laut.de-Kritik
Politisch hochaktuell, musikalisch konservativ.
Review von Hagen WäscheWeltuntergangsstimmung: Apokalyptische Chöre erwachen, ein dumpfer Rhythmus ist aus der Ferne zu vernehmen, langsam schwellen dunkle Gitarrenklänge an und vereinen sich mit einem rollenden Bass zu einem Inferno, das in einem Gitarrenbrett und nicht zu haltenden Drums endet. Darin erhebt Greg Graffin seine Stimme, legt in bekannter Manier eine wütende Melodie über die Gitarren und schon ist man mittendrin in Bad Religions düster beginnendem Werk "The Empires Strikes First".
Der Titel spricht eine deutliche Sprache: Die Kalifornier schieben die Schuld an ihrer schlechten Laune der Regierung Amerikas in die Schuhe. Das Album greift in voller Länge und aller Offenheit die Bush-Administration an. Mit jedem Song feuert Graffin, unterstützt von seiner Band, eine Breitseite auf die Verhältnisse im mächtigsten Staat der Welt. Dabei wird Bad Religion ihrem Namen einmal mehr gerecht.
Das beherrschende Thema ist die unsägliche Verquickung politischer Interessen und scheinheiliger Gläubigkeit. "Sinister Rouge" beklagt die blutige Rückkehr westlichen Missionarseifers, "Let Them Eat War" prangert den Krieg als Ablenkungsmanöver an, und der Titelsong "The Empire Strikes First" ist schließlich der bitter-sarkastische Abgesang auf den Irak-Feldzug.
Politisch hochaktuell, ist das Album in musikalischer Hinsicht dagegen konservativ ausgefallen. Bad Religion setzen auf Beständigkeit und wandeln weiterhin auf dem Weg, der vor gut 20 Jahren einmal wegweisend war. Kompromissloser Punkrock im 4/4-Takt und obligatorische Backgroundchöre liefern das Fundament für Graffins melodiös und kraftvoll vorgetragene Gesangslinien.
Innovatives ist auf dieser Scheibe, sieht man von einem kurzen Gastauftritt des Rappers Sage Francis einmal ab, nicht zu finden. "Sinister Rouge" oder die Single-Auskopplung "Los Angeles Is Burning" haben durchaus ihren Reiz, klingen aber wie schon einmal gehört. Abwechslung kommt nur auf, wenn die Band etwas ruhigere Töne anschlägt. "To Another Abyss" lässt Graffin genügend Zeit, seine gesanglichen Qualitäten voll auszuschöpfen und ist ein richtig nettes Lied geworden. Dieses Potenzial der Band für gefühlvolles Songwriting bestätigt sich ein weiteres Mal im halbakustischen "Boot Stamping On A Face Forever".
Mit "The Empire Strikes First" melden sich Bad Religion lautstark als Band mit politischem Anspruch zurück. Für eine Band amerikanischer Herkunft ist das in dieser Deutlichkeit nicht unbedingt üblich, wohl aber erfreulich. Greg Graffin vermeidet in seinen Reflexionen über die amerikanische Gesellschaft Plattitüden und verpackt seine Botschaften einmal mehr in ansprechende Melodien. Das Album ist ein drastisches politisches Statement, das aktuelle Bezüge nicht scheut, musikalisch allerdings in altem Gewand daher kommt. Bad Religion wagen keine Experimente und bleiben ihrem Stil treu, auch wenn der seine besten Tage hinter sich hat. Etwas mehr Mut zu Neuem täte da gut.
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