laut.de-Kritik
Flatulenzen sind dieser Lady sicher unbekannt.
Review von Alexander CordasFalls noch jemand gesucht haben sollte, hier ist sie, die Schaumgeburt revisited, die Wiederkehr des Göttlichen, der weibliche Messias schlechthin. Flatulenzen? Dieser Lady sicherlich unbekannt. Vielmehr findet - gerade auf vorliegender DVD - eine Offenbarung statt, wie sie die Menschheit seit Mohammeds Himmelfahrt nicht mehr gesehen hat.
Denn Beyoncé geht nicht einfach auf die Bühne, Beyoncé erscheint. Beyoncé läuft nicht von links nach rechts, Beyoncé schreitet. Beyoncé singt nicht ins Mikro, Beyoncé hat die Gnade, die Welt an Tönen teilhaben zu lassen, die sie in selbige setzt. Hallelujah!
Von den Wundertaten Frau Knowles' kündet das Back-Cover der "The Beyoncé Experience". Wir sind Zeugen geschichtsträchtiger Fakten-Verkündung: "Fünf Millionen verkaufte Einheiten von "B-Day" (laut Info-Text ein 'Meilenstein'), fünf Millionen verkaufte Klingeltöne und der Zähler läuft ..." Wahnsinn!
Am Ende der Lobhudel-Liste stehen die magischen Worte "Are your ready to be entertained?" Aber hallo! Das steigert natürlich das Verlangen, Zeuge der Verkündung des Alpha und Omegas zu sein. Zellophanhülle weg und mal einen Blick ins reich bebilderte Booklet riskieren. Ups, aber was ist das denn? Nichts, niente, Fehlanzeige. Kein Booklet. Einsam und verlassen hängt die DVD am Böppel.
Mit einem Seufzer kommt die Disc in den Player. Da lohnt sich dann hoffentlich ein Blick auf die Extras, die - neben der Aufzeichnung des Konzerts in Los Angeles - doch hoffentlich üppig vertreten sein sollten. Aha! Eine 'Interactive Jukebox' blinkt den Betrachter aus dem Menü heraus an. Was soll das denn sein? Noch nie gehört. Aber Beyoncé lässt sich für ihre Fans sicher etwas Feines einfallen.
Aber oh weh! Dahinter verbirgt sich lediglich ein weiterer Rohrkrepierer. Unter diesem Menüpunkt darf sich der Konsument eine Playlist von bis zu 27 Tracks selbst zusammen stellen. Boah ey! Das ist der endgültige R'n'B/Soul-Gottesbeweis. Ein Shuffle für Arme! Da brat mir einer einen Storch. 27 Mal hintereinander "Crazy In Love"? Kann es auf Erden Schöneres geben? Wohl kaum.
Ganz nach dem himmlischen Vorzeichen ist somit auch beim Konzert "history in the making part two", wie Beyoncés Galan verkündet. In der Tat hat die Welt dergleichen nicht so oft gesehen. Was die Dame hier auf die Bühne zaubert, hat etwas von Revue. Kleckern? Siehe unter Stichwort Flatulenzen. 'Wenn schon, denn schon' scheint das Motto von Frau Knowles zu sein. So gibt sie dem Affen derart Zucker, dass dieser mit einem Schock ins Krankenhaus eingeliefert werden muss.
Sie legt eine Performance aufs Parkett, für die Superlative erst noch erfunden werden müssen. 'Nebensächlichkeiten' wie die ausschließlich mit Frauen besetzte (und hervorragend musizierende) Begleitband verkommen da schnell zu Randnotizen. Im Wust von gefühlten 120 Kostümwechseln, ausufernden Tanz-Choreografien, Pathos, Kitsch und Glitzerglamour bildet die klangliche Untermalung lediglich noch den Rahmen für die Hollywoodisierung der Musik. Wenn der moderne Soul überhaupt noch eine Seele hat, so geht er mit Darbietungen wie dieser hier vollends den Bach runter.
Zum Brüllen ist meine ganz persönliche Lieblingsstelle. Nach haargenau 47 Minuten und 18 Sekunden ist es nämlich so weit: La Knowles gibt einen Tropfen Körpersekret ab - ein Tränlein kullert ihr die Wange hinab. Amis sind ja - was kitschige und pathetische Inszenierungen betreffen - vollkommen schmerzbefreit. Beyoncés schauspielerische Leistung schlägt dem Fass jedoch die Krone ins Gesicht.
