laut.de-Kritik

Songlarven, die nur darauf warten, aus ihrem Kokon zu schlüpfen.

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"From Darkness" kann froh sein, dass es kein Müsli, Trinkjoghurt, Fruchtsaftgetränk oder Frühstückskeks ist. Sonst würde Foodwatch bereits in den Startlöchern stehen und laut "Etikettenschwindel!" krakeelen. Denn viel mehr als der namensgebende israelische Jazz-Bassist drücken seine beiden Sidekicks Daniel Dor und Nitai Hershkovits dem neu aufgestelltem Avishai Cohen Trio ihren Stempel auf.

Vor allem Pianist Nitai Hershkovits, der das schwere Erbe von Shai Maestro antritt, brilliert. Er veredelte bereits die beiden letzten Cohen-Alben "Almah" und "Duende". In seinem dynamischen Spiel vereint er die dunkle mit der hellen Seite der Macht. Er eröffnet den Songs Perspektiven, verleiht ihnen die nötige Tiefe, die Strahlkraft, die Melancholie und den gleißenden Lebensfunken.

Schlagzeuger Daniel Dor vereint als pumperndes Herz das Trio. Seine feingliedrigen Rhythmen vermischen Jazz mit einem Rock-Ansatz. Zwischen dezent, sanft und barsch pendelnd, leuchtet er die Möglichkeiten seines glockenhellen Vortrags aus.

Das Einnehmende am neuen Avishai Cohen Trio stellt jedoch das Zusammenspiel der drei Individuen dar, die zu Cohens dezentem, aber noblen Bass-Spiel von Beginn an zu einer Einheit verschmelzen. Charlie Chaplins Klassiker "Smile" aus dem Film "Moderne Zeiten" schleicht sich als einzige Fremdkomposition unter die ansonsten vom Bandleader geschriebenen Stücke, in denen er behände Einflüsse aus Jazz, Rock, Klassik und Latin verbindet.

Zu seinem globalen Takt wagt "From Darkness" manch ein Tänzchen. Virtuos begibt sich das Ensemble zurück zu den klassischen Wurzeln eines Piano-Trios. Mal forsch, mal wehmütig, mal lyrisch improvisieren sie inmitten eines prachtvollen Live-Sounds. Zeitweise wirken Cohen, Hershkovits und Dor zwar etwas zu artig, jedoch verbirgt sich in ihren Tracks immer wieder die ein oder andere Überraschung und Stolperfalle, die für die nötige frische Brise sorgt.

Dabei ruhen mit dem schwärmerischen "Beyond", dem ebenso stählernen wie hoffnungsvollen "Lost Tribe" oder dem reduzierten "Almah" viele Lieder in einem Larvenzustand. Packende Skizzen auf der Länge einer Buddy Holly-Single, die darauf warten, im Live-Umfeld aus ihrem Kokon zu schlüpfen. Einzig "Halelyah", "C+-" und das mit imposanten Nuancen gespickte "Ballad For An Unborn" entwickeln sich bereits hier zu ihrer vollen Größe.

Auf der Suche nach dem Weg von der Finsternis ins Licht lotet das Avishai Cohen Trio auf "From Darkness" die verschiedensten Schattierungen des Jazz aus. Auf das Wesentliche konzentriert begeben sie sich in manch ein finsteres Tal und auf manch eine sonnendurchflutete Lichtung, fliegen zeitweise gar zu hoch, mein kleiner Freund. Aus der Dunkelheit kommend erscheint selbst die kleinste Schattierung ihrer Musik um so deutlicher.

Trackliste

  1. 1. Beyond
  2. 2. Abie
  3. 3. Halelyah
  4. 4. C#-
  5. 5. Ballad For An Unborn
  6. 6. From Darkness
  7. 7. Lost Tribe
  8. 8. Almah
  9. 9. Signature
  10. 10. Amethyst
  11. 11. Smile

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