laut.de-Kritik
Was hängen bleibt, sind Ohrwürmer.
Review von Jan HassenpflugEine Song-Formel für ein ganzes Album. Kann das funktionieren? Gemessen am vierten Langspieler der amerikanischen Band Beartooth lautet die Antwort "Jein". Erst mal Respekt für die Konsequenz, mit der die fünfköpfige Post-Hardcore-Truppe ihren Stiefel runterspielt. Das spricht für viel Überzeugung und birgt durchaus lichte Momente. Wenig überraschend bleibt die Varianz allerdings komplett auf der Strecke.
Vielleicht sollten wir besagte Formel erst mal aufschlüsseln: Caleb Shomo liefert mit seiner charismatischen Stimme alle Zutaten. Angepisste Shouts und hohes Tempo in einer dreckigen Strophe machen den punkigen Anteil im Stil perfekt. Das bittersüße Gegenstück manifestiert sich dann in einem unverschämt eingängigen Refrain. Mal mit, mal ohne Breakdown sind so nahezu alle Tracks aufgebaut.
Was hängen bleibt, sind also Ohrwürmer. Denn grölend-harmonische Hooks gibt es wirklich zum Abwinken. Alles drumherum heizt die Stimmung zwar an, gerät aber nur allzu schnell in Vergessenheit. Das austauschbare Beiwerk dient vor allem dazu, den Melodien die perfekte Bühne zu bereiten. "Fed Up", "No Return" oder "Devastation" schmücken sich mit einem Pop Punk-Refrain aus dem Lehrbuch. Pogend, aber trotzdem tanzbar beschreibt die Mixtur ganz gut. Na klar, das macht Spaß!
Wenn allerdings jeder Chorus gleichermaßen zum Mitsingen einlädt, lassen sich einzelne Songs kaum noch unterscheiden. "The Past Is Dead" oder das poppig leichte "Skin" durchbrechen das immer gleiche Muster zumindest minimal. Sie setzen beinahe ausnahmslos auf melodischen Klargesang. Rundum überzeugend schlägt "The Answer" in die gleiche Kerbe. Ergo: Es mangelt nicht an hitverdächtigem Potenzial.
Abwechslung und Ideenreichtum sind mit dieser kleinen Abweichung dagegen vollends ausgeschöpft. Dass sich "The Last Riff" noch als Instrumental versucht, ändert jedenfalls nichts an diesem Eindruck. Einfallslos oder konsequent? Alles eine Frage der Perspektive. Fans dürfen sich freuen, dass "Beartooth" ihr altbewährtes Konzept so stringent fortsetzen und sogar noch enger umreißen.
Denn genau das tun die Amerikaner. Sie pflegen ihre Tugenden, auch wenn dabei ein Überraschungsmoment flöten geht, das sie auf vorherigen Scheiben noch wesentlich besser unterbrachten. Trotzdem ist das vierte Studioalbum weit entfernt von einer großen Enttäuschung. Ausverkaufte Hallen, hüpfende und singende Massen werden ihnen wohl schon bald Recht geben.
2 Kommentare mit 2 Antworten
Gestern erst bei Beato gesehen. Klingt ja grauenhaft, was er da angespielt hat. Also nicht speziell musikalisch. Aber die Aufnahmen und Produktion dürften die meisten Garagenbands besser hinkriegen.
Viele dieser modernen amerikanischen Bands haben einfach keinen Geschmack, was Produktion, Abmischung etc. angeht. Ganz anders z.B. die Australier Northlane, die auf "Alien" gezeigt haben, wie es gehen könnte.
Ist manchmal auch so ein Anfängertrick. Wenn du nicht gut spielst oder die Komposition wenig hergibt - einfach alles Identifizierbare herausnehmen und die Zerre auf Anschlag. Beartooth schreiben und spielen jedenfalls nicht so, als wäre es Absicht.
Wer zur Hölle hat das produziert? War da irgendein Plugin kaputt? Wie kann sowas durchgehen?
Das scheppert und rauscht ohne Ende.