laut.de-Kritik

Der Raum zwischen gefühlten Nullen und Einsen.

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Archive stehen für ausufernde Klangcollagen, die Minimalismus über Größenwahn stellen: Diese Maxime zieht sich wie ein roter Faden durch die 20-jährige Karriere der Briten. Auch ihr zehntes Album macht da keine Ausnahme. Geändert hat sich nur das Mischverhältnis der verschiedenen Genres, die sie zu einem abstrakten Konglomerat verdichten.

Waren in jüngster Vergangenheit elektronische Spielereien lediglich Dreingabe zu ihrem ansonsten von Postrock dominierten Sound, bilden Synthies, elektronische Klangerzeuger und Rhythmusinstrumente auf "The False Foundation" die Basis. Vom Postrock ist da zumeist nur Piano übrig geblieben.

Der Opener "Blues Faces" lässt gemächlich Klaviertöne regnen und pfeift auf irgendwelche Songstrukturen. Überhaupt verweigern sich Archive gängigen Strophe-Refrain-Schemen. Die Atmosphäre steht über der Wiedererkennung – und diese ist als solche ganz schön unterkühlt.

Gerade in den Stücken, in denen sich Archive auf ihre Trip Hop-Wurzeln besinnen, etwa in der vorab veröffentlichten Single "Driving In Nails", wird es serienmäßig maschinell, und das, obwohl die beiden Bandköpfe Danny Friffiths und Darius Keeler betonen, für die Aufnahmen beinahe keine Computer verwendet zu haben.

Den Raum zwischen den gefühlten Nullen und Einsen dehnen sie in Songs wie "The Pull" oder dem Titeltrack dennoch bis in den stoischen Krautrock hinein. Das besticht teilweise mit ausdrücklicher Gefühlsarmut. Wer Postrock auch als entspannendes Kopfkino schätzt, ist bei den fast schon lebensfeindlichen Arrangements generell fehl am Platz.

Wer indes Archiv näher kennt, weiß, dass sie stets bemüht waren, Wiederholungen in ihrem Sound zu vermeiden: Bei der zehnten Platte dürften während des Schreibprozesses aber fast zwangsläufig Momente entstanden sein, in denen man feststellte, dass derlei schon mal aufgenommen wurde. Entweder von anderen oder noch wahrscheinlich von einem selbst. Mit den verschobenen Verhältnissen von Elektronik und Postrock haben sie das Selbstzitat allerdings weitgehend vermieden.

Nur, Musik, die mehr mit Molekülstrukturen als Emotionen zu tun hat, läuft Gefahr zu steif und zugeknöpft zu wirken. Hätten Griffiths und Keeler nicht alles im Alleingang abgewickelt – von den Aufnahmen, über die Produktion bis zum Vertrieb der Platte über das bandeigene Label Dangervisit – wer weiß, welch mitreißende Songs ein feuriger Produzent aus den guten Ansätzen auf "The Fals Foundation" noch herausgekitzelt hätte.

Trackliste

  1. 1. Blue Faces
  2. 2. Driving In Nails
  3. 3. The Pull Out
  4. 4. The False Foundation
  5. 5. Bright Lights
  6. 6. A Thousand Thoughts
  7. 7. Splinters
  8. 8. Sell Out
  9. 9. Stay Tribal
  10. 10. The Weight Of The World

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