laut.de-Kritik

Jeff Waters im Rip-Off-Mode.

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Jeff Waters ist ein genialer Gitarrist. Das bewies er auch des Öfteren auf den Alben seiner Band Annihilator. Den Platz in der Thrash- und Speed Metal-Ruhmeshalle kann ihm niemand mehr nehmen. Und er sollte froh sein, dass dem so ist, denn mit "Suicide Society" hätte er gewiss keinen bekommen. Auf seinem 15. Studioalbum macht Waters vor allem eines: er trampelt auf seinem Vermächtnis herum.

Der Verlust von Dave Padden scheint dem Kreativzentrum Annihilators ordentlich zugesetzt zu haben. Originäre Ideen finden sich auf "Suicide Society" nämlich so gut wie keine. Eigenständigkeit? Fehlanzeige. Dass Waters' Mikroübernahme vor allem zu einer Dave Mustaine-Gedenkveranstaltung mutiert, versprach bereits der vorab veröffentlichte Titeltrack. Damit ist noch nicht einmal der Höhepunkt erreicht. Der kommt erst mit "Break, Enter". Mehr Knurrhahn geht wirklich nicht mehr.

Den Megadeth-Gesang lockert Waters hin und wieder mit ein paar Hetfield-"Uh"s auf ("Creepin' Again"). Oder er klaut sich gleich gesamte Vocallines von Metallica zusammen. "Break, Enter" bedient sich bei "No Remorse", "My Revenge" übernimmt einfach gleich den ganzen Strophenpart von "Damage, Inc." – inklusive Riff.

Ach ja: Riffs. Metallica und Megadeth sind nicht die einzigen, die Vorlagen liefern. "Snap" kopiert Rammsteins "Ich Tu Dir Weh" fast eins zu eins. Hantiert Waters nicht gerade mit fremdem Material, sind seine Einfälle nur selten weniger lahm. Eine Ausnahme stellt "Narcotic Avenue" dar, mit semicleaner Gitarre durch den Wah-Kanal. Zugegeben, das groovt schon recht ordentlich, findet jedoch nur einmal im Song Anwendung. Danach geht's wieder ab in den Rip-Off-Mode, bevor im Mittelteil endlich mal Annihilator durchblitzen – eine Seltenheit auf "Suicide Society".

Neuere Testament schauen in "Death Scent" vorbei. Every Minute" schlägt ruhigere Töne an, kurz weicht Dave Mustaine einem Mittelding aus Matt Tucks Melodieführung und Axl Rose. Mehr Abwechslung vom Metallica-Megadeth-Mash-Up hat Jeff nicht mehr auf Lager.

Waters hat Glück, dass er es dank seiner Erfahrung immerhin auf die Reihe bekommt, solide Tracks zu produzieren. So befindet sich zwar kein Song auf der Platte, der per se grottenschlecht wäre. Bloß müffelt eben alles enorm nach entweder Abgestandenem oder nach Kollegen-Abklatsch. Besonders die Mustaine-Vocals erzwingen entsprechende Vergleiche. Und obwohl ich nicht der größte Fan von jüngeren Megadeth-Outputs bin – Annihilator kommen auf "Suicide Society" qualitativ nicht einmal in die Nähe davon. Da muss sich dringend etwas ändern, sonst fühlt sich bei der nächsten Platte jemand einsam in der Punktezeile. Knapp war es schon diesmal.

Trackliste

  1. 1. Suicide Society
  2. 2. My Revenge
  3. 3. Snap
  4. 4. Creepin' Again
  5. 5. Narcotic Avenue
  6. 6. The One You Serve
  7. 7. Break, Enter
  8. 8. Death Scent
  9. 9. Every Minute

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