laut.de-Kritik

Solodebüt des Death Cab For Cutie-Sängers.

Review von

Das Leben folgt keiner streng organisierten Reiseroute, das weiß auch Benjamin Gibbard nur zu gut. Neue Ideen und Erfahrungen bringt er zwar stets zu Papier, doch als Death Cab-Songs "haben sie nie wirklich ins Ganze gepasst'', so Ben über die neuen zwölf Songs. Insofern war es praktisch unumgänglich für den Sänger der amerikanischen Alternative-Band, ein Soloalbum zu konzipieren: Eine Chance, die Vergangenheit zu verarbeiten, und die Welt dabei zuhören zu lassen.

''Ich denke, die Leute wären erstaunt, wenn sie wüssten, wann oder für wen diese Songs geschrieben wurden. Es sind Schnappschüsse aus meinem Leben, wie ein kleines Fotoalbum aus den verschiedensten Zeiten.'' So gewährt Ben mit "Former Lives" Einblicke in die verschiedensten Bereiche seines Lebens, das aus weit mehr als den vergangenen 15 Jahren Death Cab For Cutie oder The Postal Service besteht.

Da wären zum einen kaputte Beziehungen oder verloren geglaubte Liebschaften, wie sie beispielsweise im Sonett ''Lily'' thematisiert werden. Die sehr opulenten Liebesbekenntnisse lassen sich dank Tamburin und sanften Akustikarrangements gut aushalten. "The night is only a temporary absence of light": Ben könnte es nicht schöner formulieren, selbst wenn "I'm Building A Fire" ein wenig kitschig klingt.

Auch Balladen wie ''Lady Adelaide'' verarbeiten Hoffnung, Sehnsucht oder Schmerz gekonnt in folkigen Klängen. Die Gitarre lässt sich Mr. Gibbard ungerne nehmen, weiß er sie doch gekonnt mit seiner stimmlichen Vielfalt und dem lyrischen Geschick zu paaren. Bei ''Something's Rattling'' gerät er auf Abwege: Eine Mariachi-Band umkreist den Sänger, der sich mit Gesang und gesummter Melodie abwechselt. Die Idee dazu entstand beim Treffen mit Bens Langzeitfreund und Earlimart-Mitglied Aaron Espinoza.

''Wer eignet sich besser zur Darstellung eines Songs über das Verlorengehen als ich, der ich in einer unerkennbaren Band verloren gehe?'', scherzt der aus Seattle stammende Künstler. In Los Angeles, der Stadt, die er noch vor einigen Jahren verspottet hatte, ging seine Kreativität schließlich voll und ganz auf.

Dennoch ist und bleibt Seattle ein Teil von ihm, was zum Beispiel auch ''Teardrop Windows'' verrät. Der besungene Smith Tower war einst das Herzstück Seattles, bevor sich all die anderen netten Wolkenkratzer hinzu gesellten. So ähnlich verhält es sich auch im wahren Leben mit Dingen, die wir als selbstverständlich ansehen: ''Wir neigen dazu, die schönen Dinge zu vergessen, die wir bereits haben'', erklärt Ben den Hintergrund.

Ein weiterer Gast auf dem Album ist Aimee Mann, mit der Ben seit fünf Jahren eine enge Freundschaft pflegt. Sie verhilft ihm mit ihrer wunderschönen Stimme zur musikalischen Vertonung der Beziehung von Scott und Zelda Fitzgerald. Ben war schon immer großer Fan des Schriftstellers und seiner Ehefrau und beeindruckt von deren Lebensgeschichte. ''Bigger Than Love'' avanciert dank der Bassgitarren im Hintergrund zu einem der Goldstücke des Albums, das Gibbards Herkunft nicht verschleiert, aber doch den ein oder anderen interessanten Abstecher aufweist.

Trackliste

  1. 1. Shepherd's Bush Lullaby
  2. 2. Dream Song
  3. 3. Teardrop Windows
  4. 4. Bigger Than Love
  5. 5. Lily
  6. 6. Something's Rattling (Cowpoke)
  7. 7. Duncan, Where Have You Gone?
  8. 8. Oh, Woe
  9. 9. A Hard One To Know
  10. 10. Lady Adelaide
  11. 11. Broken Yolk In Western Sky
  12. 12. I'm Building A Fire

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