedented Sh!t" immer noch eine Menge mitzuteilen.
Ebenso wie viele ihrer anderen Platten lebt "Unprecedented Sh!t" wieder einmal von Geschichten - Geschichten über produktive Freiheit, die Zweischneidigkeit der Pandemie, Identität und ständig wandelbare Glaubenssysteme. Über die Grundidee der Scheibe, nämlich, dass wir den Wert der Identität nutzen können, ohne darauf beschränkt zu sein, singt die US-Amerikanerin im letzten Track "The Knowing". Das Thema zieht sich auch wie ein roter Faden durch das Album.
"Spinning Room" leitet mit dumpfen Akkorden und der kratzigen Stimme der Songwriterin und Feministin die Platte sparsam ein. In "Virus", das ein Sample ihres 1995er-Songs "32 Flavors" enthält und das verzerrte Riffs und wildes Handdrumming durchziehen, zeigt sich DiFranco von ihrer kantigen und offensiven Seite. Demgegenüber fällt "More Or Less Free" mit sparsamen Akkorden recht intim aus, während "Baby Roe" geradezu rockig nach vorne geht.
Das störrische Titelstück beschließt die erste Hälfte, die insgesamt mit ihren kurzen, zwei bis dreiminütigen Songs etwas Rohes und Skizzenhaftes besitzt. In der zweiten Hälfte wirken die Tracks klarer und ausformulierter.
So lässt sich die US-Amerikanerin in "New Bible" viel Zeit, um den Song aufzubauen. Erst ab der Mitte entfaltet der Track seine ganze, kraftvolle Dynamik. "Boots Of A Soldier" gerät als recht sparsames Stück sehr bluesig, während "You Forgot To Speak" von einer Hook lebt, die begleitet von schweren Akkorden, etwas ziemlich Körperliches besitzt. "The Thing At Hand" hat danach schon fast etwas Gespenstisches. "The Knowing" kommt schließlich als Wiegenlied daher, das gesanglich eine gewisse Wärme und Zuversicht vermittelt.
"Unprecedented Sh!t" stellt ein Album dar, das keinem linearen Aufbau folgt und auf dem verschiedene Stimmungen, von aufmüpfig bis nachdenklich, aufeinandertreffen. Ihre Unangepasstheit hat sich Ani DiFranco jedenfalls bewahrt. Somit dürfte auch diese Platte wieder einmal nichts für den breiten Massengeschmack sein.
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