laut.de-Kritik

Amputiert allen Goth-Kitsch mit der Metal-Knochensäge.

Review von

Willkommen im düsteren Nekrotop des ghoulig grinsenden Zombie-Conferenciers Dead L-Vis. Dabei musste man sich anno 2007 angesichts des Debüts "Enemy Mine" noch Sorgen ob der gesanglichen Eigenständigkeit des BE-Fronters machen. Zu vorhersehbar fischte die Ski-Mannschaft stimmlich im 69 Eyes erprobten Pete Steele goes Sisters-Fahrwasser hundertfach gehörter Epigonen.

Doch auf "Thank You For The Pain" geht der gebürtige Amerikaner und sein schauriges Quartett endlich den entscheidenden Entwicklungsschritt, der die Deadline zwischen Charakterband und Kajal-Knallcharge markiert. Warum nämlich aus der früheren Not des Kopierens keine inspirative Tugend machen und das Fälschertum dreist zur gothischen Beutelschneiderkunst erheben?

Fast alle lebenden und untoten Ikonen großartigen Gothic Rocks mumifiziert dieser tote King entsprechend lässig zu gehorsamen Wachsfiguren. Getreu der Philosophie 'Aus Alt mach Neu!', mixen sie einen modernen Gruftcocktail mit Heavy Metal-Knock Out als hämmernden Sidekick.

Der Titelsong ist – dank thrashigem Megadeth-Groove und Boris Karloff-Vocals absinth-lodernder Dancefloor-Zucker. Kein Pein, sondern ein Kick In The Ass! Skis immer noch leicht oktoberrostig gehauchtes Timbre glänzt dekadent goldzahnig samt öliger Elvis Presley-Fettleber und einem operettenhaften Zappa/Serj TankianEinschlag ...the past, so long ago, so far away.

Auf Stücken wie "Die Alone" forciert der erfahrene Drum-Berserker Animal 'Dog Kessler' zusammen mit dem durchgehend zupackenden Bass und einem Sack voll diebischer Freude das Tempo, bis der schimmernde Moonspell-Touch als wuchtiges Stückchen Theatermetal orgasmatisch im Kopf des Hörers explodiert.

Mit werwölfischer Lust gibt der kraftstrotzende Sänger zwischendurch das martialische Orkmonster. Dies sickert mal als B-Movie Goth'n'Roll aus der schwarzen Box ("Running Man") oder als schunkeliger Gothzelt-Shanty ("Psycho Girl"). Chic vom ehemaligen Fiddler's Green-Mastermind Peter "Pathos" Müller maßgeschneidert. Das ist zwar alles in allem kompositorisch nicht gerade innovativ. Doch Hand aufs finst’re Herz: Alle 13 Lieder erweisen sich ohne Ausnahme als erstaunlich partytauglich; gespickt mit einfallsreich augenzwinkernden Soundspielereien – z.B. die aus den Dance-Charts bekannten Beats in "Part Of It".

So schamlos wie lässig bedienen sich Beloved Enemy am reichhaltigen Büffet eines ehemals künstlerisch hochinteressanten Genres. Höhepunkte der Vorstellung sind dabei sicherlich das comichaft mit Fields-Intonation spielende "The Long Walk" und das herrlich schwermütige Groschen-Melodram "The Stand". Eine Wagenladung Pathos? Oh ja, aber im Gegensatz zu großen Teilen der Konkurrenz immer bereit, mit der Knochensäge fast allen Kitsch zu amputieren.

Hervorragend gruftige Unterhaltung, samt moderner, sehr druckvoller Produktion auf internationalem Niveau ist also garantiert. Warum dann keine mutigen fünf Punkte für die Genreperle? Ganz einfach: Die Texte sind zwar grundsolide. Sie verfügen dennoch weder über den intelligenten Sarkasmus von Oberschwester-Eldritch noch über die souverän Lovecraft’sche Kryptik der Nephilim-Lyrik. Das darf gerne noch besser werden.

Mit "Das Boot" schubsen sie überdies das sprichwörtliche Haar in die ansonsten so fein abgeschmeckte Gotensuppe. Verkitschte Pseudo-Seefahrerromantik voll landserhaftem Rammstein/Unheilig-Gebrabbel und verunglücktem Marilyn Manson-Make-Up im Mittelteil. Das klingt leider genauso originell, wie sein abgelatschtes Gähn-Thema: die berühmte Besatzung der U-96. Herrje, lasst sie doch in Frieden ruhen!

Doch außer diesem schlimmen Ausreißer bleibt der 'Geliebte Feind' weiterhin ein schelmisch dunkler Begleiter, der als Blutsturz einer komatös so elend vegetierenden Szene dringend benötigt wird. Danke für den Schmerz, Finger in black points at you!

Trackliste

  1. 1. Thank You For The Pain
  2. 2. Friendly Fire
  3. 3. Die Alone
  4. 4. Coma Void
  5. 5. Doors
  6. 6. Das Boot
  7. 7. Generation Download
  8. 8. Lost
  9. 9. Part of It
  10. 10. Psycho Girl
  11. 11. The Long Walk
  12. 12. Running Man
  13. 13. The Stand

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1 Kommentar

  • Vor 13 Jahren

    "Skis immer noch leicht oktoberrostig gehauchtes Timbre glänzt dekadent goldzahnig samt öliger Elvis Presley-Fettleber und einem operettenhaften Zappa/Serj TankianEinschlag"
    -manchmal hab ich das Gefühl, die Rezensenten wollen auf teufel komm raus selber ein Stück Kunst schaffen...