Die Songs, die Beyoncé singt, leben - bis auf einige Ausnahmen - einzig und allein von der Frau, die sie interpretiert. Würde eine Dame wie Sharon Jones einen Track wie die Tränengrütze "Flaws And All" singen, ihre Fans würden ihr das achtkantig um die Ohren hauen. Die Ausnahmen dieser glattpolierten Sülze sind Hämmer der Marke "Freakum Dress", auch wenn ganz offensichtlich entweder schlecht gemachte Overdubs oder Playback hier das Live-Bild zurecht rücken. Die Frage, was hier im Nachhinein alles klanglich retuschiert wurde, ist unerheblich. Wie oben erwähnt, ist Musik nur das Mittel zum Zweck, die Kunstfigur Beyoncé im angemessenem Rahmen zu präsentieren.
Mit Kunst ist aber nicht etwa Artistisches gemeint, sondern Kunst im Sinne einer artifiziellen Image-Kreation. Wohl auch deshalb beschränken sich die Extras der DVD auf technischen Mumpitz, den keiner braucht. Was kann einem unerreichbar scheinenden Star abträglicher sein, als etwa eine Doku, die Einblicke ins Leben abseits des Rampenlichts gewährt? Genau, deshalb lässt man solchen Schnickschnack lieber gleich weg, sonst merkt der idolisierende Fan vielleicht noch, dass auch eine Beyoncé - wie jeder andere auch - um Flatulenzen nicht herum kommt.
15 Kommentare
Toll geschrieben.
Hab mich köstlich amüsiert.
ick mir ooch!
Jaui, nicht schlecht oh du gemeiner web-reporter, nicht schlecht
für mich das kommentar der woche
@matze (« @Henkoeoey (« Jaui, nicht schlecht oh du gemeiner web-reporter, nicht schlecht »):
hö? die review ist aber nicht von mir, nö? »):
huch? huppsala
Mensch der Cordas hat sowas zustande bekommen
Hallo,
zwar ist die DVD schon länger auf dem Markt, doch muss ich sagen dass sich meine Reaktionen zwischen wütend und abgeschreckt dazu verleiten, nun mal meinen Senf hierzu zu geben.
Ich weiß ja nicht, ob diese Leute, die die Artikel schreiben, generell was gegen die jeweiligen Künstler haben, aber ich merke, dass Talent hier anscheinend nicht sehr gewertet wird.
Ja, ich bin ein großer Fan von Beyoncé Knowles, das gleich zu Anfang.
2007 war ich auf zwei Konzerten der besagten "The Beyoncé Experience Tour". Und gerade deshalb kann ich die Kritik hier nicht vertehen. Null, gar nicht und auf gar keinen Fall.
Man kann keine DVD bewerten, behaupten, Künstler singen Playback, wenn man es nicth wirklich live gesehen hat.
Sie sang alles, wirklich ALLES live, das merkte man an den Unterschieden zwischen den beiden Konzerten. Und dass die Frau auch wirlich Talent hat, zeigte sie auch 2009, bei den zwei weitern Konzerten die ich besuchte.
Sie hat ne Powerstimme, ein Tanztalent der Extralative, und sieht super aus.
Das kann man so hinnehmen, oder man versucht alles schlecht zu reden. Und genau das ist hier passiert.
Zu einer DVD von einem Konzert gehört für mich hauptsächlich das Konzert, nicht extras oder anderes.
Und genau diese Aufnahmen sind wirklich sehr gut gelungen. Gut, dass bei den Ami's gerne mal Kitsch mitspielt, muss man halt so hinnehmen, immerhin stammt Miss Knowles nicht aus Deutschland. Und wenn sie schauspielern kann, warum sollte sie dass nicht zeigen?
Nun zum eigentlichen Konzert: Die DVD zeigt wirklich alles so, wie ich es live erlebt habe, von der ersten Sekunde an zieht Beyoncé alle in ihren Bann, ihre Powerstimme ist unglaublich und ihre Tanzeinlagen einfach nur hammer!
Dies zieht sich durch die ganzen Show, die dominiert wird von einer tollen Band, mehreren kostümwechseln und der Garantie, aus dem Sessel springen und lostanzen zu wollen.
Dass da die Frage aufkommt, ob wirklich alles live ist, ist natürlich klar. Doch warum sollte es nicht noch Künstler geben wie die legendäre Tina Turner, der unglaublichen Chakka Kahn oder Celine Dion?
Für mich ist die Bewertung unergründlich, die Kommentare genauso ( ich wette, keiner hat die DVD zu Hause oder ist auf einem Konzert von ihr gewesen.)
Liebe Grüße
Manuel